Branczeisz

Manege wird zum Klassenzimmer

Moritzburg. "Ja, sind wir denn hier im Zirkus?" Klar. Schüler und Lehrer sind begeistert vom Schulzirkus.

Sie strahlen übers ganze Gesicht oder schmunzeln still – geschafft. Übers Nagelbrett laufen, mit nacktem Oberkörper auf Glasscherben liegen, Feuerstangen durch die Luft wirbeln, auf dem Drahtseil springen, am Trapez eine gute Figur machen oder eine coole Clownsnummer hinlegen. Statt Mathe und Deutsch gab es in der Moritzburger Grundschule wieder »Zirkusluft schnuppern« im Unterricht.

165 Kinder, drei Tage – das ist harte Arbeit für die Kinder und die Akrobaten vom Projektzirkus Probst. Jessika Petrache-Probst, Enkelin des Zirkusgründers Rudolf Probst, findet die Kinder »genau richtig«, locker, aber unwahrscheinlich konzentriert und vor allem mit Spaß dabei. In nur zwei Tagen proben die Mädchen und Jungen intensiv ihren Auftritt und für so manchen ist es mehr als das – eine Mutprobe, das übersprudelnde Glück, dabei gewesen zu sein.

Alleine glänzen geht da nicht – zusammen soll der Auftritt gelingen. Es ist gar nicht so einfach, nicht aus der Rolle zu fallen. Die Generalprobe verläuft so konzentriert, dass mancher Lehrer schon witzelt, man werde sich die Zirkusleute ins Klassenzimmer holen. Religionslehrerin Stefanie Dreher betreut die Gruppe »Drahtseil«. Längst sind auch die Lehrer von der Aufregung mitgerissen – am Abend ist Premiere. Als die Menschentraube von Eltern, Geschwistern und Großeltern vor dem Einlass immer größer wird, winken die kleinen Darsteller schon von Weitem.

Es geht los. Das Publikum quillt geradezu ins Zelt, die Kinder sind jetzt in ihre Kostüme und in ihre Rolle geschlüpft. Es gibt Popcorn und Limo, alle klatschen, lachen – der Zirkus hat noch immer die Magie, Gemeinschaft und Freude zu zaubern. Das ist vielleicht das pädagogisch Wertvollste an diesem Projekt – mal nicht alleine zu Hause an der Konsole hocken oder in Grüppchen über andere lästern.

Fachlich ist der Projektzirkus exklusiv besetzt. Da ist die Probst-Enkelin, die den vom Vater gegründeten Projektzirkus weiterführt. Der große Zirkus Probst hatte 2014 nach 70 Jahren die Reißleine gezogen und ist seitdem nur noch in einem kleinen Zelt für 400 Zuschauer an Schulen unterwegs. Anfangs mit Tieren, aber auch das ist Geschichte. Jessika Petrache-Probst hat am Seil und am Vertikaltuch gearbeitet - ein echtes Zirkuskind eben.

So wie Christian Anders – Akrobat auf Schleuderbrett und Pyramide. Inzwischen ist er in der dritte Saison hier dabei. Seine großen Kinder sind in Budapest im Zirkus – auch sie allesamt Akrobaten. Darauf ist er stolz. In Moritzburg geht es auch um den Stolz, Miteinander etwas schaffen. Die Großen machen es vor: Feuerwehr und Eltern, die helfen, das Zelt aufzubauen. Die Gemeinde, die Strom und Wasser bezahlt. Adams Gasthof, der die Räume für Proben und Umkleiden öffnet. Ohne diesen Gemeinsinn gäbe es keine Magie.


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