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Pflege ist gesamtgesellschaftliche Belastung

Landkreis Meißen. Jeder Bürger, der Angehörige in einer Pflegeeinrichtung betreuen lässt, muss auch künftig mit mehr Kostenbelastungen rechnen. Zuletzt lag der Eigenanteil nach einer Aufstellung der Ersatzkassen durchschnittlich bei 2.900 Euro, das bedeutet ein Plus von 200 Euro innerhalb eines Jahres.

Die Pflegekosten steigen, so dass viele Betroffene und deren Angehörige sie nicht mehr aus der eigenen Tasche bezahlen können. Dann müssen die Sozialämter eingreifen.

Die Pflegekosten steigen, so dass viele Betroffene und deren Angehörige sie nicht mehr aus der eigenen Tasche bezahlen können. Dann müssen die Sozialämter eingreifen.

Bild: Archiv

Diese stetig steigende Kostenspirale kommt auch immer mehr beim Landkreis an. Die gestiegenen Eigenanteile für die Pflegekosten werden immer mehr auch von den Sozialämtern getragen, die immer mehr für die Versorgung von Pflegebedürftigen einspringen müssten. Die sächsischen Landkreise rechnen für dieses Jahr mit Zuschüssen für Pflegekosten in Höhe von 93 Millionen Euro. Ein weiterer Anstieg scheint sicher.

Jetzt sind Ideen und Reformen gefragt, diese Kostenspirale zu stoppen. So seien Vorschläge, wie einen Feiertag zu streichen, der Mehrbesteuerung von besonders Vermögenden oder einer umfassenden Pflegereform im Gespräch.

Allerdings glaubt der Sozialverband Deutschland nicht an eine zeitnahe Pflegereform schon im Herbst, wie sie im Gesundheitsministeriums angekündigt wurde. Dafür sei kein Geld da, heißt es von Michaela Engelmeier, der Vorsitzenden Sozialverband Deutschland. Auch im Haushalt für nächstes Jahr seien keine Mittel vorgesehen. Engelmeier betonte jedoch, angesichts der explodierenden Pflegeheimkosten sei eine umfassende Reform dringend notwendig. Sie fordere eine Pflege-Vollversicherung, in die alle einzahlen müssten - auch Beamte und Selbständige. Sonst kollabiere das ganze System.

Auch ganz konkret im Sozialsystem des Landkreises Meißen sind die Kostenexplosionen für alle Beteiligten spürbar. Die Aufwendungen für die Leistungsgewährung im Alter des Landkreises stiegen in den vergangen Jahren kontinuierlich um rund 1,1 Millionen Euro pro Jahr. So stiegen die Gesamtausgaben (netto) von 2017 bis 2020 um rund 75 Prozent in diesem Zeitraum, die durchschnittlichen Kosten je Leistungsberechtigten um circa 1.500 Euro/Jahr.

Ein deutlicher Anstieg erfolgte insbesondere im Jahr 2023. Hier wurden erstmals die finanziellen Auswirkungen des GVWG und der damit einhergehenden Tariflohnbindungen, Einführung eines bundeinheitlichen Personalschlüssels und Etablierung eines Personalbemessungsverfahrens in Pflegeheimen spürbar.

Die Aufwendungen des Landkreises haben sich von rund 2,5 Millionen Euro im Jahr 2022 auf rund 4,3 Millionen Euro im Jahr 2023 signifikant erhöht.

Ziel war und ist es durch die verschiedenen Programme stets, die pflegerische Versorgung einerseits als Berufsfeld attraktiv zu gestalten, andererseits die Pflegebedürftigen und somit mittelbar auch die Landkreise und Kreisfreien Städte als Träger der Sozialhilfe weniger stark zu belasten. Im Zeitverlauf ist es jedoch zunehmend schlechter gelungen, diesen Zielen gerecht zu werden.

Es ist weiterhin sowohl mit steigenden Ausgaben je leistungsberechtigter Person als auch mit einer steigenden Anzahl von Leistungsberechtigten zu rechnen. Sämtliche finanzielle Entlastungen (seitens der Pflegekassen, der Rentenanpassungen, Wohngeldstärkung etc.) führen zu keiner wesentlichen, insbesondere keiner dauerhaften Entlastung des örtlichen Sozialhilfeträgers. Seitens der Verwaltung besteht im Einzelfall keine Steuerungsmöglichkeit zur Kostensenkung, heißt es aus der Landkreisverwaltung.


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