

Der hermann ist seit fast drei Jahrzehnten ein zentrales Medium für Kultur und Veranstaltungen in der Lausitz. Welche Rolle hat ein solches Magazin für die kulturelle Identität und den Zusammenhalt in Cottbus?
Zuerst einmal herzlichen Glückwunsch. Ein Magazin hat die Möglichkeit, neben dem tagesaktuellen Geschehen, auch mal ausführlicher zu berichten. Es ist sehr wichtig in unserer Zeit, dem Engagement von Machern und Macherinnen ein Gesicht zu geben, und die Geschichten dahinter zu erzählen. Zum einen gibt dies Wertschätzung an die tollen Menschen, die was in unserer Stadt machen. Gleichzeitig ist es eine Motivation für viele, auch selbst mit dem eigenen Engagement in das Magazin zu kommen. Es ist ein ganz wichtiges Magazin für Cottbus, sowie die ganze Lausitz. Wir sind stolz, dass es dieses Magazin gibt.
Wie wichtig war Ihnen die Kultur- und Veranstaltungsszene in Cottbus, bevor SieOberbürgermeister wurden? Gibt es bestimmte Veranstaltungen oder kulturelle Angebote, die Ihnen besonders am Herzen liegen?
Ich mache es simpel: Wir Menschen sollen und wollen gut arbeiten. Dann wollen wir aber natürlich auch leben, uns begegnen, Neues und Traditionsreiches erleben. Auch als Oberbürgermeister bin ich immer wieder erstaunt, was Großartiges und Vielfältiges auf die Beine gestellt wird. Dadurch fühlt man sich mit einer Stadt verbunden und wohl. Für mich ist Cottbus Brandenburgs heimliche Kulturhauptstadt. Mit unseren wendischen Wurzeln und von der Subkultur bis zur Hochkultur. Theater, Museen, Konzerte und vieles mehr. Mitten im Strukturwandel muss ich mich auch mit etwas identifizieren. Da spielt Kultur eine ganz wichtige Rolle und ohne sie geht es nicht. Im November startet wieder das osteuropäische Filmfestival. Ich freue mich jedes Mal, wenn Leute mich fragen, wann die blaue Linie wiederkommt. Es sind Sachen, mit denen sich die Menschen identifizieren. Zudem geht es bei Kultur nicht nur um das Zusammenkommen, sondern sie hat auch einen politischen Anspruch. Es ist anstrengend, aber wichtig, immer wieder Impulse zu geben und zu diskutieren. Da ist Kultur der Ankerpunkt, der alles zusammenbringt. In diesem Wandel, in dem wir uns seit Monaten und Jahren befinden, ist die Kultur ein wichtiger Vermittler.
Das ist ein gutes Stichwort. Kultur schafft Dialog. Sowohl Europa- und Kommunalwahlen, als auch kürzlich die Landtagswahlen zeigten, dass die gesellschaftliche Spaltung nicht kleiner wird. Welche Initiativen und Ideen gibt es, die Menschen näher aneinander zu rücken?
Bei all den Überlegungen, die wir uns um den Zusammenhalt machen müssen, sollten wir auch bei allen drei Wahlen festhalten, dass wir frei und geheim wählen können. Das DDR-Regime liegt 30 Jahre zurück. Die Menschen haben für legitimierte Wahlen gekämpft. Ich freue mich deshalb sehr, dass die Wahlbeteiligung bei allen drei Wahlen dieses Jahres über 60 Prozent, bei der Landtagswahl sogar über 70 Prozent lag. Demokratie funktioniert. Was die Menschen wählen, und warum - darüber müssen wir reden. Jeder und Jede hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Das müssen wir akzeptieren. Wir haben die Pflicht, miteinander zu diskutieren. Den Anderen zuzuhören, sie ausreden zu lassen und sich auch einmal einzulassen auf die Position. Bei all dem gibt es aber auch bestimmte Spielregeln. Zum Beispiel: Die Menschenwürde ist unantastbar. Es gibt einen Punkt, an dem es zu weit geht, aus meiner Sicht. Da hat man dann auch die Pflicht, zu sagen: "Stopp. Das sind nicht meine Werte, das sind nicht unsere gemeinsamen Werte." Als Christ sage ich auch, dass wir viel öfter über das Verbindende sprechen müssen. Wir haben alle einen Anspruch, dass wir gerne sicher leben wollen. Dann müssen wir über die Ursachen reden, warum der ein oder die andere sich unsicher fühlen. Warum sind Themen wie Gewalt, Rassismus, Homophobie und vieles mehr heute noch Themen? Darüber müssen wir sprechen, aber immer an der Richtlinie des Grundgesetzes. Das ist die Grundbasis, auf der wir diskutieren können. Von mir aus auch streiten. Danach muss man allerdings auseinander gehen und verstehen, dass wir alle innerhalb derselben Stadt und Region leben. Wir haben alle denselben Anspruch auf Sicherheit.
