Vertrauen – das Fundament unserer Geschichte und Zukunft
Vor wenigen Wochen jährte sich der Mauerfall. Die Älteren unter uns erinnern sich mehr oder weniger lebhaft an diesen Tag, vor nunmehr 35 Jahren.
Dieser 9. November ist ein besonderer Tag in unserer deutschen Geschichte. Er steht für Tiefen, in Form von grenzenloser Entmenschlichung, ebenso wie für Höhen - ja, geradezu für Sternstunden.
Der 9. November 1918 - Ausrufung der ersten Republik nach einem verheerenden Weltkrieg.
20 Jahre später dann die Reichsprogromnacht, Vorbote einer Serie staatlich organisierter Verbrechen, welche bis heute nachwirken.
Und dann, eben dieser 9. November 1989 als Ergebnis gelebter ziviler Courage Hunderttausender. Eine Courage, welche sich gewaltfrei gab, weil sie gegenseitig dem jeweiligen Gegenüber einen Rest von Respekt, von Menschenwürde ließ. Wäre Solches heute noch denkbar?
Wir leben wieder in Zeiten, die in kommenden Geschichtsbüchern eine besondere Erwähnung finden werden. Ob sich in 35 Jahren noch jemand daran erinnern wird, bleibt freilich dahingestellt. Aktuell beschäftigen Themen wie die Kriege in Europa und Nahost, die US-Wahl und das Aus unserer Bundesregierung auf jeden Fall auch Menschen, die sonst dem »Politischen« recht wenig Beachtung schenken. Hinzu kommt noch die Regierungsbildung hier bei uns in Sachsen, mit einem Ausgang, der noch mehr als ungewiss ist.
Was haben die hier aufgeführten Sachverhalte und Ereignisse, ob historisch oder aktuell, gemeinsam? Der Versuch einer Antwort: Die große Rolle eines Umstandes unter Menschen, welcher nicht berechnet, herbeigeredet oder auf technische Weise erzeugt werden kann.
VERTRAUEN
Die DDR ist nicht am Glücklichsein, sondern am fehlenden Vertrauen der Menschen gescheitert. Reichsprogromnacht und Holocaust basierten auf blindem Vertrauen, auf damit einhergehender Verblendung und geschürtem Hass. Und die aktuelle Regierungskrise im Lande ist auf massive Vertrauensverluste in Politik und Institutionen zurückzuführen.
All jene, die sich nun für Wahlen rüsten oder an einer Regierungsbildung beteiligt sind, müssen sich die Frage stellen, wie Vertrauen wieder herstellbar ist. Vertrauen der Wirtschaft in einen Standort, der Entwicklungen zulässt. Vertrauen der Menschen auf Leistungsgerechtigkeit, vernünftige Versorgung auf allen Gebieten, soziale Sicherheit jetzt und im Alter. Vertrauen in Staatenlenker, die sich nicht in Abhängigkeiten begeben und Frieden durch belastbares Vertrauen - im Kleinen wie im Großen - gewährleisten.
Der 9. November 1989 war zunächst ein Zwischenschritt. Man kann zu den damals politisch handelnden Personen, zu Kohl oder Gorbatschow, stehen, wie man will: Ohne Vertrauen wäre es nie gelungen, den sogenannten Eisernen Vorhang abzureißen. Dieses in verschiedenen Machtblöcken - wirtschaftlich wie militärisch - organisierte Deutschland wiederzuvereinigen. Es geht, wenn man wirklich will. Es kann gehen, wenn ideologische Scheuklappen abgelegt, eigene Belange hintenangestellt und Gemeinwohl als Ziel verstanden wird.
Advent und Weihnacht sind Maßstab dafür. Nicht wegen erfüllter materieller Wünsche, sondern wegen der Beständigkeit.
Eine Beständigkeit, über Jahrtausende hinweg, der Hoffnung und dem Frieden durch gelebtes Vertrauen immer wieder Raum zu geben. Ich wünsche Ihnen eine schöne Adventszeit in eben diesem Sinne!
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