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Sparbuch war früher

Macht Sparen heute noch Sinn? Was sind die wichtigsten Regeln? Wie sicher sind Edelmetalle und was ist von der Kryptowährung zu halten? Zum Weltspartag beantwortet Finanzexperte Ronny Wagner im WochenKurier-Interview diese und viele weitere Fragen. Ronny Wagner ist Geschäftsführer der Noble Metal Factory Schwarzheide und Gründer des Schule des Geldes e.V..
Finanzexperte Ronny Wagner, Geschäftsführer der Noble Metal Factory aus Schwarzheide und Gründer des Schule des Geldes e.V.. Foto: FF

Finanzexperte Ronny Wagner, Geschäftsführer der Noble Metal Factory aus Schwarzheide und Gründer des Schule des Geldes e.V.. Foto: FF

Der Weltspartag soll nicht nur den Spargedanken fördern, sondern auch den Blick und das Bewusstsein der Menschen auf die Finanzwelt schärfen. Wie blicken Sie als Finanzexperte und Betreiber einer Schule des Geldes, die eben diesen Blick schärfen will, auf diesen Tag? Die Initiative zum Weltspartag wollte nicht einfach nur das Sparen fördern. Vielmehr stand bereits zu Beginn der pädagogische Aspekt im Vordergrund. Die finanzielle Bildung breiter Bevölkerungsschichten – wie ursprünglich durch die 2. Resolution des Sparkassenkongresses postuliert – als pädagogische Kernaussagen des Weltspartages ist leider in den Hintergrund getreten. Daher wünsche ich mir dringend eine Rückkehr zum eigentlichen Zweck des Weltspartages. Macht Sparen heute noch Sinn oder ist es nicht klüger, sein Geld auszugeben, solange es noch Wert besitzt? Wieso sollte ein intelligenter Mensch Geld sparen, wenn der Staat immer neues Geld druckt? Sparen galt als klug. In meinem Geburtsjahr 1976 betrug der durchschnittliche Sparzins 7,4 Prozent. 100.000 DM Sparguthaben brachten 7.400 DM Zinsen ein. Real blieben, nach Abzug der Inflation noch 3.300 DM übrig. Heute ist das anders. 100.000 Euro bringen 250 Euro Zinsen. Nach Abzug der Inflation landen wir tief im Minus. Und Inflation gibt es nun einmal, weil Regierungen ständig neues Geld drucken. Daher ist Sparen von Geld heute leider keine kluge Entscheidung. Und da Menschen Geld entweder Sparen (Investieren) oder Konsumieren liegt die Antwort auf der Hand. Einst galt das Sparbuch als klassische Sparform, um Geld zur Seite zu legen. Passen solche Sparbücher noch in die heutige Zeit? Definitiv nein. Das ist ein Märchen der Vergangenheit. Es war einmal … da gingen die Menschen zur Schule, ergriffen einen Beruf, arbeiteten fleißig, legten Geld auf die hohe Kante, kauften sich ein Häuschen, zahlten es ab, engagierten sich langfristig in Aktien, und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Schluss mit der Märchenstunde. Menschen, die noch an dieses Märchen glauben, kriegen heute finanzielle Probleme. Was sind grundlegend die wichtigsten Regeln, die man beim Sparen beachten sollte? Geld nicht auszugeben und sich Reserven anzulegen ist definitiv ein Geheimnis von Wohlstand. In meinem Buch „Geld(R)Evolution“ haben ich einen Zehn-Punkte-Plan beschrieben. Daraus sind die wichtigsten Punkte folgende: Finanzbildung erwerben; sich einen Überblick über die persönliche Finanzlage verschaffen, mindestens zehn Prozent des Nettoeinkommens in die Reservenbildung investieren, sich von allen unnötigen Finanzverträgen trennen, einen jährlichen Finanz-TÜV machen und Disziplin und Ausdauer beweisen. Was wären aus Ihrer Sicht zurzeit gute Varianten, um Geld zu sparen beziehungsweise es gewinnbringend anzulegen? 2000 platzte die Dotcom-Blase. Der 11. September führte allen vor Augen, dass der globale Terrorismus vor unserer Haustür angekommen war. 2007 zerfiel die Immobilienblase, 2008 gingen die größten Banken des Landes in die Knie. Die Zinsen wurden unter null gesenkt, die Sparer zahlten die Zeche. Die Ölpreise stürzten ab, was die Ölländer erschütterte. Der Krieg gegen den Terror eskalierte. Die Europäische Union geriet unter Druck, als Griechenland, Italien und Spanien wackelten. Und heute schlingert die Welt durch die schlimmste Wirtschaftskrise aller Zeiten. Regierungen drucken wie verrückt Geld. In solchen Zeiten ist es ratsam, in Dinge zu investieren, die nicht beliebig vermehrbar sind, wie Sachwerte. In der Vergangenheit konnte man mit Immobilien gute Renditen einfahren. Ist das noch so? Wie kann sich daran auch der Normalverdiener beteiligen? Die eigengenutzte Immobilie ist sicher für viele Menschen ein erklärtes Ziel im Leben. Leider ist dieses Investitionsobjekt in den meisten Fällen ein Verlustgeschäft und kostet viel Geld. Eine fremdgenutzte Immobilie ist grundsätzlich eine gute Entscheidung. Aber um in diesem Markt erfolgreich zu