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Dresden soll ernsthaft über eine Behelfsbrücke nachdenken 

Dresden. Das auf Systembrücken spezialisierte Unternehmen SYSTEC hat auf Veranlassung der Initiative "Carolabrücke" Vorplanungen für eine Dresdner Hilfsbrücke vorgelegt. Denn ein Brücken-Neubau kann 10 Jahre dauern.

Die Initiative Carolabrücke geht davon aus, dass ein Brücken-Neubau gut 10 Jahre dauern kann. Dabei gibt es für Behelfsbrücken durchaus Lösungen - ein Blick nach Bad Schandau genügt.

Die Initiative Carolabrücke geht davon aus, dass ein Brücken-Neubau gut 10 Jahre dauern kann. Dabei gibt es für Behelfsbrücken durchaus Lösungen - ein Blick nach Bad Schandau genügt.

Bild: Systec

Diese mit Abstand schnellste und günstigste Brückenlösung ist auch mit Blick auf die angespannten Haushaltsverhandlungen ein interessanter Lösungsvorschlag. Vorgeschlagen wird eine Systembrücke für Straßenbahn, PKW- und LKW-Verkehr sowie Fuß- und Radwege. Hierfür eignet sich ausschließlich das SKB-System, welches die Firma SYSTEC im Auftrag der Deutschen Bahn entwickelt hat und betreut. Dieses Unternehmen wurde für Dresden bisher nur von der Initiative Carolabrücke angefragt. Die Besonderheit von SKB-Brücken ist nicht nur die Eignung für große Lasten, sondern auch die Spannweite von bis zu 120 Metern. Sie kann die Elbe also ohne zusätzliche Pfeiler überspannen.

Prof. Reinhard Koettnitz und Prof. Steffen Marx gehen davon aus, dass eine Stahlverbundbrücke ohne zusätzliche Pfeiler in einem halben Jahr genehmigungsfähig. Arne Huhn, in der Berliner Senatsverwaltung für die Elsenbrücke zuständig, bestätigte der Initiative  Carolabrücke: "Für die Errichtung der Behelfsbrücke in Berlin war kein gesondertes Planrechtsverfahren erforderlich, da keine wesentliche Änderung der bestehenden Verkehrsanlage vorgenommen werden musste." Die Berliner Elsenbrücke ist dem Dresdner Problem sehr ähnlich. 2018 mussten die dortigen Brückenstränge gesperrt werden, da Spannungsrisskorrosion im Hennigsdorfer Spannstahl festgestellt wurde. Senatorin Bettina Jarasch sagte zur Einweihung der binnen 15 Monaten geplanten und gebauten Hilfsbrücke: "Es war eine kluge und vorausschauende Entscheidung, die Behelfsbrücke schon parallel zu den Abrissarbeiten zu beauftragen und herstellen zu lassen. Nur so konnte monatelanges Verkehrschaos auf beiden Seiten der Spree vermieden werden, nachdem auch der westliche Brückenteil aus Sicherheitsgründen gesperrt werden musste."

Der Ersatzneubau der Elsenbrücke soll 2028, also nach 10 Jahren, abgeschlossen sein. Das zeigt, dass auch ein einfacher Ersatzneubau ein Jahrzehnt in Anspruch nehmen kann. Dass sie die Elbquerung jedoch möglichst schnell benötigen, hatten zuletzt einige Dresdner Wirtschaftsverbände deutlich gemacht. Eine Systembrücke erspart gegenüber einem Ersatzneubau mindestens drei bis vier Jahre ohne Verkehrsfreigabe. Der volkswirtschaftliche Nutzen amortisiert die Baukosten bei weitem. Zudem können sich die Wirtschaftsverbände mit einer Spendenaktion an den Errichtungskosten einer Hilfsbrücke beteiligen.

Die Behelfs-Elsenbrücke in Berlin hat 18 Millionen Euro gekostet. Davon hat die Stadt Berlin nur 10 Prozent tragen müssen, die restlichen 90 Prozent wurden durch GRW-Mittel gefördert. Auch Dresden ist GRW-Fördergebiet. Als Vorbild für eine SKB-Systembrücke mit kombinierter Straßenbahn-Kraftverkehr-Nutzung kann die Lange Brücke in Berlin-Köpenick dienen. Für Nutzungen ohne Straßenbahn kommt alternativ das SS80-System infrage, das vom Bundesverkehrsministerium verliehen wird. In Bad Schandau wird man für den Bau der Hilfsbrücke voraussichtlich auf das SS80-System zurückgreifen und noch in diesem Jahr mit dem Bau beginnen.

THW und Bundeswehr, die von der Dresdner Stadtverwaltung zum Bau einer Hilfsbrücke angefragt wurden, sind hierfür der falsche Ansprechpartner. Daher fordern wir, dass sich die Verwaltung mit Akteuren, die Behelfsbrücken für zahlreiche Städte und Situationen realisiert haben, in Verbindung setzt und eine solche Lösung für Dresden ernsthaft prüft. Die schwierigen Haushaltsverhandlungen zeigen: eine Systembrücke ist die einzige Brücke, die sich Dresden zur Zeit leisten kann. Sie ist zudem die schnellste Variante.

Auch langfristig lohnt sich eine Überbrückungslösung. Während der Standzeit einer Hilfsbrücke kann die Carolabrücke bedarfsgerecht und unter demokratischer Beteiligung geplant, finanziert und gebaut werden. Eine Brücke, die Dresdens Stadtbild mindestens die nächsten 150 Jahre prägen soll, muss weitsichtig konzipiert werden. Die Carolabrücke hat nicht nur verkehrliche Bedeutung, sondern ist auch wichtiger Baustein der Kulturstadt Dresden und ihre Gestaltung wesentlich für das Schicksal der östlichen Innenstadt.


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