Feierlust in Dresden
Sachsen galt vom Mittelalter bis zum Siebenjährigen Krieg als das wohlhabendste Land im Deutschen Reich. Der Silberreichtum im Erzgebirge, die fruchtbaren Böden und der Handel ließen die Kassen sprudeln. Gerade in der Residenzstadt Dresden spiegelte sich der Wohlstand in einer ausgeprägten Festkultur wieder. So gehört die Sächsische Staatskapelle zu den ältesten Klangkörpern überhaupt. Als Höhepunkt aber muss das Augusteische Zeitalter gelten: Vater August der Starke organisierte 1719 die Kurprinzenhochzeit seines Sohnes mit der Kaisertochter Maria Josepha. Mit 20 Millionen Talern ließ sich der Kurfürst die sechswöchige Party knapp das Dreifache eines preußischen Staatsetats kosten.
Dreihundert Jahre später begingen Barockenthusiasten 2019 ein Revival des Events in Dresden. Dabei zeigte sich, dass barocker Glanz weit über Prachtbauten und Kunstschätze hinausgeht. Die Lust am Pomp begeisterte viele Dresdner, unter ihnen der Touristiker Christoph Münch. Er begann daraufhin in der Geschichte zu kramen und stieß im Sächsischen Hauptstaatsarchiv auf die Gestalt des Kurfürsten Johann Georg I., der Lustbarkeiten sehr zugeneigt war. Eine Kavalierstour führte den Prinzen 1601-1602 nach Italien, wo er in Venedig das ausgelassene Karnevalstreiben erlebte. Im Jahr 1609 zeugen die Dresdner Annalen von der „darob angestelleten Fasnacht, und dabey vorgegangenen Chürfürstl. und fürstlichen Zusammenkunft allenthalben gehalten werden.“
Der an Venedig erinnernde Karneval wird seitdem in Dresden auf unterschiedliche Weise begangen. Der Februar 1722 sah den Zwinger zum Abschluss des Karnevals als Schauplatz für einen festlichen Aufzug mit Pferderennen. Natürlich mittendrin: August der Starke. Der spätere sächsische Hofmaler Johann Alexander Thiele hielt dieses “Caroussel Comique” in zwei seiner frühen Gemälde fest. Jahrhunderte später führten um 1910 Faschingsumzüge durch die Prager Straße. Pikantes Detail: Traditionell führten die Dresdner Huren Umzug an. Zu DDR-Zeiten lebten Studenten bei Faschingsfeiern an Dresdens Hochschulen und der Technischen Universität ihre Feierlust aus. 1985 übertraf der Sechsteiler “Sachsens Glanz und Preußens Gloria” mit seiner opulenten Ausstattung alle bisherigen DEFA-Produktionen. Seine überraschend positive Sicht des feudalen Lebens belebte das Interesse an der höfischen barocken Kultur in Dresden.
Doch zurück in die Gegenwart. Nach dem Spektakel zum dreihundertsten Jahrestag der Kurprinzenhochzeit 2019 sammelte der Dresdner Barockenthusiast Bernd Hoffmann interessierte Mitstreiter um sich. Drei Jahre gingen ins Land, da belebten Menschen mit Lust an der barocken Verkleidung Dresdens Neumarkt mit einem „Elbvenezianischen Karneval“. Die originalgetreuen Barockgewänder sorgten bei strahlendem Sonnenschein am 27. Februar 2022 für Aufsehen unter Mitbürgern und Touristen. Die farbfreudigen Kostüme waren zuvor in mehrwöchentlicher Arbeit in Dresdner Schneiderwerkstätten entstanden.
2025 begehen die Barockenthusiasten vom 28. Februar bis zum 2. März bereits die vierte Auflage des Elbvenezianischen Karnevals mit einem aufgefächerten Programm. Den Auftakt bildet ein festliches Diner in barocker Robe im Dresden Hilton. Plätze für den 28. Februar können im Hotel unter dem Stichwort „Carneval“ gebucht werden.
Eine Promenade führt die Barockenthusiasten am Sonnabend, den 1. März in venezianischen Masken und Roben durch die barocke Altstadt. Zum Programm gehören Tanzeinlagen und der Besuch des Restaurants Anna im Residenzschloss. Optischer Höhepunkt ist das Flanieren durch die Paraderäume August des Starken im Schloss. Im Kügelgenhaus lädt die Dresdner Historikerin Dr. Uta Dorothea Sauer 17 Uhr zum Vortrag “Tanzende Masken” ein. Im Mittelpunkt stehen dabei die Fastnachtsrituale der Wettiner. Der Tag klingt mit einem festlichen Buffet und Tanz im barocken Kanzleihaus aus, welches heute zum Hotel Bellevue gehört.
Am Sonntag, 2. März findet der Elbvenezianische Karneval 2025 in Dresden schließlich seinen Abschluss. Das Travestie-Revue-Theater „Carte Blanche“ in der Neustadt führt um 14 Uhr die Show “Maskentanz” auf. Mit zahlreichen lustigen wie opulenten Referenzen schlägt das Programm den Bogen von der venezianischen Lebensfreude des Barocks bis an die Elbe. Nähere Informationen zum Elbvenezianischen Karneval finden Sie unter www.elbvenezianischercarneval.de.