Jürgen Männel/kun

Taubenheim hat jetzt 52 Sonnenuhren

Taubenheim. Gerade rechtzeitig ist die neueste Sonnenuhr im Sonnenuhrendorf Taubenheim fertig und angebracht worden. Es ist die 52. und größte, die der Sonnenuhrenbeauftragte Peter Domschke je kreiert hat. Sonne und damit »Funktionstests« gab es ja jede Menge bei den vielen sonnenreichen Tagen der vergangenen Wochen.
Peter Domschke bei seiner Arbeit an der 140 x 90 cm großen Sonnenuhr, die inzwischen den Giebel des ehemaligen Tante-Emma-Ladens ziert.

Peter Domschke bei seiner Arbeit an der 140 x 90 cm großen Sonnenuhr, die inzwischen den Giebel des ehemaligen Tante-Emma-Ladens ziert.

Bild: Jürgen Männel

Sonne und damit »Funktionstests« gab es ja jede Menge bei den vielen sonnenreichen Tagen der vergangenen Wochen. Der inzwischen 83-Jährige hat lange gebraucht, um die 140 x 90 cm große Uhr fertigzustellen, die nun den Giebel des ehemaligen Tante-Emma-Ladens ziert.

Sie kündet von der langen Geschichte des Geschäftslebens der Familie, die Max Panitz Anfang des 20. Jahrhunderts begründete und von Johannes Panitz bis vor drei Jahren fortgeführt wurde. Als er 2020 verstarb bat die Familie, auf Blumen bei der Beerdigung zu verzichten, sondern lieber eine Spende für die Anfertigung einer zur 133 Jahre-andauernden Geschichte des Ladens passende Sonnenuhr dazuzugeben. Und so entstand dieser ganz besondere Zeitmesser.

 

Uhren erzählen von der Ortsgeschichte

Wenn es überhaupt so viele Sonnenuhren im zum Gemeindeverband Sohland gehörenden Ort gibt, so haben sie dies vor allem dem ehemaligen Ingenieur Peter Domschke zu danken. Der gelernte Mechaniker, Technologe und Grafiker trat vor gut vier Jahrzehnten das Erbe des Sonnenuhrenvaters Martin Hölzel an und nahm sich der außergewöhnlich schönen und seltenen Zeitmesser entlang des bestehenden Lehrpfades an.

So erzählen sie vieles über die Häuser und deren Bewohner, inzwischen schon ausgestorbene Handwerke oder verweisen am Karasekhaus auf den legendären Räuberhauptmann. Der lebte auf dem Spreeweg 3, fand da die ganz große Liebe und verweilte viele Jahre dort.

Am Giebel des Kindergartens lernen schon die Jüngsten mit der Zeit umzugehen. Und selbst auf dem Friedhof, an der Trauerhalle, ist eine Sonnenuhr da, um in traurigen Stunden die richtige Zeit anzuzeigen.

So verschieden sie sind, alle haben jedoch eins gemeinsam: der rüstige Rentner hat sie alle schon einmal unter seinen Händen gehabt oder gar neu erschaffen. Denn wenn der Zahn der Zeit an den alten Zeitmessern nagte, Risse im Holz entstanden, Regen und Feinstaub die Farbe abblättern ließ und das Motiv zu schwinden begann, kamen sie ins Hinterhaus Am Viebig 27. Erhielten sie bis vor gut 18 Jahren noch ein neues Outfit mittels Acrylfarbe, Pinseln und feinsten Werkzeugen, ist dies inzwischen Geschichte.

 

Neues Verfahren, um Uhren zu erhalten

Jede Sonnenuhr entsteht noch einmal vollkommen neu aus 1.000 bis 5.000 Einzelteilen. Die alte Uhr, die als detailgetreue Vorlage diente, wandert ins Uhrenmuseum der Gemeinde. Auf Wunsch entsteht auch eine vollkommen neue - wie kürzlich die größte je geschaffene.

Das Herstellen neuer Uhren erfordert übrigens viel mehr Zeit und Aufwand als die Restauration auf herkömmliche Weise.

Der Hobbysonnenuhrenbauer entwirft detailgetreue Skizzen, schneidet jedes kleinste Teil aus verschiedenfarbigen Hochleistungsfolien auf einem Plotter aus und setzt sie auf einer Aluminiumverbundplatte aufs Genaueste zusammen. Zum Schluss kommt noch eine Mattfolie darüber, um alles vor UV-Strahlen zu sichern. »Das macht einen schon stolz, auf so außergewöhnliche Weise die Geschichte unserer Heimat zu bewahren und immer wieder Neues zu kreieren«, sagt Domschke. Sein Spruch dabei: »Holzhacken kann ich immer, aber für eine neue Sonnenuhr braucht es die richtige Idee im richtigen Moment.«

Kuriose Anrufe von ahnungslosen Zeitgenossen nach dem Räderwerk einer Sonnenuhr, beantwortet er mit Geduld, Humor und Sachwissen um die Gnomonik, die Wissenschaft von den geräuschlosen Zeitmessern. Und sicher war es noch lange nicht die letzte Uhr, die bei Domschke im Haus das Licht der Sonne erblickt.


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