Gibt es konkrete Maßnahmen der Stadt und Austauschplattformen, bei denen dieser Dialog stattfinden kann?
Zum einen bin ich sehr froh, dass wir Veranstalterinnen und Veranstaltern in diesem Jahr einen neuen Fördertopf von 100.000 € auf sehr unbürokratische Weise zur Verfügung stellen können. Dadurch können mehr Veranstaltungen entstehen, und damit mehr Formate des Austausches. In meiner ganzen Amtsperiode führe ich das Format "Schwatz am Gartenzaun" durch. Startend mit den neuen Straßenbahnen, die hoffentlich im Dezember als Adventsgeschenk durch die Stadt fahren, werden wir auch da ein neues Austauschformat einführen. Es gibt Ortsteilrundgänge an fast jedem Samstag. Und die Kultur hat auch mit Blick auf die Wahlen verschiedene Formate gehabt, Haltung gezeigt und Diskutanten zusammengebracht. Das sollten wir nicht nur in Wahlkampfzeiten machen. Die Menschen haben ein großes Bedürfnis, sich auszutauschen.
Die Stadtbibliothek wird 100 Jahre alt. Welche Rolle spielt die Bibliothek in der städtischen Kultur?
Ich erinnere mich, wie ich als Kind das erste Mal in Kontakt mit der Bibliothek gekommen bin. Meine Lehrerin hatte mich mitgenommen. Solche Formate, wie Schulausflüge und Hausaufgabenhilfe gibt es ja heute noch. Es ist wichtig, die Neugier und Fantasie bei den Kindern zu wecken. Es gibt Familien, bei denen zuhause nicht vorgelesen wird. An dieser Stelle möchte ich ein großes Dankeschön sagen, dass sich hier Ehrenamtler und Mitarbeitende finden, die Kindern das nahebringen. Das ist ein großer Schatz. Und unserer Stadtbibliothek und den Mitarbeitenden gelingt es zudem, die modernen Medien einzubinden und die Menschen zu schulen.
Wenn die Bibliothek ganz nach ihren Wünschen gestaltet werden könnte, wie würde sie aussehen?
Wenn ich mir was wünschen darf: Moderne Bibliotheken müssen barrierefrei sein. In allen Richtungen. Für Menschen mit Handicap. Für Menschen, die nicht gut lesen können und Sprachdefizite haben. Für Menschen, die sich weniges leisten können. Und die Bibliothek der Zukunft ist am Ende auch immer ein Ort der Begegnung.
Zum Schluss: Seit rund zwei Jahren sind sie jetzt Oberbürgermeister. Welche Ziele konnten Sie umsetzen, die Sie sich zum Anfang gesetzt haben?
Ein zentrales Ziel war es, die Kommunikation zu verbessern. Ich bemühe mich, den Bürgerinnen und Bürgern bei verschiedenen Formaten zu erklären, was wir in den Stadtverordnetenversammlungen beschließen. Ein weiteres Thema ist die Investition in die soziale Infrastruktur - also in Kitas und Schulen. Das sind unsere Gebäude, und hier müssen wir weitermachen. Das ist allerdings ein Marathon, kein Sprint. Auch im Bereich der Sicherheit haben wir Fortschritte gemacht: Wir haben Kameras installiert und werden diesen Bereich weiter ausbauen. Zudem haben wir die gemeinsamen Streifen von Polizei und Ordnungskräften erhöht. In der Personalplanung werden wir eine Einsatzgruppe aufstellen, die auch in den Abendstunden für eine stärkere Präsenz von Ordnungskräften und Polizei sorgt. Nicht zu vergessen: Wir haben den Fördertopf für die Kultur geschaffen und die Ortsteilbudgets erhöht. Dadurch können die Ortsteile selbst bestimmen, wie sie die Gelder in ihrem Bereich einsetzen möchten. In meiner Legislaturperiode ist es zudem mein Wunsch, dass alle Kinder der Stadt Cottbus in der ersten Klasse kostenfrei ein Mittagessen bekommen. Daran arbeite ich gerade. Außerdem bin ich der oberste Repräsentant dieser Stadt und dieser Region. An dieser Stelle möchte ich auch sagen: Wir müssen das Bild unserer Stadt immer mehr nach außen tragen. Von allem, was wir hier haben. Wir sind viel besser als unser Ruf. Und das wissen die Cottbuserinnen und Cottbuser auch. Bei all den Problemen, die wir haben, müssen wir oftmals viel stärker mit ausgestreckter Brust sagen, dass wir hier übrigens gerne leben. Und das nicht nur im Kreis der Familienangehörigen. Wir sind am Ende alle die Botschafter unserer Stadt und unserer Region. Also: Denkt es nicht nur, sagt es nicht nur heimlich, sondern sagt es vielleicht auch mal ein bisschen lauter. Dankeschön.