Unterstützung für Heimatstube Löwenberg
Doch je länger Flucht und Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus Schlesien zurückliegen, desto herausfordernder wird die Unterhaltung und meistens ehrenamtliche Betreuung der Sammlungen für die Generation der Vertriebenen. Mit ihrem Ableben wird auch die emotionale Verbundenheit mit diesen Erinnerungsstücken schwächer. Andere Verantwortliche sind schwer zu finden, zeitliche und finanzielle Ressourcen sind knapp. Seit Jahren stellt sich die Frage, wer diese über viele Bundesländer verstreuten Sammlungen in Zukunft bewahren und pflegen soll.
Viele Heimatstuben werden bis heute etwa in lokalen Museen auf Basis von Patenschaften gezeigt, die westdeutsche Städte, Gemeinden und Kreise in der Nachkriegszeit für Vertriebenengruppen übernommen haben. Andere betreiben eigene kleine Ausstellungsräume. Wieder andere wurden mangels Räumen und Personal aufgelöst, teilweise digitalisiert und dann eingelagert oder gingen in allgemeineren Sammlungen auf. Aus den Patenschaften der deutschen Ankunftsorte für die Vertriebenen erwuchsen später oftmals Partnerschaften mit deren Herkunftsorten im polnischen Schlesien. Heute wünschen sich die Vertreter der Heimatstuben häufig, dass die Erinnerungsstücke an diese Orte zurückkehren, aus denen sie stammen, um dort langfristig bewahrt und gezeigt zu werden. Obwohl das Interesse in Polen teilweise groß ist, an die deutsche Vergangenheit Schlesiens zu erinnern, kann häufig über eine Schenkung keine Einigung erzielt werden.
Im Falle der Heimatstube Löwenberg übernimmt das Schlesische Museum zu Görlitz jetzt eine Brückenfunktion. Mehr als 50 Jahre lang war der Landkreis Hannover Pate für die Sammlung aus dem historischen preußischen Kreis Löwenberg, der bis 1945 in Niederschlesien bestand. Nachdem die Patenschaft 2009 endete, zog die Heimatstube in ein Interimsquartier in Ronnenberg/ Empelde. Bestrebungen des Heimatbundes Kreis Löwenberg e. V., die Sammlung nach Lwówek Slaski zu verschenken, scheiterten 2021.
Am 12. November unterschrieben nun Henning Wätjens, der Vorsitzende des Heimatbundes Kreis Löwenberg e. V., und Dr. Agnieszka Gasior, die Direktorin des Schlesischen Museums zu Görlitz, einen Schenkungsvertrag, mit dem die Heimatstube Löwenberg in den Besitz des Museums übergeht. Mit der Unterzeichnung eines Leihvertrages zwischen dem Schlesischen Museum und der Stadt und Gemeinde Löwenberg/Lwówek Slaski, vertreten durch deren Bürgermeister Dawid Kobialka, wird es möglich, dass die Sammlung als Leihgabe in ihre Herkunftsregion im heute polnischen Schlesien weiterzieht.
Auf Basis der beiden Verträge kehrt die Kollektion der Heimatstube Löwenberg nun mit ihren rund 4.600 Objekten in die Region zurück, deren Geschichte sie erzählt. Die Sammlung umfasst rund 2.000 Ansichtskarten und Fotos, etwa 400 Grafiken und Gemälde, eine Bibliothek mit fast 1.600 Titeln zu Geschichte, Belletristik und Heimatliteratur, komplette Ausgaben historischer lokaler Zeitungen, etwa der »Löwenberger Heimatgrüße«, des »Boten aus dem Queistale« und der »Iser-Gebirgs-Heimat«, Archivalien, Ortspläne und Landkarten. Außerdem gehören Textilien, Keramik und Porzellan, Glas, Alltags- und Erinnerungsobjekte sowie die Lade der Greiffenberger Kaufmannschaft aus dem 18. Jahrhundert dazu.
In Zukunft soll die Sammlung in öffentlichen Einrichtungen von drei Städten des historischen Landkreises Löwenberg fachgerecht aufbewahrt und präsentiert werden: in Greiffenberg/ Gryfów Slaski, Löwenberg/ Lwówek Slaski und Liebenthal/ Lubomierz.
Die Lade der Greiffenberger Kaufmannschaft, eine wertvolle, mit Intarsien verzierte Truhe, ist das einzige Objekt, das zunächst im Schlesischen Museum zu Görlitz bleibt. Sie enthält bedeutende Archivalien wie Protokollbücher, Mitgliederverzeichnisse und Korrespondenzbücher ab dem Jahr 1794. Die Lade aus dem 18. Jahrhundert wird bis zum 5. Januar 2025 in der Dauerausstellung des Schlesischen Museums zu Görlitz präsentiert.