Familientradition endet nach 155 Jahren
»Dieser Entschluss ist uns nicht leicht gefallen, doch am Ende war es eine Entscheidung der Vernunft«, sagen Angela und Frank Sähr, Inhaber des Traditionsgeschäftes »Hut und Mode« am Markt. Wie sie berichten, wird es im Alter von 65 und 66 Jahren Zeit, etwas kürzer zu treten und die tägliche Belastung zu reduzieren – nicht zuletzt auch aus gesundheitlichen und familiären Gründen. »Wir wollen vor allem der Familie mehr Zeit widmen, gerade auch mit Blick auf unsere fünf Enkel«, sagt Angela Sähr. Wie sie erzählt, hat sie die zwischenmenschlichen Kontakte im Laden sehr geschätzt: »Unsere Stammkunden sind uns seit 40 Jahren treu. Sie schauen gern im Laden vorbei, um zu plaudern oder uns mit Blumen oder Schokolade zu überraschen. Manche erinnern sich noch daran, wie sie als Kind mit ihren Eltern hier im Laden standen. Manche kennen auch noch meinen Großvater, Max Dommaschk.«
Dessen Vater Hermann Dommaschk hatte 1869 als Kürschnermeister und Mützenmacher den Laden am Markt 12 in Senftenberg gegründet. Der Familienbetrieb wurde später von Günther Dommaschk weitergeführt und 1993 an Angela und Frank Sähr übergeben. Sie haben die Boutique in vierter Generation mit viel Leidenschaft zum jetzigen Hut- und Modefachgeschäft weiterentwickelt.
In den vergangenen 32 Jahren hat Angela Sähr viel im Laden erlebt. »Unvergessen bleibt der Besuch von Robbie Williams im Sommer 2006. Nach einem Konzert in Dresden stand er plötzlich mit seiner Freundin im Laden. Er hatte den Sombrero im Schaufenster gesehen und ihn für sie gekauft«, erzählt Angela Sähr. »Ich war ziemlich perplex und habe versucht, ihn mit meinem Schulenglisch bestmöglich zu bedienen.« Gern erinnere sie sich auch an den Besuch von Bundespräsident Frank-Walter-Steinmeier. Dieser hatte im Mai 2023 im Rahmen einer Ortszeit Senftenberg auch das Geschäft von Familie Sähr besucht. Das befindet sich nach wie vor im historischen Gebäude am Markt 12. »Wir haben auch in den Erhalt investiert und um die Jahrtausendwende den Dachstuhl, das Dach und die Fassade erneuert. In diesem Zusammenhang wurden auch die beiden Figuren Petrus und Paulus an die Fassade angebracht. Künstlerin Gesine Wolf-Bergk hat sie im Sommer 2000 für uns gemalt«, erzählt Frank Sähr.
Wenn zum Ende des Jahres das Licht im Laden ausgeht, soll das jedoch nicht für immer sein. »Wir sind uns sicher, dass im Laufe des nächsten Jahres neue Nutzer kommen werden. Für konkrete Aussagen ist es jedoch noch zu früh«, bittet Frank Sähr jedoch um Geduld.
Er selbst wird, wie er informiert, noch weiterhin eine gewisse Zeit als Handelsvertreter im Bereich Mode und Accessoires für rund 80 Fachgeschäfte in Deutschland, Österreich und der Schweiz tätig sein.