

Das Dresdner Verkehrsmuseum wird mit dieser Ausstellung wohl von zahlreichen Besuchern geentert. "Piraten" heißt sie und ist keineswegs nur ein emotionaler Enterhaken, sondern befasst sich detailreich, witzig und intelligent mit der Welt von Jack Sparrow und Co. Moment mal! Was ist nun Fiktion, was Wirklichkeit? Wer waren die Freibeuter der Meere? Wie lebten sie? Welche Geschichten sind überliefert?
Dresden hat seinen Pirat
Ein unscheinbares Buch von 1724 liefert erste Zeugnisse: "Geschichte der Piraten", wahrscheinlich von Daniel Defoe. Überhaupt haben die Macher der Schau bemerkenswerte Exponate zusammengetragen - etwa eine Erstausgabe des autobiografischen Buches von Felix von Luckner, der im ersten Weltkrieg als Offizier mit dem Segler Seeadler 16 Schiffe Kaperfahrten aufbrachte. Unter norwegischer Flagge, was ihn als Offizier umstritten macht.
Die Ausgabe ist ein Zufallsfund aus Berlin und stammt aus einem Blasewitzer Antiquariat (1951). Denn tatsächlich war Luckner ein Dresdner Pirat, geboren in Altfranken. Auch bemerkenswert: eine der letzten beiden echten Piratenflaggen - weltweit. Überhaupt erstmals zu sehen ist eine unförmige, achteckige Silbermünze von der Silberflotte der Spanier. Das Schiff sank 1622 und ruhte 400 Jahre auf dem Meeresboden. Entdeckt wurde sie 1984 von einem Amerikaner und ist eine Leihgabe eines ungenannten Sammlers.
Denn, wie sagt Museumsdirektor Dr. Michael Vogt so schön: "Wir träumen doch alle von Schätzen!" Dass das für Piraten meistens eingelegte Heringe, Werkzeuge und Kleidung waren, soll der Fantasie keinen Abbruch tun. Jeder hat eigene Bilder im Kopf, wenn er das Wort "Piraten" hört. Oberflächlich ist die Schau dennoch nicht. Wie wäre ich als Kapitän? Wie würde ich die Beute teilen? Knifflige Fragen, die sich Familien, aber auch Erwachsene in interaktiven Spielen beantworten können.
Überhaupt ist die Präsentation durch Hörgeschichten, Stummfilme, interaktive Wände, Computerspiele, Comics und Bücher so abwechslungsreich, der Aha-Effekt oft so erhellend, dass diese Sonderschau alles hat, um als Dauerausstellung bis 5. Januar 2025 im Haus zu bleiben. Die Museumswerkstatt hat beherzt und erfrischend gewerkelt - die Mitmachstationen, wie das Ruderboot, das nur im harmonischen Takt der Ruderblätter beim Segler ankommt, sorgt für Freude.
Doch wer waren sie denn nun, diese Piraten? Draufgänger, Geächtete, Halunken. Solche die auch Republiken in Übersee gründeten, während in Europa Könige herrschten. Die Hafenstadt Nassau auf den Bahamas und die Piraten-Kolonie Libertaria auf Madagaskar werden vorgestellt. Vieles bleibt im Reich der Legenden. Genau das macht den Mythos wohl auch aus. Fakt ist, Francis Drake erfand das Geschäftsmodell der Piraterie für seine englische Königin Elizabeth - und bewies damit hervorragenden Geschäftssinn.
Viele machten es nach. Es gab diejenigen, die schon zu Lebzeiten an ihrem Image arbeiteten - an der Social Media-Station erleben wir Käpt'n Black Beard, den am meisten abgebildeten Seeräuber, mit brennenden Lunten im Bart. Selbst KI bestätigt: Ein echter Influencer-Typ! Henry Every gebührt die Ehre, dass sein Konterfei das erste "internationale" Fahndungsplakat ziert - das war 1696. Immerhin hat er es mit dieser Berühmtheit zur Anime-Figur geschafft.
Woodes Rogers wurde dagegen erst berühmt, als er zum Piraten-Jäger wurde. Noch bis in die 1950er Jahre stand auf den Geldscheinen Bahamas sein Motto: "Piraten vertrieben - Handel wieder hergestellt". Sie alle toppt wohl nur die Chinesin Zheng Yisao - eine Prostituierte, die einen Käpt'n der Branche heiratete und als der verstarb dessen Geschäft übernahm. 1.000 Schiffe mit bis zu 100.000 Männern und Frauen befehligte sie und wurde so mächtig, dass sie nicht nur die kaiserliche Flotte besiegte, sondern ihre sagenhaften Schätze behalten durfte, als sie sich auf Bitten des Kaisers "zur Ruhe" setzte.
Mit dem Geld eröffnete sie Spielkasinos. Walt Disney Kasinos haben noch heute Jetons mit ihrem Bildnis.
Julius Cäsar als Geisel nervig
Das berühmteste Opfer der Piraten war übrigens kein Geringerer als Julius Cäsar - 75 v. Chr. wurde er auf Studienreise nach Rhodos entführt. Er sei die "unangenehmste Geisel, die man sich vorstellen könne", berichtet Plutarch. Er nervte, weil das Essen nicht schmeckte und fand überhaupt das Lösegeld viel zu gering.
Er selbst setzte es ordentlich hoch, wie es seiner Person gebühre. Später hat er die Piraten gejagt und gekreuzigt. Das hätte er als Senator nicht gedurft, doch wer Kaiser wird, hat im Nachhinein sowieso Recht. Fazit: Der Mythos des Piraten lebt in uns. Ob bei der Fahne der Fußballer von St. Pauli, Biermarken, der Piratenpartei, der Umweltorganisation Sea Shepherd oder bei Apple seit Steve Jobs 1983 die Piratenflagge auf dem Firmengebäude hisste und plakatierte: "Seid wie die Piraten, nicht wie die Navy!" Unangepasst, ein Team, Aufrührer.