

"Hohoho"
... möchte man ausrufen: Denn was hat Bernd Richter nicht alles schon in den über vier Jahrzehnten erlebt, seitdem er als Weihnachtsmann in der Region rund um Lampertswalde unterwegs ist. Jung und Alt warten Jahr um Jahr auf den wohl dienstältesten und obendrein noch mobilsten Knecht Rupprecht in ganz Sachsen. Angeregt durch seinen Opa Willi schwang er sich zusammen mit Weihnachtsfrau Ellen 1982 erstmals auf den Familien-Star (DDR-Moped-Marke) und brauste zur Verwandtschaft nach Weißig. »Da hatte ich nur Holz und Kohlen im Gepäck, wollte mir einen Spaß draus machen.« Der gelang überzeugend. Und so ließ ihn sein Weihnachtshobby bis heute nicht mehr los. Wie jedes Jahr stellt der 62-Jährige in der Woche vorm 1. Advent den Wunschbriefkasten vor sein Weihnachtshaus auf der Ernst-Thälmann Straße 6. Täglich Punkt 18 Uhr wird der geleert. Oft rappelvoll. Schon an am ersten Tag in diesem Jahr lagen 21 Wunschzettel der Klasse 1b aus der Grundschule des Ortes drin. Jeder wird ernst genommen und weiterbearbeitet, wobei Ellen wie eh und je das Ganze managt. Und wer bei ihm anruft bekommt zu hören: »Hier ist der Lampertswalder Weihnachtsmann. Welchen Wunsch hast Du auf dem Herzen?«
Ein Weihnachtsmann für alle Fälle
Was er erfüllen soll, reicht von bescheidenen Süßigkeiten, über die neueste Playstation, Barbiepuppen, einen neuen Papa bis hin zum neugieren Wunsch der Frauen vom Ortssportverein, mal einen Blick unter die Verkleidung zu werfen. Frau will wissen, was er so drunter trägt. Bei letzterem Wunsch muss er nichts befürchten, denn verraten sei: Bernd bleibt stilecht und trägt Shorts mit Weihnachtsmotiven, rot-weiß geringelte Strümpfe sowie ein rosa Unterhemd. Nur das rote Kissen zum dicker machen verwundert manche. »Na, ein Weihnachtsmann muss doch 'ne richtige Statur haben«, so Bernd schmunzelnd vorm Spiegel.
Die diesjährigen geplanten Besuche bei den 120 Kindern im Ort erledigt er natürlich zu Fuß, mit bimmelnder Glocke und prall gefülltem Jutesack. Aber für alles, was darüber hinaus geht, schwingt er sich wieder auf seine Suzuki VR 800 Marauder. Die bringt ihn mit 54 Pferdestärken voran und ließ ihn so bereits am ersten Dezembersamstag pünktlich beim Blindenverband in Großenhain erscheinen, damit unbeschreibliche Freude auslösend. Am weißen Wallebart wurde natürlich gleich eine Echtheitsprüfung vorgenommen...
Erlebnisse hat er so viele wie die hunderten von aufgehobenen Wunschzetteln der Kinder. Zumeist nur schöne und immer unvergesslich! Ach ja und dann sein einzigartiger Fahrzeugpark. Der Star von einst hat längst seinen Abflug gemacht. Unlängst zu Coronazeiten war der Alte mit einem Traktor Lanz Bulldog unterwegs, Abstand haltend, vorn samt Sofa auf der Schaufel sitzend. Die Jahre davor kam er mal mit einem Postrad, mal mit der Feuerwehr, mal mit einem höchstpersönlich von ihm gezogenen Weihnachtsschlitten, aber auch mit Esel, Lamas, Pferden oder seinen Ziegen vorn dran. Oh je, und einmal in der Kita Neusörnewitz war er sogar in einen Garderobenbrand verwickelt. Mit seinem roten Mantel konnte er die Flammen noch ersticken, aber der schöne Wallebart fackelte rasant ab. Besser war da schon die vom treuen Ehemann initiierte Geschenkeübergabe an den kleinen Erik am Rand der Badewanne, in der auch noch die Mutti splitternackt mit drinsaß. »Aber ich bin doch für alles Schöne offen«.
Bücher könnte der in der Weihnachtszeit ein Doppelleben führende Berufsschullehrer füllen. »Aber das hebe ich mir für die Zeit auf, wenn Sohn Toni - derzeit noch Oberwichtel – mein Erbe übernimmt. Denn die Kinder ohne Weihnachtsmann, das darf es nie geben«, so sein größter Herzenswunsch, wie der nach Gesundheit. Na ja und endlich mal seine »Heimat« im Norden besuchen hat er auch noch auf dem Wunschzettel. Ob die Reisetickets dafür diesmal unter seinem Weihnachtsbaum liegen, wer weiß dies schon.