Birgit Branczeisz

Männer-Geschichte(n):  Als an der Elbe noch getreidelt wurde

Dresden-Loschwitz. In Loschwitz erinnert jetzt eine Tafel an der westlichen Friedrich-Wieck-Straße/ Ecke zum Körnergarten an die schwere Arbeit der Treidler.

Hier schlängelte sich einst an den gewundenen Ufern der Elbe der Treidelpfad entlang.  Männer, umschlungen mit schweren Hanfseilen, stemmten sich im wiegenden Rhythmus stromaufwärts gegen die Last der Segler, zogen im Gleichmaß die Kähne durch den Fluss. Ihr tiefer, monotoner Singsang ertönte und brachte sie in Gleichschritt beim Ziehen. Mit einem langen Holz hielt einer, wahrscheinlich der Jüngste im Tross, immer wieder Äste und Gesträuch ab. Denn jahrhundertelang war das Befahren von Flüssen nur mithilfe der Strömung und des Windes möglich. Wo das nicht reichte, musste der Mensch die Kähne ziehen.

Gerodet und begradigt wurde der Flusslauf der Elbe erst mit dem Aufkommen der Kettenschifffahrt. Da hatte sich die Ära der Treidler oder  Bomätscher, wie sie in Sachsen hießen, schon dem Ende geneigt. Pferde ersetzten die Kraft der Männer – spannten die Treidler zunächst heimlich die Pferde aus und hingen sich selbst ins Seil, endete der Konflikt schließlich im Treidler-Aufstand, der vom Militär niedergeschlagen wurde. Das Treideln mit Männerhand war endgültig Geschichte – eine schwere Arbeit, von der in den Elbdörfern jedoch oft ganze Familien leben mussten.

Männer werden oft als die Erfolgreichen dargestellt, doch „die Soldaten der Arbeit“ sieht man nicht, findet Sascha Möckel vom Männernetzwerk Dresden. Seit Mai 2023 hat sich ein Projekt des Netzwerkes mit dem Treidlerpfad  beschäftigt. Eine Idee, die von den Loschwitzer selbst kam.

Prof.  Winfried Himmer zum Beispiel, der  Vermessungstechnik lehrte, Dipl.-Ing. Siegfried Langner vom Ortsverein Loschwitz, der seit Jahren die Spaziergänge an der Elbe genießt. Nicht zu vergessen Michael Dilger, der sich von jeher für den Treidlerpfad einsetzt hat, früher heimlich den Schlamm wegschippte und kehrte oder Claus Barthel, der sich als Anwohner der Texttafel annahm  – sie alle haben sich um dieses „Männer-Ding“ gekümmert, wollen an eine wichtige Historie der Stadt erinnern und an Männer-Geschichte(n). Der Blickfang der Schilder ist eine Szene aus dem Treidlerbild „Die Gartenlaube“ von 1882. Ein Relief der Bomätscher ist übrigens auch unter der Albertbrücke, rechtselbisch, zu  entdecken - geschaffen wurde es von Edmund Moeller 1938.  

Der Loschwitzer Abschnitt des Treidelpfades beträgt 6,2 Kilometer vom km 49,6  an der Trille-Mündung bis hoch nach Pillnitz an der Fähre.  „Wir berufen uns auf das ursprüngliche Kartenmaterial“, sagt Siegfried Langner. Der Pfad auf der Dammkrone, der im Andenken an die Männer an der Elbe und ihre schwere Arbeit, heute zuweilen „Treidelpfad“ heißt, war nämlich nie Treidelweg – der verlief immer unten  am Wasser.  

Das Erinnern erfolgt nun in Form von Informationstafeln und Sandsteinen, die in den ehemaligen Elbdörfern Loschwitz, Wachwitz, Niederpoyritz, Hosterwitz und Pillnitz aufgestellt werden. Der große Wunsch wäre natürlich den Treidelpfad bis Pillnitz als touristisches Kleinod freizulegen und auch zu pflegen. Denn das Treideln gehört zu den Geschichten aus dieser Stadt wie die Elbe selbst.

Dass ein erster Abschnitt geschafft ist, war allerdings schon mühsam und ließ sich nur mit Mitteln des Stadtbezirks Loschwitz bewerkstelligen. Christian Barth, Stadtbezirksamtsleiter Blasewitz/Loschwitz gab den Dank von Jens Geithner vom Männernetzwerk für die Unterstützung gern zurück – für ein kleines, feines Projekt, das unbedingt zu Loschwitz gehört, wie er sagt.

 

Die Projektgruppe „Treidelpfad“ trifft sich in der Regel jeden ersten Dienstag im Monat um 11 Uhr im Elbhangtreff Niederpoyritz, Plantagenweg 3. Jeder Interessierte ist herzlich willkommen.

Andere Projekte für Jungs und  Männer hier:  www.mnw-dd.de

 


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