Heimplatz unbezahlbar?
Dresden. Nicht erst seit die Energiekosten in die Höhe schießen, sondern bereits als die Ankündigung der Politik kam, Pflegekräfte endlich tariflich zu bezahlen, begann für die Schwächsten der Gesellschaft eine Preisspirale wie nie in den letzten Jahren. Denn wer im Pflegeheim wohnt, soll all diese Kosten mitfinanzieren. Das Sozialamt zahlt für die reine Pflege, wenn es nicht mehr geht – aber die sogenannten Investitionskosten der Altenheime und die Personalkosten sollen die Bewohner stemmen – oder ihre Angehörigen. Aber ist das wirklich so? Der 35. Pflegestammtisch, der am Mittwoch an der Kreuzkirche nach drei Jahren Zwangspause endlich wieder tagte, wollte darauf Antworten geben, beruhigen, manches geraderücken. Gelingen konnte das dem Pflegenetz Dresden nur bedingt, das war auch Moderatorin Grit Hammer völlig klar, denn die Entwicklungen sind einfach zu rasant.
Kann der Heimplatz gekündigt werden?
Christine Friedrich, Sachgebietsleiterin Leistungsgewährung SGB XII innerhalb von Einrichtungen im Dresdner Sozialamt, sprach über Sozialleistungen für den Heimplatz und Unterhaltsansprüche gegen Angehörige – Leistungen, die schon regulär eingepreist werden und längst nicht mehr Nothilfe sind. Schon das ist bedenklich und zeigt die Schieflage der gesamten Finanzierungsstruktur. Oma und Opa hilft das nicht. Was erleben sie derzeit?
Kann es tatsächlich passieren, dass ihnen der Heimplatz gekündigt wird, weil die Differenz zwischen reiner Pflege und Pflege plus Investitionskosten auch mit Sozialhilfe nicht gedeckt ist? Christine Friedrich kennt das Problem, hat aber noch von keinem Fall gehört, wo gekündigt wurde. Immerhin, auch das gibt sie zu, haben die Heimbewohner einen privatrechtlichen Vertrag mit dem Altenheim. Da ist das Sozialamt außen vor. Abmildern sollte man das Kostenproblem immer damit, sofort auch einen Antrag auf Wohngeld für den Heimplatz zu stellen. Denn ja, das Sozialamt zahlt nur zur Pflege dazu.
Apropos Sozialhilfe. Ein Antrag wird oft erst nach etlichen Monaten entschieden. Sind Rente und Erspartes in der Zwischenzeit aufgebraucht, bekommt das Heim in der Zeit nichts. Zwar zahlt das Sozialamt rückwirkend, aber Angehörige sollten an dieser Stelle nicht einspringen und die kompletten Kosten übernehmen, rät Christine Friedrich. Denn sollte der Heimbewohner versterben, wird das nicht zurückerstattet. Es nützt auch nichts, den Antrag auf Sozialhilfe früher – sozusagen vorsorglich – zu stellen. Erst wenn das Geld aufgebraucht ist, wird im Amt gerechnet. Eine makabre Situation für betagte Eltern und ihre Kinder. Letztere sollten übrigens mit der Freude über das geschenkte Häuschen oder Erspartes von Oma und Opa lieber zehn Jahre warten. Denn so lange kann das Sozialamt anklopfen und das Geschenk zurückfordern. Heißt das, eine junge Familie müsste gegebenenfalls aus Omas Häuschen wieder ausziehen und es für Omas Pflege verkaufen? Die Antwort ist Ja. Oder die Familie müsste einen Kredit in Höhe der auflaufenden Sozialamtszuschüsse aufnehmen.
Kinder müssen nicht immer Heimplatz zahlen
Zumindest mit einer großen Angst konnte aufgeräumt werden: Kinder müssen nicht um jeden Preis für den Heimplatz zahlen. 100.000 Euro Brutto Jahreseinkommen ist die Grenze, ab der Kinder unterhaltsfähig werden, wie es so schön heißt. Allen Beteiligten war damit klar – Sozialhilfe wird irgendwie der neue Regelfall.
Am Ende des 35. Pflegestammtisches bleiben viele Fragen, grundsätzliche und zutiefst persönliche – und die ganz banale Frage: Was bleibt einem Heimbewohner monatlich überhaupt im eigenen Portmonee? Das ist glasklar geregelt: 121,23 Taschengeld plus 30 Euro Bekleidungsbeihilfe.
Daten und Kontakt:
Beispiele und Daten: www.dresden.de/pflegestammtisch
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