Nordkommunen machen sich auf den Weg
Der damit verbundene Verlust von Arbeitsplätzen und wirtschaftlicher Stabilität stellt die Region vor erhebliche Herausforderungen. Der Transformationsprozess hat jedoch bereits 2019 mit der Vereinbarung der sogenannten »Kohlekommission« begonnen, die Maßnahmen zur wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Neuorientierung vorschlug. Ziel ist es, in den betroffenen Regionen neue wirtschaftliche Strukturen zu schaffen, die den Wegfall der Kohleindustrie kompensieren. Hierzu stellt der Bund umfangreiche Fördermittel bereit, die für den Aufbau zukunftsorientierter Branchen wie erneuerbare Energien, nachhaltigen Tourismus, innovative Bildungsangebote und eine verstärkte Digitalisierung eingesetzt werden sollen. Die Nordkommunen des Landkreises sind bereits seit 2016 gemeinsam mit weiteren kernbetroffenen Kommunen anderer Landkreise, im Bündnis »Lausitz Runde« engagiert. Die »Lausitz Runde« war ebenfalls Teil der Kohlekommission und maßgeblich daran beteiligt die Weichen für die Zukunft der Region zu stellen. Die Kommunen setzen auf eine enge Zusammenarbeit im Lausitzer Kohlerevier, um die Transformation erfolgreich zu meistern. Dabei steht der Wunsch im Vordergrund, den Strukturwandel nicht nur als Herausforderung, sondern vor allem als Chance zu begreifen, die langfristige Entwicklung der Region aktiv mitzugestalten.
Die Zusammenarbeit mit den Gemeindevertretern erfolgt im Rahmen des Projektes »Multiprojektmanagement Strukturwandel im Landkreis Görlitz - Strukturwandel-Task-Force« der Entwicklungsgesellschaft Niederschlesische Oberlausitz mbH (ENO). Das Team hat seit Projektbeginn (2021) die Kommunen und Akteure des Landkreises Görlitz bei 259 Projektideen begleitet, 1043 Beratungen und 65 Beteiligungsformate durchgeführt. Es konnten in Summe 149,6 Millionen Euro für Förderprojekte beantragt werden. Mehr als ein Drittel davon wurde bereits bewilligt.
Ein besonderer Mehrwert der Taskforce liegt in ihrer hohen regionalen Präsenz und der direkten Unterstützung der Kommunen mit festen Ansprechpartnern und konkreten Themen. Durch ihre detaillierte Kenntnis der Region und der Bedarfe in den Kommunen kann die Taskforce maßgeschneiderte Lösungen für die Projektentwicklung anbieten.
In einer gemeinsamen Erklärung äußern sich der Landrat des Landkreises Görlitz sowie die Bürgermeister der Gemeinden zu ihren Plänen und Visionen für die zukünftige Entwicklung im Rahmen des Strukturwandels.
Landrat Dr. Stephan Meyer: "Ich begrüße das gemeinsame Vorgehen der Nordkommunen im Landkreis Görlitz im Zuge des Strukturwandels. Gerade die besonders betroffenen Kommunen müssen auch ein besonderes Augenmerk erfahren, um diese Transformation erfolgreich zu bewältigen. Dabei sollte aus meiner Sicht der Fokus darauf liegen Wertschöpfung und Arbeitsplätze in der Region zu stärken. Das kann beispielsweise durch interkommunale Gewerbe- und Industriegebiete für Erweiterungen und Ansiedlungen mit Anbindung an die Landesprojekte InnoCarbEnergy, im Bereich Kohlenstoffforschung, und CircEcon, im Bereich der Kreislaufwirtschaft, liegen. Darüber hinaus gilt es die Attraktivität der Region für Einheimische, Neuansiedler und Gäste durch Investitionen in die touristische Infrastruktur zu erhöhen. Eine wichtige Rolle wird das Net Zero Valley (NZV) Lausitz spielen, wodurch Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt und umweltfreundliche Technologien vorangebracht werden sollen."
