Birgit Branczeisz & Jürgen Männel

Einsturz Carolabrücke - Betonfraß und Rost

Dresden. Den Einsturz an der Carolabrücke könnte jahrelange Korrosion verursacht haben. Die Sanierung wurde offensichtlich zu lange aufgeschoben.
Michael Klahre, Pressesprecher der Dresdner Feuerwehr, berichtet, wie die Kameraden den Brückeneinsturz erlebten.

Michael Klahre, Pressesprecher der Dresdner Feuerwehr, berichtet, wie die Kameraden den Brückeneinsturz erlebten.

Bild: Jürgen Männel

Um 3.08 Uhr wurde die Dresdner Feuerwehr am Mittwochmorgen alarmiert - an der Carolabrücke habe es einen Einsturz gegeben, hieß es. Die Feuerwehrleute konnten es gar nicht fassen. Als die Rettungskräfte eintrafen, bemerkten sie einen etwa ein Meter breiten Spalt in der Brücke auf der Altstädter Seite und während die Kameraden den Schaden noch begutachteten, gab es einen lauten Knall - zwei große Fernwärmeleitungen waren geborsten und es strömten tausende von Litern heißes, dampfendes Wasser über das Dresdner Terrassenufer. Der Brückenteil, über den sonst die Straßenbahn fährt, war einfach nicht mehr vorhanden. Der sogenannte "Zug C", eine der drei Brückenfahrbahnen, lag auf gut 100 Metern in der Elbe.

Ein riesen, riesen Glück war nur, dass in diesem Moment keine Straßenbahn und kein Fußgänger auf der Brücke waren. Wenigstens das!

Eine Katastrophe ist es für Dresden dennoch und schnell fragt jeder, wie das passieren konnte. Tatsächlich hätte der dritte Brückenarm eigentlich ab Oktober saniert werden sollen. Die beiden anderen Brückenfahrbahnen waren bereits fertig - es startete bekanntlich sogar ein erneuter Verkehrsversuch auf der mittleren Fahrbahn mit einen extra markierten Radweg. Der "Zug C" hatte in der letzten Brückenprüfung denkbar schlechte Noten erhalten, die Schäden waren gravierend und allen bekannt. Die Stadtratsunterlagen dazu sind öffentlich zugänglich. Ob die Brücke eher hätte gesperrt werden müssen, ob eine "einfache Brückenprüfung" ausreichend war, ob niemand etwas während der laufenden Bauarbeiten an den anderen Brückenzügen bemerkt hat - alle diese und viele weitere Fragen werden jetzt beantwortet werden müssen.

 

Was ist nun genau passiert?

Bei der  Pressekonferenz am Anleger 7 in Sichtweite auf das Unglück gab es die ersten Erklärungen. Vorab - auf einen terroristischen Anschlag an diesem besonderen Tag (11. September) gibt es keine Hinweise, betonte der Pressesprecher der Dresdner Polizei, Thomas Geithner. Michael Klahre, Pressesprecher der Feuerwehr, warnte alle, sich nicht in Gefahr zu begeben, denn die Lage sei hochgradig gefährlich auf, unter und neben der Brücke.

Brückenspezialist Holger Kalbe warnt eindrücklich, dass weitere Gefahr durch das Auseinanderziehen des Brückenabschnittes besteht. Denn die Auflage der beiden Enden liegt nun nur noch auf den letzten Metern. Als Ursache vermuten die Verantwortlichen, dass im Spannbeton schon seit DDR-Zeiten ein Clorideinzug stattgefunden hat. Auf gut deutsch: Hier entstand eine hochgefährliche Korrosion, Streusalz beschleunigte den Prozess, auch ein undichter Mast der Verkehrsbetriebe hat das offenbar vorangetrieben. Das machte den Spannbeton mürbe und zerstörte schließlich die Armierung und das führte letztendlich zum Bruch der Brücke.

 

Wie geht es nun weiter?

Die ersten Arbeiten betreffen unter anderem die Fahrleitungen und die Bergung der in die Elbe gestürzten Brückenteile. Eine Freigabe des Terrassenufers für den Verkehr wird frühestens nächste Woche erfolgen. Wie lange der Abriss und der Wiederaufbau dauern wird,  lässt sich nicht abschätzen. Für den auch anwesenden Geschäftsführer Stefan Bloch der Sächsischen Dampfschifffahrt ist es ein finanzielles Desaster. Die Augustusbrücke wird nicht für den Verkehr aufgemacht, sondern Umleitungen erfolgen über Albertbrücke und Marienbrücke.

Weitere Infos und Reels auch auf unserer Facebook-Seite: WochenKurier Dresden

 

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* Blitzabriss an der Carolabrücke

 


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