Birgit Branczeisz

Was ist uns das Essen unserer Kinder wert?

Radebeul. Die Küche im Radebeuler Mohrenhaus hat es schwer. Jeder Cent wird hier dreimal umgedreht.

Jeden Tag gut 350 Portionen auf den Tisch stellen – da wirbeln Markus Müller und Nicole Thierig schon ganz schön in der Küche. Wenn Ramona Hohenberg halbtags den Abwasch erledigt, ist alles gerade so zu schaffen – aber wenn nur einer ausfällt, heißt das Überstunden.

Hier wird nichts aus der Tüte angerührt

Die Köche vom Mohrenhaus in Radebeul tragen das mit Berufsehre und Liebe zu den Kindern. Wenn die Kleinen in die Küche winken, da schmilzt doch gleich das Herz. Hier wird nichts aus der Tüte angerührt, sondern gekocht wie bei Oma. Oder jedenfalls fast so, denn das Team vom Mohrenhaus treiben natürlich – wie viele andere im Land – die steigenden Preise um. Noch kaufen die Köche nicht nur im Großhandel, sondern auch regional und saisonal ein: in der Gärtnerei Kießlich an der Mittleren Bergstraße und im Hofladen Findeisen in Radebeul-Ost. So soll es ja eigentlich auch sein.

Doch ob das noch lange gut geht, da wagt Reingard Piel, Geschäftsführerin vom Kinderschutzbund Radebeul-Ost, keine Prognose. Beim heimischen Bäcker kauft das Team schon einige Zeit nicht mehr – das ist finanziell einfach nicht drin. »Letztes Jahr haben wir schon die Preise fürs Essen erhöht. Ob wir dieses Jahr darum herumkommen? Ich glaube es fast nicht«, sagt sie. Das Mittagsessen für die Steppkes kostet jetzt 4,70 Euro, für die Kita und den Hort gibt es außerdem Frühstück und Vesper für jeweils 1,12 Euro. Das summiert sich schnell über den Monat, erst recht für mehrere Kinder.

Das Besondere beim Kinderschutzbund: Wer sich das Essen nicht leisten kann hat die Möglichkeit, beim Kinderschutzbund für ein Vierteljahr einen Antrag auf Unterstützung zu stellen. Egal ob Eltern oder Einrichtung. Ob das in Radebeul vorkommt, fragen wir, schließlich gilt die Stadt nicht gerade als bedürftig. »Das ist leider eine große Legende, dass hier alle gutsituiert sind«, sagt Reingard Piel.

Geld ist in Radebeul ein heikles Thema

Im Gegenteil: Während in Radeburg, wo der Träger ebenfalls Kindereinrichtungen unterhält, eher offen mit so etwas umgegangen wird, ist Bedürftigkeit unter Radebeulern ein gemiedenes Thema. Man will schließlich dazugehören. Für die Kindereinrichtungen und deren Träger bleibt also der tägliche Spagat, was man den Eltern gerade noch zumuten kann und was betriebswirtschaftlich überhaupt noch funktioniert.

Im Zweifelsfall wird genau da gespart, was angeblich das große Ziel der Politik ist: Gesund essen, frisch kochen, regional und saisonal einkaufen – frei von Pestiziden, ohne einen Haufen Zusatzstoffe, die nur krank machen und Produkte, die viel zu lange Wege hinter sich haben und mitunter von fragwürdiger Herkunft sind. Gesellschaftlich sieht Reingard Piel das Thema »Essen für unsere Kinder« am Scheideweg. Entweder es gibt irgendwann Zuschüsse, dann natürlich für alle – oder das tägliche Mittagessen wird für viele wirklich unerschwinglich.

Mehr Infos unter: www.dksb-radebeul.de

 


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