Birgit Branczeisz

Initiative stellt Pläne für neue Carolabrücke vor

Dresden. Eine Initiative Dresdner Bürger will die neue Carolabrücke in historischer Anlehnung. Das würde auch völlig neue Stadtquartiere ermöglichen.

Bertrand Zunker ist wie die Jungfrau zum Kind gekommen.  Er arbeitet im Marketing, hat sich aber schon immer für Architektur interessiert, liest in Foren, diskutiert mit anderen übers Stadtleben in seiner Heimatstadt Dresden. Der Einsturz der Carolabrücke hat ihn wachgerüttelt. Denn eine neue Carolabrücke nach sozialistischem Monumentalbild kann er sich nicht vorstellen. Wenn man die Carolabrücke schon neu aufbauen muss, dann sollte die Stadt doch unbedingt die historische Chance ergreifen, der Betonmächtigkeit zu entfliehen und das Stadtbild neu zu ordnen, besonders den Rathenauplatz. Als Mann fürs Marketing hat er sich mit gut 25 anderen Dresdnerinnen und Dresdnern zusammengetan und wird am Montag offiziell die »Initiative Carolabrücke« gründen. 

Vorstellen wird man sich an genau jenem kritischen Punkt – dem Rathenauplatz zwischen den Figuren »Elbe in Ruhe« und »Bewegte Elbe«. Sieben Ziele werden es sein, die der Stadt übergeben werden. Keine Spinnereien und Schnörkel, sondern ein modernes, nachhaltiges und kleinteiligeres Ambiente ist das Ziel. »Es gibt seit Langem Menschen, die sich damit befassen, wie dieser Ort lebenswerter werden kann. Der Informatiker Jens Schuppe hat zum Beispiel eine aufwendige digitale Visualisierung erstellt, wie das aussehen könnte«, erzählt Bertrand Zunker. Der Entwurf des Informatikers orientiert sich am alten Stadtgrundriss, der tatsächlich noch nicht verbaut ist.

Man könnte den Kaitzbach wieder freilegen, die St. Petersburger Straße mühelos umgestalten, den Rathenauplatz kleinteiliger anbinden, mit echter Qualität zum Aufhalten, so Zunker. »Wer geht denn heute auf dem Rathenauplatz spazieren?!«, fragt er rhethorisch, wohlwissend, dass auf diese Idee niemand käme. Wer hier passiert, hat es eilig. Dass sich das ändern muss, mit dieser Ansicht ist die Initiative nicht alleine. Das hat auch Baubürgermeister Stefan Kühn betont. Auch Torsten Kulke, Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft Historischer Neumarkt Dresden e.V., fordert einen umsetzungsoffenen     Wettbewerb für eine neue Carolabrücke – und nicht nur einen Alibi-Wettbewerb, bei dem es nur noch um ein paar Ausführungsfragen geht. Das erfordert aus seiner Sicht freilich eine Notbrücke, um die Zeit im wahrsten Sinne des Wortes zu überbrücken.

Das Geld dafür sieht die Stadt allerdings nicht auftreibbar. Bereits die Finanzierung einer Bestandsbrücke ist derzeit eine ungelöste Frage. Doch genau weil das ohnehin der Fall ist, sollte Dresden gut überlegen, ob es die historische Chance jetzt nutzt oder nur eine neue Notlösung schafft. Es muss eine wirkliche WAHL der Dresdner und Dresdnerinnen geben, ähnlich wie in der Schweiz, fordert Torsten Kulke. Dabei geht es nicht um Schwärmerei für eine vergangene Epoche, sondern um die große Gelegenheit, den Verkehr stärker aus der Inenstadt heraus zu bekommen, den Menschen diesen wichtigen Ort zurückzugeben und viel neue Fläche zu gewinnen, die jetzt noch durch die Wuchtigkeit der sozialistischen Stadtarchitektur verbaut ist. Darum geht es im Kern. Gerade die beiden Figuren  »Elbe in Ruhe« und »Bewegte Elbe« stehen heute heute sinnbildlich verloren und wie fehl am Platz vor der alten Carolabrücke. Sie zählen zu den letzten erhaltenen Fragmenten der historischen Bogenbrücke. Nicht anders der Rathenauplatz – der reiht sich in eine ganze Kette von Plätzen in der Dresdner Innenstadt ein, welche durch die Stadtplanung der 1960er-Jahre heute brachliegen. Nur eine Neuplanung der Brücke aktiviert das Potenzial dieser kostbaren Innenstadtflächen.

Dies ist eine einmalige Chance, wie es sie in Deutschland kein zweites Mal geben dürfte. Dass das viele Dresdner offenbar genauso sehen, zeigt sich darin, dass die Mitstreiter der Initiative in den letzten Wochen bereits intensiv an Lösungsansätzen gearbeitet haben und jetzt von sich aus Vorschläge zum Thema Öffentlichkeitsbeteiligung, Behelfsbrücke, zur Finanzierung, zur Architektur und zum Städtebau machen werden. Am 29. Januar, 16 Uhr, wird der Petitionsausschuss des Dresdner Stadtrates einen Beschluss zur Petition von Philipp Bammes fassen, wo es genau um diese Initiative geht. Die Sitzung ist öffentlich. Die Petition hatte in wenigen Tagen über 8.400 Unterstützer für eine Prüfung des Wiederaufbaus nach dem historischen Erscheinungsbild von 1895 mobilisiert. Die Initiatoren von den zwei Petitionen, Philipp Bammes und Lennart Rademacher, sind Mitstreiter der Initiative.

 

 


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