Dany Dawid

»Wir stehen so gut da wie nie in den vergangenen 35 Jahren«

Spremberg. Christine Herntier ist Bürgermeisterin der Stadt Spremberg und Sprecherin für die Brandenburger Kommunen der Lausitzrunde. Mit dem WochenKurier sprach die Bürgermeisterin über Erfolge und Herausforderungen des vergangenen Jahres sowie über Chancen, die das neue Jahr bietet.

Christine Herntier.

Christine Herntier.

Bild: Detlef Bogott

Frau Herntier, was war aus Ihrer Sicht das wichtigste Ereignis oder die größte Herausforderung für die Stadt Spremberg im Jahr 2024?

Christine Herntier: Die Sicherung der Konzentrationszone Wind war für alle Beteiligten eine große Herausforderung. Ich bin sehr erleichtert darüber, dass es uns gelungen ist, drohenden Wildwuchs beim Ausbau von Windenergieanlagen zu vermeiden. Der gefundene Kompromiss, der eine Verringerung um zwei Anlagen bei gleichzeitiger Vergrößerung der Abstände zur Wohnbebauung vorsieht, ist eine gute Lösung für die Bürgerinnen und Bürger und für unsere Städtischen Werke. Ich danke allen, die diesen Kompromiss ermöglicht haben.

Gibt es ein Projekt oder eine Entscheidung, auf die Sie besonders stolz sind?

Die einstimmige Verabschiedung des Doppelhaushaltes für die Jahre 2025/2026 ermöglicht uns die Umsetzung so wichtiger Projekte wie Neu- und Erweiterungsbau der Berufsorientierenden Oberschule, Sanierung der Schwimmhalle, viele Infrastrukturmaßnahmen, Bau und Planung von Dorfgemeinschaftshäusern in den Ortsteilen, Modernisierung von Technik, Unterstützung von Vereinen, um nur die wichtigsten Punkte zu nennen.

Welche Themen oder Entwicklungen hätten Sie sich anders gewünscht oder besser gelöst?

In der Summe bin ich sehr zufrieden. Man muss es vom Ergebnis her betrachten. Es war sehr anstrengend, aber nun stehen wir so gut da wie nie in den vergangenen 35 Jahren. Nachholbedarf haben wir bei der Bürgerbeteiligung. Das ist umso wichtiger, da wir ja sehr große Projekte umsetzen.

Wie haben die Bürgerinnen und Bürger Ihrer Meinung nach zum Gemeinwohl beigetragen?

Ohne Ehrenamt wäre die Stadt nur halb so attraktiv. Der Dank geht an alle, die sich ehrenamtlich einbringen. Die Beteiligung beim Bürgerhaushalt zeigt, dass sich die Bürger einbringen wollen.

Was hat Sie persönlich im Jahr 2024 in Ihrer Rolle als Bürgermeisterin am meisten bewegt?

Mich treibt die Sorge um, dass all das, was wir erschaffen, durch Kriege wieder zerstört wird, auch wenn hier, hoffentlich, keine Bomben fallen. Mich bewegt immer am meisten, wenn sich Bürgerinnen und Bürger für Frieden und Verständigung einsetzen. »Spremberg unteilbar«, die AG Spurensuche, die Pfarrerinnen Elisabeth Schulze und Jette Förster und die Mitglieder des Begleitausschusses »Demokratie Leben!« nenne ich dafür beispielhaft.

Gab es Begegnungen oder Ereignisse, die Sie besonders inspiriert haben?

Das breite Bündnis für ein Net Zero Valley hat mich in seiner Intensität und Geschlossenheit überrascht. Viele haben erkannt, dass es gelingen kann, hier bei uns eine Sonderwirtschaftszone zu errichten, als erste in Europa. Wer hätte das gedacht.

Welche Projekte oder Vorhaben stehen 2025 ganz oben auf der Agenda?

Definitiv 70 Jahre Industriepark Schwarze Pumpe und die Qualifizierung des großen Vorhabens Wohn-, Bildungs- und Freizeitquartier Schomberg als das Beispiel dafür, dass es tatsächlich möglich ist, den Niedergang der Nachwendezeit umzukehren. Beides ist untrennbar miteinander verbunden.

Frau Herntier, welche Herausforderungen erwarten Sie, und wie wollen Sie diese meistern?

Die Sicherung der Fernwärmeversorgung für tausende Mieterinnen und Mieter der großen Wohnungsgesellschaften ist ganz weit nach oben gekommen auf meiner to-do-Liste. Wir müssen unser eigenes Ding machen mit den Städtischen Werken. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die effektivste muss schnell herausgearbeitet werden und zur Umsetzung kommen. Dafür brauchen wir Unterstützung, wir haben keine Zeit zu verlieren. Diese unselige Sprachregelung Kohleausstieg idealerweise 2030 hat uns massiv geschadet, auch bei diesem Problem.

Welche konkreten Maßnahmen sind geplant, um die Lebensqualität in der Stadt weiter zu verbessern?

Es wird viel gebaut und saniert. Die Gesamtmaßnahme Festplatz, Stadtpark, Umfeld der Freilichtbühne wird die Aufenthaltsqualität deutlich verbessern. Aber es bleibt dabei: unsere Lebensqualität hängt von einer starken Wirtschaft ab, sie fällt nicht vom Himmel und kann auch nicht herbeigewünscht werden.

Gibt es neue Initiativen, um die Bürgerbeteiligung oder das Gemeinschaftsgefühl zu stärken?

Die Möglichkeiten zur Bürgerbeteiligung sind vielfältig. Wir haben dafür eine eigene Plattform geschaffen und freuen uns auch auf Vorschläge aus der Bürgerschaft.

Welche Pläne gibt es für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt, insbesondere in Bezug auf den Mittelstand und neue Arbeitsplätze?

Die großen Bauvorhaben der Stadt und der kommunalen Unternehmen, das sind zig Millionen Euro, bieten gerade den mittelständischen Unternehmen viele Möglichkeiten, davon zu profitieren. Wir denken darüber nach, eine Vergabekonferenz durchzuführen, um mehr Transparenz für unsere Mittelständler zu erreichen.

Was wünschen Sie den Bürgerinnen und Bürgern für das neue Jahr? Und welche Botschaft möchten Sie den Menschen der Stadt zum Jahresbeginn mitgeben?

Ich wünsche den Sprembergerinnen und Sprembergern Zuversicht. Wir sind auf einem guten Weg und davon werden viele profitieren. Aber an erster Stelle bleibt mein Wunsch nach Frieden.

Gibt es einen persönlichen Vorsatz, den Sie für das neue Jahr gefasst haben - sei es beruflich oder privat?

Seit meinem 14. Lebensjahr ist mein Motto: panta rhei, alles fließt. Der Aphorismus beschreibt, dass die Welt nicht stillsteht, sondern ständig im Werden ist. Beruflich konzentriere ich mich auf die Modernisierung unserer Verwaltungsstruktur und auf das Net Zero Valley. Privat habe ich meiner Familie versprochen, mir mehr Zeit für sie zu nehmen. Ich wünsche mir sehr, dass mir das gelingt.


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