Bad Muskau: "Die Stadt Bad Muskau arbeitet derzeit daran, mit Bundesmitteln Maßnahmen umzusetzen, die die Attraktivität für ihre Bewohner und Gäste weiter steigern sollen. Hinsichtlich der Beantragung und Umsetzung von Projekten im Rahmen der Förderung durch das InvKG kann ich jedoch wenig sagen, da die Stadtverwaltung bisher noch keinen Förderantrag gestellt hat. Aus meiner Sicht stellt das Förderverfahren eine große bürokratische Herausforderung dar, die für eine kleine Verwaltung kaum zu bewältigen ist. Dadurch entstehen erhebliche zeitliche und finanzielle Risiken. Eine Vereinfachung des Verfahrens und eine schnellere Umsetzung geplanter kommunaler Projekte sind daher - besonders für die vom Kohleausstieg betroffenen Kommunen - weiterhin dringend erforderlich." Bürgermeister Thomas Krahl
Boxberg: "Boxberg arbeitet an wichtigen Projekten zur Stärkung der Region. Besonders hervorzuheben sind das Gesundheitszentrum, der Findlingspark Nochten und die Entwicklung des Schulcampus." Bürgermeister Hendryk Balko
Gablenz: "Gablenz setzt seine Arbeit an den bereits beantragten Projekten fort, darunter das Kultur- und Tourismuszentrum Kromlau, das aus drei Teilprojekten besteht. Weitere Vorhaben umfassen den Bau eines Bolzplatzes sowie die Schaffung eines barrierefreien Zugangs und Fluchtwegs für den Gemeindesaal Gablenz im Rahmen weiterer Förderprogramme." Bürgermeister Dietmar Noack
Krauschwitz: "Die Gemeinde Krauschwitz verfolgt eine klare strategische Ausrichtung, um durch gezielte Investitionen und Entwicklungen ihre Attraktivität als lebenswerter Standort zu steigern. Im Fokus stehen Maßnahmen, die nicht nur den aktuellen Bedürfnissen der Einwohner gerecht werden, sondern auch Rückkehrer und Neuansiedler im ländlichen Raum ansprechen. Durch die Schaffung von modernen Infrastrukturangeboten, einer Verbesserung der Lebensqualität und der Förderung von Innovationen möchte die Gemeinde ein zukunftsfähiges Umfeld schaffen, das sowohl für junge Familien als auch für Unternehmen attraktiv ist. Dies trägt nicht nur zur Stabilisierung und dem Wachstum der Region bei, sondern stärkt auch die soziale und wirtschaftliche Vernetzung innerhalb des ländlichen Raums. Krauschwitz setzt damit auf nachhaltige Entwicklung und möchte als lebendiger, zukunftsorientierter Ort sowohl für bestehende als auch für neue Einwohner und Unternehmen zur ersten Wahl werden." Bürgermeister Tristan Mühl
Kreba-Neudorf: "Wir verfolgen eine klare Vision für die Zukunft unserer Gemeinde: Wir möchten Projekte fördern, die die Lebensqualität für alle Generationen steigern, die Gesundheitsversorgung und das kulturelle Angebot erweitern und gleichzeitig unseren Ort für sanften Tourismus attraktiver machen. Dabei legen wir Wert auf die Verbindung von Tradition und Innovation, um die Einzigartigkeit unserer Gemeinde zu bewahren und gleichzeitig auf die Bedürfnisse unserer Bürgerinnen und Bürger einzugehen." Bürgermeister Dirk Naumburger
Rietschen: "Unser Fokus liegt auf nachhaltiger Wertschöpfung und der Schaffung regionaler Arbeitsplätze - allerdings nicht um jeden Preis. Es geht darum, Projekte zu fördern, die langfristig Wert schaffen und möglichst geringe Folgekosten für unsere Gemeinde verursachen. Arbeitsplätze sind dabei ein wichtiger Aspekt, doch angesichts der Fachkräftesituation müssen wir klug planen und in zukunftssichere Strukturen investieren, die unserer Region echten Mehrwert bringen. Die Abstimmung und Zusammenarbeit mit den umliegenden Orten und mit dem Landkreis halte ich dabei für besonders notwendig." Bürgermeister Ralf Brehmer
Rothenburg: "Den Strukturwandel in der Lausitz schaffen wir nur mit einer sehr guten ausgebauten Infrastruktur. Wird man diese verbessern, so ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich Synergien daraus entwickeln. Relevant hierbei ist, dass bei uns in Zukunft andere Kriterien angesetzt werden als in den Kernzentren. Wie soll sich denn ein Bedarf entwickeln, wenn kein Anreiz für die ländlichere Region geschaffen wird?" Bürgermeister Philipp Eichler
