Bahnstrecke Pirna - Sebnitz auf der Kippe
Die Meldung vom Sächsischen Wirtschaftsministerium Anfang Februar über das große Investitionsprogramm (131,5 Millionen Euro) des Freistaates in den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) konnte über die Hiobsbotschaft auch nicht hinweg trösten. Der Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) denkt über die Abbestellung der Bahnverbindung Pirna-Sebnitz ab 2017 nach. „Durch die Abbestellung der Strecke Pirna-Sebnitz über Neustadt würde sich für mehr als 30.000 Menschen, die im Einzugsgebiet der Kommunen Neustadt, Sebnitz, Stolpen, Lohmen und Dürrröhrsdorf-Dittersbach leben, der Zugang zur Eisenbahn drastisch verschlechtern. Auch die derzeit sehr gute touristische Erreichbarkeit der Region würde in Frage gestellt“, kritisiert die Grünen-Fraktion im Landtag. „Wer künftig mit dem Zug von Pirna über Neustadt nach Sebnitz fahren möchte, müsste auf den Bus umsteigen. Dabei sind die aktuell bis zu 700 Fahrgäste täglich eine ordentliche Grundauslastung. Statt für die vorzeitige Kündigung der Verträge mit der Städtebahn Entschädigungen zu zahlen, sollte das Geld lieber in die noch bessere Vermarktung der Strecke investiert werden“, fordert Katja Meier, verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion. Denn der Vertrag mit der Städtebahn läuft bis 2024. Und mit dieser Laufzeit hat das Bahnunternehmen geplant. Auch für Neustadts Bürgermeister Peter Mühle und viele Neustädter ist die Nachricht besorgniserregend. „Der Plan, an Teilen dieser Ringstrecke herumzustreichen ist für mich nicht nachvollziehbar. Es ist ein Zeichen von kurzsichtiger Politik, nur die Wirtschaftlichkeit als absolutes Kriterium zu betrachten und daran alles festzumachen. Unsere ländliche Region lebt jedoch mit dieser Strecke. So sind die Züge in den Morgen- und Nachmittagsstunden sehr gut besetzt, denn sie werden von Pendlern und vor allem von Berufsschülern genutzt. Das betrifft hauptsächlich die Strecke von und nach Pirna“, betont er. Der Haltepunkt am Berufsschulzentrum Pirna, da viele Schüler die Bahn nutzen, wurde übrigens erst vor wenigen Jahren eingerichtet! Der öffentliche Schienenpersonennahverkehr (SPNV) im Freistaat war in den vergangenen Jahren starken finanziellen Einschnitten ausgesetzt. 2010 bis 2015 hat der Freistaat lediglich 74 Prozent, seit 2015 knapp 80 Prozent der vom Bund zur Verfügung gestellten Regionalisierungsmittel direkt an die regionalen Zweckverbände weitergeleitet. Sachsen ist damit deutschlandweites Schlusslicht. Dafür finanziert Sachsen z.B. aus diesem Topf auch den Schülerverkehr mit. Nun will der Bund die Regionalisierungsmittel an die Länder umverteilen. Dabei würden bevölkerungsreiche Länder profitieren, Sachsen aber würde „miese“ machen. Bis 2030 würden bis zu 25 Prozent weniger Geld zur Verfügung stehen. Einen „Ausweg“ sieht der VVO darin, weniger ausgelastete Strecken einzuschränken. Die S-Bahn Pirna-Bad Schandau nutzen täglich bis zu 3.500 Passagiere, was auch kein Wunder ist, handelt es sich doch hier um die Hauptmagistrale entlang der Elbe. Es dürfte auch nicht so einfach sein, 700 Bahngäste einfach auf Busse zu verteilen. Außerdem ist die Strecke von Neustadt nach Sebnitz einer der „Zubringer“ für die neue Nationalparkbahn. „Deren Attraktivität wäre noch höher, wenn nicht vor Jahren bereits die Strecke Neustadt – Bautzen über Neukirch geschlossen worden wäre. Sie ist jedoch nach wie vor durch die Bahn ‚bestellt‘. Neustadt braucht die Strecke nach Sebnitz. Eben auch als Zubringer für den Ring Sebnitz – Bad Schandau – Decin – Rumburk – Sebnitz“, gibt Peter Mühle zu bedenken. Dass nachts keine Züge fahren sei akzeptabel, jedoch müsse dafür am Tage eine vernünftige passende Lösung her. „Die CDU/SPD-Koalition muss schon für den Doppelhaushalt 2017/18 deutliche Signale für mehr Mittel für den ÖPNV senden. Mindestens 90 Prozent aller Regionalisierungsmittel müssen kurzfristig im Haushalt an die Verkehrsverbünde weitergeleitet werden“, fordert Meier deshalb. Nur so lasse sich die avisierte Abbestellung von Bahnstrecken abwenden. Neustadt wird das Problem beim nächsten Sächsischen Städte- und Gemeindetag ansprechen, individuelle Konsultationen mit den Kollegen der betroffenen Kommunen wird es zusätzlich geben. Entschieden sei noch nichts, hieß es aus dem Verkehrsministerium und seitens des VVO.