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Braucht es den Discounter?

Aus dem alten Netto-Markt in Krauschwitz soll ein Wreesmann werden. Darauf hofft die Gemeinde und bereitet dementsprechend den Weg. Als „einen Schlag ins Gesicht“ empfindet das Ilona Sämisch vom Baustoffhandel Natusch.
Seit die Netto-Filiale umzog, steht das Gebäude in Krauschwitz leer. Foto: Keil

Seit die Netto-Filiale umzog, steht das Gebäude in Krauschwitz leer. Foto: Keil

Eins macht Ilona Sämisch sofort deutlich: Es war nicht die Angst um ihr Geschäft, die sie dazu bewogen hat, sich mit einer „Ein Schlag ins Gesicht“ betitelten Mail an die Presse und den Gemeinderat zu wenden. Die Kernkompetenz des Baustoffhandels Natusch sind Firmenkunden, die machen zwei Drittel des Umsatzes, sagt die Inhaberin. Ob das aber beispielsweise auch für den kleinen Blumenladen vor Ort gilt, der dann neben Netto noch einen Konkurrenten mit Billigangebot vor der Nase hat? Da hat Ilona Sämisch so ihre Zweifel. Seit der Krauschwitzer Netto-Markt im Dezember umzog, steht das alte Gebäude mitten im Zentrum der Gemeinde leer. Das soll sich aber ändern, eine Wreesmann-Filiale soll daraus werden. Für Ilona Sämisch nicht nachvollziehbar. „Über viele Jahre hinweg haben sich in der Gemeinde Krauschwitz kleine Geschäfte und Unternehmen etabliert. Die Inhaber haben mit cleveren Konzepten und Ideen, mit Durchhaltevermögen und vor allem mit Herzblut versucht, den Discountern und großen Ketten die Stirn zu bieten“, schreibt sie in ihrer Mail. Nun bekämen die Geschäftsinhaber vor Ort und in den Nachbargemeinden den Dank dafür, einen Billiganbieter mit überwiegend identischem Angebot zu den Läden vor Ort. Es ärgert die Geschäftsfrau aber nicht nur, dass ein neuer Discounter in den Ort kommen soll, sondern auch, dass dieser Plan gefasst wurde, ohne mit den Geschäftsinhabern zu sprechen. „Alle, mit denen ich gesprochen habe, sind dagegen. Wir halten beispielsweise ein Gemeindehaus für viel sinnvoller für das Leben in Krauschwitz“, so Sämisch. Schließlich sei der Netto-Markt nicht aus der Gemeinde verschwunden, fehlende Steuereinnahmen gelten als Argument also kaum.

Gemeinde zeigt sich überrascht

Bürgermeister Tristan Mühl zeigt sich auf unsere Anfrage überrascht von der Kritik. Die geplanten Änderungen des Bebauungsplanes zur künftigen Nutzung hätten lange Zeit öffentlich ausgelegen, Stellungnahmen von Anwohnern und Händlern seien aber nicht eingegangen (die Änderung des Bebauungsplans ist nötig, damit Wreesmann oder ein anderer Anbieter in das Gebäude ziehen können). „Zudem wurde bereits mehrfach über eine Nachnutzung in den öffentlichen Gemeinderatsitzungen gesprochen“, so Mühl. Da es das Geschäftsmodell von Wreesmann in der Gemeinde noch nicht gibt, sehe man in einer Filiale im Ort keine Konkurrenz für die örtlichen Händler. Man hoffe vielmehr, dass die Geschäfte der Muskauer Straße davon profitieren. „Des Weiteren entstehen auch in dieser Filiale Arbeitsplätze, welche wir in Krauschwitz benötigen“, so der Bürgermeister. Warum man eine andere Nutzung des Gebäudes letztlich nicht in Angriff genommen hat, erklärt der Bürgermeister mit fehlendem Geld und fehlenden Investoren. Man habe auch Ideen zu einer anderen Nutzung diskutiert, sie seien aber durch fehlende Investoren oder Interessenten verworfen worden. Die Gemeinde selbst hatte ebenfalls über Erwerb und Umbau für eine gemeinsame Nachnutzung zusammen mit der Feuerwehr beraten. „Dies ist aus finanzieller, bautechnischer und gesetzlicher Sicht nicht machbar. Wir befinden uns in einer Haushaltskonsolidierung, welche kein Platz für solche Ausgaben aufzeigt“, sagt Mühl. Letztlich gehe es der Gemeinde vor allem darum, Leerstand im Ortskern zu verhindern. Der Eigentümer des Gebäudes, eine Immobilienfirma, hatte laut Mühl rund 500000 Euro für das Gebäude aufgerufen. Für Krauschwitz nicht bezahlbar. Die Entscheidung zur Änderung des B-Plans dürfte Ende August fallen. Ursprünglich sollte das schon im Juni passieren. Doch es gab noch Klärungsbedarf mit den Behörden. „Wir müssen den B-Plan jetzt nochmal verkürzt für 14 Tage auslegen“, erklärt Tristan Mühl. Der Beschluss soll dann voraussichtlich in einer Sondersitzung des Gemeinderats im August gefasst werden.


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