Verwaltungsgemeinschaft (VG) Schleife, Groß Düben, Trebendorf: "Im Rahmen des Strukturwandels wollen wir in der VG Schleife Projekte entwickeln, die unsere Einrichtungen als Zentrum für umweltverträglichen Tourismus erschließen und gleichzeitig unsere sorbische Kultur und Sprache in den Fokus rücken. Gemeinsam mit dem Sorbischen Kulturzentrum und weiteren regionalen Einrichtungen planen wir, attraktive Angebote zu schaffen - von einer neuen Landmarke über moderne Bade- und Freizeitmöglichkeiten bis hin zu zeitgemäßen Übernachtungs- und Veranstaltungsangeboten. Ganzjährige Attraktionen, Arbeits- und Ausbildungsplätze im Tourismus und der Blick auf das kulturelle Erbe sollen die Region stärken. Durch diese Projekte wollen wir eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung fördern, die sowohl den Einwohnern als auch den Gästen der VG Schleife zugutekommt." Die Bürgermeister der VG - Jörg Funda, Sebastian Bertko, Robert Sprejz
Weißkeißel: "Im Gemeinderat Weißkeißel waren wir uns recht schnell einig, dass die Gemeinde Weißkeißel kein eigenes Projekt im Rahmen des Strukturwandels auf den Weg bringen wird. Es ist unser erklärtes Ziel, die vorhandenen Industriestandorte Weißwasser, Boxberg und Krauschwitz in ihren Projekten zu unterstützen. Kleinteiligkeit führt hier nicht zum Erfolg. Vielmehr soll alle Kraft gebündelt in eine zukunftsfähige Transformation dieser Standorte im Rahmen des Strukturwandels aufgewendet werden." Bürgermeister Andreas Lysk
Weißwasser: "Weißwasser hat mit Projekten wie der Sanierung der Kita Sonnenschein, der Aufwertung der Bibliothek im Bahnhof, einer Ausbildungsstätte der Zukunft und der Ansiedlung der BAFA einen klaren Fokus auf Bildung und Arbeit gelegt. Dies trifft auch auf Projekte der Stadtakteure der Volkshochschule, des Soziokulturellen Zentrums und der Station Junger Naturforscher und Techniker zu. Darauf werden wir aufsetzen und die nächsten Jahre die Voraussetzungen für weitere attraktive Arbeitsmöglichkeiten der Zukunft legen mit Maßnahmen wie der Erweiterung der Gewerbe- und Industrieflächen, Aktivierung des Ladenleerstandes und Eingliederung in unsere Tourismusregion mit eigenen Highlights. Dabei ist die Digitalisierung unsere Infrastruktur der Zukunft. Durch sie kann das Leben und Arbeiten im ländlichen Raum in den Bereichen Bildung, Gesundheit, autonomes Fahren, moderne Verwaltung sowie Arbeits- und Produktionstechniken völlig neugestaltet werden." Oberbürgermeisterin Katja Dietrich
Hintergrund zur Strategie
Die nördlichen Kommunen des Landkreises Görlitz haben bereits über 20 Strukturwandelprojekte mit einem Volumen von über 178 Millionen Euro vom Regionalen Begleitausschuss (teil-)bewilligt bekommen. (Quelle: Sächsische Agentur für Strukturwandel, https://sas-sachsen.de/de/projekte/projektkarte ) beispielsweise in Gablenz, Krauschwitz und Weißwasser kann man deren Umsetzung verfolgen. Auf diesen Projekten soll nun aufgebaut werden und eine gemeinsame Strategie entwickelt werden.
Im Fokus der Strategie sollen, durch eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen den Kommunen, Synergien geschaffen und Projekte gezielt vorangetrieben werden, um eine nachhaltige und zukunftsorientierte Entwicklung sicherzustellen. Insbesondere werden die Bereiche Infrastruktur (Verkehr und Wirtschaft), Tourismus, interkommunale Zusammenarbeit, Bildung, Gesundheit, Fachkräftesicherung und demografischer Wandel betrachtet.
Die Strategie zielt darauf ab, die Beziehungen zwischen den verschiedenen Projekten hervorzuheben und deren interkommunale Bedeutung zu untermauern, um so den Strukturwandelprozess effektiv und koordiniert zu begleiten. Gemeinsam sollen konkrete Maßnahmen erarbeitet werden, um eine solide Grundlage für zukünftiges wirtschaftliches Wachstum und lebenswerte Gemeinden zu schaffen.
Der Zeithorizont der Strategie erstreckt sich bis 2038. In dieser Zeit sollen die Weichen für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Entwicklung sowie für eine wirtschaftlich selbsttragende Region gestellt werden.
Die Bürgermeister der Gemeinden Bad Muskau, Boxberg, Gablenz, Groß Düben, Krauschwitz, Kreba-Neudorf, Rietschen, Rothenburg, Schleife, Trebendorf, Weißkeißel, und Weißwasser. haben die Entwicklungsgesellschaft Niederschlesische Oberlausitz beauftragt, sie in diesem Prozess zu unterstützen.
Das Team der ENO ist für alle Bürger des Landkreises, die sich und ihre Ideen in den Strukturwandelprozess einbringen möchten, erreichbar unter: schichtwechsel@wirtschaft-goerlitz.de
Im Unbezahlbarland-Blog https://blog.unbezahlbar.land/ berichtet die Taskforce regelmäßig und transparent über ihre Arbeit und lädt zu Bürgerbeteiligungsformaten ein.
Die ausführliche Zusammenfassung der bislang erfolgreich begleiteten und initiierten Projekte finden Interessierte im Jahresbericht zur Arbeit der Taskforce unter: https://sichtwechsel-zukunft.de/#jahresbericht