

Wo sind Ihre Glücksorte in Gorbitz? Auf diese unverhoffte Frage werden Gorbitzer am letzten September-Wochenende in einer Foto-Schau in der Clubpassage am Leutewitzer Ring 5 Antwort geben. Gestellt hat sie das Deutsche Hygienemuseum beim Westhangfest - und hier, so vor Ort gefragt, kamen tatsächlich Antworten.
Robert Lewetzky, seit anderthalb Jahren Leiter der Clubpassage Gorbitz, freut es besonders, dass die Schau "Hallo Happiness" vom Hygienemuseum nicht nur in Gorbitz gefragt hat, sondern mit dieser Stadteil-Ausstellung etwas zurückgibt. "Geschichten von hier - für hier" nennt er das und wer sollte für die Gorbitzer glaubhafter sein als andere Gorbitzer?
Eine "Stadt an der Stadt" ist Gorbitz - da ist sich Lewetzky mit Quartiersmanagerin Nicole Kreißl einig. "An der Stadt" nicht "In" wohlgemerkt, denn wer hier wohnt, muss es meistens. Wer konnte, ist oft weggezogen. Die Mittelschicht ist dem Stadtteil weitgehend abhandengekommen. Nicht erst jetzt, sondern in den letzten 20, 30 Jahren. "Am Rand sein" bedeutet am Rand der Stadtgesellschaft, die es geschafft hat, mehr denn je sozial Schwache und Migranten in Belegwohnungen zu konzentrieren. "Weil nun mal hier die Plattenbauten sind", man hört es förmlich.
Doch ganz so einfach ist das nicht. Der kluge Umgang mit diesen Gegebenheiten fehlt oft, zum Beispiel in der Schule. An Hamburgs Brennpunkt-Schulen liegt der Klassenteiler bei 14 - an Gorbitzer Schulen wie überall bei 28. Dabei wären kleinere Klassen und Assistenten wichtig, um Kindern und Jugendlichen bei einem Migrationsanteil von bis zu 50 Prozent und mehr eine Chance zu geben - und den Lehrern, die ihrerseits lieber anderswo unterrichten. Wenn eine Schule Kinder aus 35 Ländern hat, stellt das völlig andere Herausforderungen an die Lehrer als in Loschwitz oder Blasewitz.
Lehrkräfte fordern seit langem, die rasante Entmischung aufzuhalten. Schüler sollten Dresden-weit vermittelt werden. Aber es fehlen Geld und Lehrer, solche Konzepte umzusetzen. Schule ist daran nicht unbeteiligt, Eltern sind es auch nicht. So lange sich Schulen Kinder in ihrem Umkreis aussuchen können, werden ihnen bildungsstärkere Familien lieber sein. Wenn Eltern es sich leisten können, geben sie ihre Kinder lieber in eine private Kita oder eine freie Schule. Das ist menschlich, verstärkt aber den sozialen Sog an den Brennpunkten.
Einen "Masterplan" wie für Prohlis gibt es für Gorbitz nicht. Nicht weil der nicht nötig wäre, sondern weil er teuer ist. Bleibt die Hoffnung auf eine Blaupause aus Prohlis und die Einsicht, dass eigentlich jeder Stadtteil einen Masterplan bräuchte - einfach strategische Stadtplanung. Schließlich hat jeder Stadtteil "seine Probleme" - auch die Neustadt, Johannstadt, Leuben, selbst die entfernteren Orte wie das Schönfelder Hochland und Weixdorf und ganz gewiss auch die Altstadt.
Dem Wort "Masterplan" haftet stattdessen der Geruch der Bronx an. Nur wer den ausströmt, kann auf Förderung durch die Gemeinschaft hoffen. Allerdings geht es gerade darum, das schlechte Image loszuwerden, zu zeigen, was es gibt, was Menschen auf die Beine stellen, Strukturen zu ändern. Je besser das gelingt, umso größer aber ist die Gefahr, dass "Hilfen" nicht nötig scheinen. Eine Crux.
Dabei entwickelt sich tatsächlich gerade neue Stadtteilkultur, auch wenn Dresden mehr als andere aufs Zentrum fixiert ist. Stadtteilmanager sind In, aber hoffentlich nicht nur Mode. Es geht schließlich um gesunde Lebendigkeit vor Ort - nicht immer Hilfe von außen. Das findet jedenfalls Robert Lewetzky. Doch ohne einen Hauptamtlichen, ohne Förderung geht es nicht. In Zeiten von Haushaltsperre und Krise sind "Stadtteile am Tropf" wieder die Schwächsten. Was anderswo noch ausgeglichen wird, bricht hier weg.
Dass die Clubpassage als Teil der Jugendkunstschule Dresden städtisch ist, bleibt ein Glücksfall. Natürlich kann ein Clubhaus mit 80 Plätzen nicht 20.000 Gorbitzer erreichen. Aber ein Kristallisationspunkt für Neues kann die Clupassage sein, ein Ort mit Gesicht, mit Menschen, die da sind für Gorbitz.
Alle Infos für den Stadtteil online oder als Broschüre:
www.stadtteilbuero-gorbitz.de oder www.stadtteilbuero-am-koitschgraben.de