Gerettet und doch in Not
Warum das Tierheim Horka finanzielle Sorgen um seine Existenz hat.
Horka/Kreis Görlitz. Bonny stammt aus einem illegalen Tiertransport. Mehr als ein Dutzend Welpen und erwachsene Hunde griff die Bundespolizei damals auf. Aimee Zille erinnert sich noch genau an diesen Tag, wenige Stunden vor Heiligabend. "14 Hunde im Kofferraum waren das", sagt die Horkaer Junior-Tierheimchefin. Nicht alle überlebten. Die junge Bonny überstand den illegalen Mammut-Transport, die anschließende Quarantäne und zuletzt auch die große Hüft-Operation. Knapp 6000 Euro wurden dafür benötigt, die Hälfte des Geldes kam an Spenden zusammen. Ohne Spenden geht es so oder so nicht, wie Aimee Zille sagt. Das Horkaer Tierheim im Landkreis Görlitz ist ebenso wie das Tierheim in Bischdorf keine kommunale Einrichtung, stemmt Einnahmen für Personal-, Futter-, Tierarzt, die laufenden Betriebskosten und mehr in Eigenregie. Ein Unternehmen sozusagen, dass sich finanzieren muss, um nicht ins betriebswirtschaftliche Aus zu schlittern. Es ist erst wenige Wochen her, als das Horkaer Tierheim vor der Überlegung stand, die Reißleine zu ziehen. Dank vieler Spenden in der Weihnachtszeit konnte das verhindert werden. Und doch: Für die Existenz über das komplette Jahr reichen die Spenden nicht, wie Aimee Zille befürchtet.
10.000 Euro alleine jeden Monat für die Finanzierung der Mitarbeiter, nennt die 37-Jährige eine der Summen, die aufgebracht werden müssen. Zehn Mitarbeiter sind das insgesamt, davon zwei Fachkräfte und zwei Azubis, die Dank Spenden ihre Berufsausbildung zum Tierpfleger in Horka machen. Vom Veterinäramt gibt es für sechs Wochen Geld, wenn beschlagnahmte Tiere nach Horka kommen, von den Gemeinden für maximal vier Wochen. Und dann? "Müssen wir selbst finanzieren", sagt die Horkaerin. Nicht alle Tiere werden schnell vermittelt. Der kleine Degu müsste dringend in eine Degugruppe, die Bartagamen brauchen fachkundige Hände. Schlangen, Ratten, Mäuse, Kaninchen mit langem und kurzem Fell gibt das Tierheim ebenso ein Dach über den Kopf, wie den 80 Katzen und bis zu 60 Hunden.
Dazu kommt: Das Görlitzer Tierheim ist seit Ende des Vorjahres Geschichte. Im Landkreis gibt es damit nur noch zwei Einrichtungen die Fundtiere, beschlagnahmte Tiere, "Notfellchen", aber auch Pensionstiere aufnehmen. Das sind die Einrichtungen in Bischdorf bei Löbau und eben Horka bei Niesky.
Aimee Zilles Handy klingelt ununterbrochen, mehr als 40 Anrufe sind es bis kurz nach dem Mittag. Zwei Fundhunde aus Weißkeißel, einer aus Weißwasser kommen an. Die Polizei hat die entlaufenen Vierbeiner gesichert. Lange bleiben die Tiere nicht, die Besitzer sind bereits auf dem Weg nach Horka. "Es würde schon sehr helfen, wenn Land und Bund Mittel für Personalkosten geben", überlegt die junge Frau. Danach sieht es im Moment nicht aus.
Derweil macht Watson, der Hund, der mit Bonny zusammen im Zwinger lebt, Faxen. So koboldhaft Watson auch wirkt, "er beißt in Stresssituationen, ist wahrscheinlich ein Hund aus dem ukrainischen Kriegsgebiet", erzählt Aimee Zille. Einige der Tiere haben ihre besondere, Geschichte, brauchen erfahrene Hände in einem neuen Zuhause.
Zum Glück gibt es ehrenamtliche Gassigeher. Seit diesem Jahr allerdings funktioniert das für die Ehrenamtler nur, wenn sie Mitglied im Tierschutzverein werden und einen Beitrag zahlen. Das hänge mit geänderten Versicherungsbedingungen zusammen, wie Aimee Zille erklärt. Abgesprungen sei kaum jemand von den Freiwilligen. Dafür ist das Tierheim dankbar. Und trotzdem wird neben der tatkräftigen auch weiter dringend finanzielle Hilfe benötigt.