sein, bedarf es finanzieller Bildung. Ohne diese erleidet man sicher Schiffbruch und ist auf den Rat von „Experten“ angewiesen. Wie bereits gesagt muss der Focus auf Dingen liegen, die nicht so wie Papiergeld auf Knopfdruck vermehrbar sind. Weltweit haben sich in den vergangenen Monaten Zentralbanken verstärkt wieder mit Gold eingedeckt. Wie sinnvoll sind Edelmetalle wie Gold und Silber bei privaten Anlegern? Das ist richtig. Wenn Zentralbanken aus Papiergeld aussteigen und in Gold einsteigen, sollte das die privaten Anleger aufhorchen lassen. Gold ist geronnenes Vertrauen oder auch geronnenes Misstrauen gegen alle anderen Wertversprechen des Finanzmarktes. Der Preis des Goldes steigt, wo immer Misstrauen aufkommt. Misstrauen in die Zukunft, die Politik, die Regierung et cetera. Und er fällt oder stagniert, wo Vertrauen herrscht. Schauen wir uns heute um, sehen wir immer stärkeres Misstrauen in fast allen gesellschaftlichen Bereichen. Somit scheint es nicht allzu vermessen von mir zu sein, einen sehr viel höheren Goldpreis und in dessen Windschatten einen sehr viel höheren Silberpreis in den nächsten Monaten und Jahren zu prognostizieren. Das Risiko, kein Gold zu besitzen ist größer als das Risiko, Gold zu besitzen. Mit Ihrer Schule des Geldes vermitteln Sie Menschen grundlegendes Wissen über den Finanzmarkt und seinen Teilmärkten. Jetzt haben Sie mit dem Vermögensclub ein weiteres Projekt am Start. Was verbirgt sich dahinter? Mit dem Vermögensclub wollen wir regelmäßig Menschen die Möglichkeit geben, sich grundlegend über aktuelle Trends an den weltweiten Kapitalmärkten zu informieren und die Spielregeln des Marktes kennenzulernen. Um es auf einen einfachen Nenner zu bringen: Wie kann ich heute aus Geld Vermögen machen und mich vor möglichen negativen Entwicklungen in der Zukunft besser schützen. Es sollten bei den Menschen die Alarmglocken schrillen, wenn sich der bisher wichtigste Faktor für die private Altersvorsorge, der Zins, in Luft auflöst. Unser Wohlstand steht und fällt also mit finanzieller Bildung. Warum spielt sie dann an deutschen Schulen kaum eine Rolle? Menschen lernen, indem sie Fehler machen. In der Schule lernen Kinder durch Frontalunterricht. Sie lesen, wiederholen und legen eine Prüfung ab. Nehmen wir an, die Prüfung besteht aus zehn Fragen, und der Schüler gibt drei falsche Antworten: Vom Lehrer wird er damit mit 70 Prozent bewertet, und weiter geht es mit der nächsten Lektion. Den wichtigsten Teil der Prüfung, nämlich die Fehler, verwirft das Schulsystem. Statt aus ihren Fehlern zu lernen, werden die Schüler dafür bestraft. Viele Schüler verlassen die Schule in dem Gefühl, dumm zu sein und sie haben Angst, Fehler zu machen. Sie haben wenig Vertrauen in ihre Lernfähigkeit. Fehler verraten dem Lehrer, was ein Schüler nicht kann, und oft, was ihm der Lehrer nicht beibringen konnte. Fehler sind Chancen für Schüler und Lehrer, daraus klüger zu werden. Die meisten Menschen haben also Angst vor Fehlern. Deswegen halten sie sich lieber an den althergebrachten Geldanlagen fest und verpassen die Chance, klüger zu werden. Schulen verpassen den Menschen ein falsches Denken. Das verhindert den so wichtigen Lerneffekt. Und lässt uns an Dingen festhalten, deren Zeit längst abgelaufen ist. Seit dem 14. Jahrhundert gibt es Geld als »geprägtes Zahlungsmittel«. Seit knapp zehn Jahren kann man auch Bitcoins - ein weltweit digitales Zahlungsmittel - nutzen. Hat diese Kryptowährung eine Zukunft? Wird das Digitalgeld bald Dollar, Euro & Co. ablösen? Geld ist ein allgemein akzeptiertes Tauschmittel, das indirekten Tausch möglich macht. Bestimmte Güter ermöglichen es Menschen, die Beschränkungen des direkten Tausches zu umgehen, indem sie eine Vermittlungsfunktion übernehmen. Aufgrund der unterschiedlichen physischen Beschaffenheit eignet sich nicht jede Ware gleichermaßen als Geld. Bestimmte Eigenschaften, wie bessere Transportfähigkeit, vorteilhafte Kaufkraft, leichte Teilbarkeit, hohe Einheitlichkeit und lange Haltbarkeit, sind für die Erfüllung der von einem Tauschmittel verlangten Aufgaben besonders dienlich. Ob diese Kryptowährung Zukunft hat, werden die Menschen in einem evolutionären Prozess entscheiden. Ich kann mir vorstellen, dass Digitalgeld irgendwann die herkömmlichen Währungen ersetzt. Für mich entscheidend ist die Tatsache, dass eine Währung den ursprünglichen Zweck erfüllt: Die Sicherstellung der Kaufkraft. Eine echte Währung muss zwingend inflationsfrei sein. Nur so können die Eigentumsrechte wirksam geschützt werden. Unsere heutige Währung erfüllt diesen Zweck leider nicht.


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