Markus Michalk

Weltweit einmalige Porzellankunst

Meissen. Die Nikolaikirche am Eingang ins Triebischtal hat ein ganz besonderes Geheimnis. In ihr stehen wohl die ausdrucksstärksten Porzellanfiguren der Welt.

Besonders eindrucksvoll sind die Porzellanfiguren von trauernden Kindern, Frauen und Alten, die ihre Männer und Söhne betrauern, die im Ersten Weltkrieg gefallen sind. Ihre Namen sind an den Wänden der Kirche verewigt.

Besonders eindrucksvoll sind die Porzellanfiguren von trauernden Kindern, Frauen und Alten, die ihre Männer und Söhne betrauern, die im Ersten Weltkrieg gefallen sind. Ihre Namen sind an den Wänden der Kirche verewigt.

Bild: Farrar

Wohl jeder Besucher, der die Nikolaikirche betritt, ist tief und mehrfach beeindruckt von der Vielzahl der Porzellanelemente, an den Wänden und im Altarraum. Aber auch die Ausdruckskraft, die die dargestellten Gesichter ausstrahlen ist künstlerisch, wie emotional einmalig. Tief traurig und voller Qual sollen sie an die vielen gefallenen Meißner im Ersten Weltkrieg erinnern. Mehr als 2.000 Namen der Opfer wurden auf die angebrachten Porzellan Tafeln geschrieben.

 

Die Idee, für die besondere Innenausstattung aus Meissener Porzellan hatte der Porzellangestalter Prof. Emil Paul Börner. Mit Fürsprache durch den damaligen Manufaktur-Generaldirektor Max Pfeiffer wurde die Kapelle St. Nikolai, die bereits seit 1893 der Frauenkirche nachgeordnet war, von 1921 bis 1929 zur Gedenkstätte für die Gefallen umgestaltet. Das Projekt sollte aber auch in der schwierigen Nachkriegszeit eine repräsentative Arbeit für die Porzellan Manufaktur sein.

Ganz modern für die damalige Zeit: Börner hat in seiner Gestaltung sogar Elemente verschiedener Religionen eingebaut. So finden sich Vasen mit jüdischem Motiven, die gleichschenkligen Kreuze nach griechisch-orthodoxem Vorbild, orientalische Gestaltung des Triumphbogens und ein Zitat Buddhas. Diese Offenheit brachte ihm damals nicht nur Lob ein.

 

Im Laufe der Zeit und vor allem nach dem Hochwasser 2002, haben die Metallbefestigungen der Porzellanelemente starken Schaden genommen. Sie rosten und »blühen« quasi auf, was das völlig unflexible Porzellan nicht verzeiht. Es platzt einfach auseinander, wird regelrecht abgesprengt. Einige Randbordüren sind bereits abgefallen und zerbrochen. »Die Sanierung ist für uns fast unmöglich, zumindest, wenn man von der Sanierungssumme ausgeht«, erklärt Susanne Singer von der Kirchgemeinde. Eine Rettung des Zeitzeugnis scheint langfristig aussichtslos. Sie ist immer tief beeindruckt, wenn noch heute Besucher aus dem ganzen Land anreisen, um in den Opferlisten der Kapelle nach dem Verbleibt ihrer Vorfahren suchen. Vielleicht hat das Gesamtkunstwerk aus Meißner Porzellan eine Chance auf die dringend nötige Restaurierung und damit zum Erhalt des weltweit einmaligen Schatzes, falls es Meißen schafft, in die Liste des UNESCO Weltkulturerbes aufgenommen zu werden. Die nächste Entscheidung für die Tentativliste Deutschlands steht 2024 an. Die Meißner Bewerbung liegt vor…

Konzerttermin einplanen

Wer die Nikolaikirche innen sehen und auch Musik in dem Gotteshaus erleben möchte, der sollte sich Sonntag, 7. August, ab 16 Uhr, vormerken. Dann wird die Nikolaikirche für die Reihe »Musik in der Kapelle« geöffnet. Es erklingt »Piazolla meets Flamenco« mit dem duo finesco (Geige/Akkordeon: Juliane Winkler und Flamencogitarre: Christof Schill).


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