

Eigentlich gibt es sie nicht – die Mitte von Radebeul, besser gesagt kein Zentrum. Radebeul und Kötzschenbroda, die 1935 zusammenkamen, sind zusammengewachsen wie auf einer Perlenschnur. Bereits 1924 konnten beide Orte für sich den Status »Stadt« reklamieren. Natürlich gab es Eingemeindungen und bei beiden ging die Entwicklung von den Bahnhöfen aus: Radebeul-Ost und Kötzschenbroda.
In der Mitte liegt der Bahnhof Weintraube – zwar erneuert und funktional, aber ohne repräsentative Anbindung an die Stadt. Aufhalten wird man sich in dieser Umgebung eher nicht. Das will Radebeul jetzt ändern. Der Erste Bürgermeister Dr. Jörg Müller präsentierte den Stadträten unlängst die Ambitionen der Stadt. Die Ursprünge liegen schon im Stadtleitbild von 2002.
Der Fokus liegt seitdem auf einem grünen, kulturell-sportlichen Zentrum – als Juwel der Stadtgesellschaft zwischen den Geschäftszentren Ost und West. Die Stadtväter haben ihre Idee langfristig vorbereitet. Grundstücke wurden angekauft, wenn es sich ergab. Sie wurde liegengelassen, ein Teil blieb kleiner Gewerbehof. »Mit dem Kauf des Pharmagebäudes hatte Radebeul so viel zusammen, dass wir gesagt haben – gut, bringen wir es auf den Punkt in einem städtebaulichen Rahmenplan«, sagt Dr. Müller. Bislang war die Stadt in Ost und West auch voll mit ihren Sanierungsgebieten beschäftigt, planerisch und finanziell, gibt er zu.
Auch die neue Mitte geht vom Bahnhof aus: Der S-Bahnhof wird zum Knotenpunkt, Teil des Eingangs in das gesamte Quartier, zur Verbindungsachse, die Radebeul in den Grünzug mit seinen Sportanlagen und Schulen hineinlegt. Von hier führt ein Fuß- und Radweg die Menschen endlich weg von der Meißner Straße, in die Bernhard-Voss-Straße und weiter nach Kötzschenbroda, nach Coswig sowie auf der anderen Seite über die Steinbachstraße, Pestalozzistraße nach Radebeul-Ost – das ist dann auch eine durchgängige Verbindung zu den Schul-Standorten. Ein Fuß- Radweg, der auf der Meißner Straße so nicht zu machen wäre. Das ist einer der großen stadtplanerischen Effekte.
Ein Zweiter: An der neuen Grün-Achse reiht sich ein Highlight an das andere – wie das Krokofit – auch wenn der Umbau der Schwimmhalle ein Extraposten ist. Aufhorchen lässt auch der Umbau eines Industriegebäudes zum Haus der Geschichte & Kultur. Bislang ist das Stadtarchiv in Mietobjekten untergebracht. Auch der Fundus der Städtischen Kunstsammlung ruht dann nicht länger im Magazin, sondern kann in Ausstellungen auch bewundert werden. Das neue Bettenhaus mit 83 Plätzen für die Jugendherberge ist ein weiteres Kernelement. Die neue Mitte lädt zum Verweilen: Es entstehen ein Kleinspielfeld, Flächen für Beachvolleyball, Pump-Track-Parcour und Geräte für Senioren – eingebettet im Grünen. Es soll Anlagen für Speerwurf, Diskus und Hammerwurf geben.
Radebeul hat seinen Antrag auf Städtebauförderung eingereicht. Kosten: 15 Millionen. Ein Drittel trägt die Stadt, eines das Land, eines der Bund. Nun ist Warten bis Herbst angesagt. »Wir sind froher Erwartung«, sagt Dr. Müller optimistisch. Wo begonnen wird? Da wird der Stadtrat ein Wort mitreden – aber wichtig ist natürlich die Erschließungsachse. »Denn was nutzt es uns, wenn wir ein Kleinspielfeld bauen und keiner kommt hin«, so Müller. Etwa einen Kilometer lang wird die neue Grün-Achse, das Areal, das es zu gestalten gilt umfasst 10,4 Hektar. Ein echtes Juwel an einer Perlenkette eben.