Birgit Branczeisz

Reparatur-Saison auf der Werft

Dresden-Laubegast. Es ist die schönste Zeit des Jahres auf dem historischen Areal - doch von Reparaturen allein kann eine Werft nicht leben.

Sven Spielvogel wartet auf die ersten Schiffe in dieser Reparatur-Saison.

Sven Spielvogel wartet auf die ersten Schiffe in dieser Reparatur-Saison.

Bild: Branczeisz

Sven Spielvogel zeigt auf Hubwagen, Schienen, Böcke und Hölzer. Was hier noch verwaist wirkt, wird in den nächsten Tagen zu einem lebendigen Bild. Schiffe werden hochgezogen, Böcke und Hölzer unter Bug und Heck geschoben, Schiffsbauer werkeln. Wer Glück hat, sieht historische Dampfer, Fähren der Verkehrsbetriebe, Boote von Bundesgrenzschutz und Wasserschutzpolizei. Die Reparatursaison beginnt und damit eine der schönsten Jahreszeiten auf der Laubegaster Werft.

Auch für Sven Spielvogel, der gern Schiffseigner geworden wäre, als 2020 ein neuer Investor für die Dresdner Flotte gesucht wurde. Das hat nicht geklappt - aber mit seinem Geschäftspartner Rico Richert ist er seit 2019 Werft-Eigner - ein mindestens ebenso riskantes Geschäft. 3,5 Hektar Werftareal, die es krisenfest zu entwickeln gilt und das in der heutigen Wirtschaftslage. Ein Areal, das einst fast allein von der Sächsischen Dampfschifffahrt hat Hauptmieter genutzt wurde und nach deren Insolvenz im Jahr 2020 inzwischen schon 30 Mieter hat. "Natürlich sind Schiffe und Schiffsbau immer noch das Prägende dieses Ortes", sagt Spielvogel.

Die Weiße Flotte Sachsen GmbH nutzt die Anlagen für ihre 9 historischen Dampfer, von denen die "Diesbar" die älteste ist und noch in Blasewitz gebaut wurde. Aber von Reparaturen allein kann eine Werft nicht leben und gebaut wird schon lange kein Schiff mehr. Die Werft selbst ist zum historischen Kleinod geworden. Auf dem historischen "Schnürboden", wo mit Schnüren maßstabsgerechte Schiffsmaße abgenommen wurden, ist eine Event-Location im Loft-Ambiente entstanden entstanden.

Eine Tanzschule hat sich angesiedelt, Musiker, eine Firma für Fahrzeug-Filter, eine Kaffee-Rösterei, Fahrzeuge und Boote kommen unter. Am Elbufer der Werft probiert sich eine Pop-Up-Lounge. Auch das ist eine Besonderheit: Die Werft ist vielleicht das Grundstück in Dresden, um das der Elbradweg herumführt: 800 Meter privates Elbufer, unverbaut, mit Blick auf Maria am Wasser, Pillnitz, bis nach Königstein. Genau diesen einmaligen Blick könnten Besucher irgendwann einmal von einer ganz anderen Art "Schiff" haben: einem zweistöckigen Neubau in Form eine halben "U".

Der moderne Bau würde eine der drei uralten Linden umschließen - die als Relikte von der alten Hauptstraße von Laubegast nach Kleinzschachwitz künden, als es hier noch keine Werft gab. In einem Ideenwettbewerb hat dieser Entwurf von "Barcode Architekt" aus Rotterdam überzeugt. Labore und Werksräume für die TU Dresden könnten entstehen und oben eine völlig neue Location mit atemberaubenden Blick gen Pillnitz oder zum Fernsehturm. Doch wann dieses "Schiff" kommt, da will sich Sven Spielvogel derzeit nicht festlegen. "Bauen ist grad viel zu teuer, viel zu schwierig", sagt er. Aber die Vision steht.

Diversifizieren, aktualisieren, alles behutsam und schrittweise, so beschreibt er den Umgang mit dem einzigartigen Areal. So malerisch wie heute war der Ausblick im Übrigen vor 120 Jahren nicht, erzählt Spielvogel. "Da war das hier alles Wirtschaftsufer. Aus Böhmen kam Holz, das hier überall an den Ufern gesägt wurde, romantisch war da nichts", lacht er. Die Werften lagen noch mitten in der Stadt, am Terrassenufer auf Neustädter Seite - später in Höhe des Blauen Wunders. Erst als die Brücke gebaut wurde, musste die Werft erneut weichen und zog nach Laubegast. Diesmal soll der Erhalt der historischen Werft gelingen.


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