Dresden wird zum Präzedenzfall
Während die Bauleute »im Trüben« baggern, um noch über 1.000 Tonnen Stahlbeton von Brückenzug C aus der Elbe zu bekommen, liegt völlig im Nebel, wie eine neue Carolabrücke bezahlt werden soll. Ein Brückenzug für die Straßenbahn wäre mit 60 Prozent Förderung aufwärts weit besser zu finanzieren als eine Autospur, so Bauamtsleiter Stephan Kühn.
Er habe sich gefreut, dass ein Sonderprogramm für Großprojekte im Koalitionsvertrag vereinbart ist. Hoffentlich nicht nur für landeseigene Projekte, schiebt er nach und gibt zu bedenken, dass die dafür vorgesehenen zwölf Millionen schon für die Carola- und Nossener Brücke, die zeitgleich gebaut werden würden, nicht ausreichen – und die Summe ist für ganz Sachsen. Auch der Bund scheut vor Zusagen. Zwar kann er »Kommunen in Sondersituationen« unterstützen, doch die Sorge, dass dann die anderen Kommunen der tausend Spannbetonbrücken auch an die Tür klopfen, ist nicht von der Hand zu weisen. »Wir argumentieren, dass es einen Staatsvertrag mit Tschechien zur freien Schiffbarkeit der Elbe gibt und der kann nicht erfüllt werden«, sagt Kühn. Fakt ist, spätestens Ende Januar müssen die sächsischen Dampfschiffe zur Laubegaster Werft, wenn der TÜV nicht ablaufen soll. Im Rathaus will man deshalb technische Überfahrten oder einzelne Güterfahrten etwa für die Tanks tschechischer Brauereien oder Turbinen von Siemens genehmigen. Die großvolumigen Sondertransporte sind einfach nicht auf die Straße zu bringen. An eine reguläre Schifffahrt ist nicht zu denken – dafür muss die Fahrrinne nicht nur beräumt, sondern neu angelegt sein. Peilboote müssen sie erst vermessen, das dauert.
Dafür haben die Brückenzüge A und B bekanntlich Sensoren bekommen, Fitness-Tracker für Brücken sozusagen, die jedes Knarzen und Ächzen melden. Nur wenn vier Wochen lang nichts knackt, besteht überhaupt die Chance für solche einzelnen Durchfahrten.
Das Monitoring ist alternativlos und teuer – alleine an der Brücke Budapester Straße wird Messtechnik für 1,7 Millionen Euro verbaut. Die Brücke Budapester Straße und die Nossener Brücke sind zudem aus dem Schwerlastverkehr herausgenommen. Die Stadt will sie aber auch nur so weit ablasten, dass wenigstens die Buslinie 62 über die Budapester und die 61 über die Nossener Brücke fahren können.
Doch bevor überhaupt eine neue Carolabrücke gebaut wird, muss die alte Brücke abgerissen und klar umrissen sein, wie eine neue Brücke aussehen soll. Firmen aus dem maritimen Bereich mit Großgerät beraten den Abriss von Zug A und B. Zum Vergleich: Der Kran, der die Waldschlösschenbrücke eingehoben hat konnte 300 Tonnen heben. Wie schnell der Abriss geht, hängt also entscheidend von der Technologie ab.
Und wie soll die neue Brücke aussehen? »Es wird keine Brücke mit Pfeilern im Flusslauf geben«, sagt Kühn und beendet aus seiner Sicht damit alle Ambitionen auf eine historische Carolabrücke.
Sein Ziel: ein Ersatzneubau ohne großes Verfahren – also so, wie sie war. »Aber brauchen wir drei Brückenzüge? Ist es klug, dass sich die Brücke so breit auffächert, wenn wir die St. Petersburger schmaler machen wollen?«, fragt Kühn und Autofahrer ahnen, wohin das führen könnte. Diese Abwägung und die Wege sollen eine Vorlage beschreiben, die der Stadtrat im Januar erhält.
Immerhin geht Kühn von einem Realisierungswettbewerb aus. Aber dafür müssen die Vorgaben klar sein – und das muss der Stadtrat entscheiden.
Die Betreiber der Filmnächte arbeiten derweil an einem Flucht-Konzept für 12.000 Besucher, ohne die Wege der Carolabrücke ober- und unterhalb nutzen zu können, auch nicht für Container oder den Fahrradplatz. Auch hier sollen einzelne Transporte unter der Brücke möglich sein. Eine neue Konzession für die Filmnächte wird frühestens am 1. Januar 2029 ausgeschrieben – und »da wahrscheinlich auch noch nicht«, sagt der Baubürgermeister, »weil wir 2029 nicht fertig sein werden mit einer neuen Brücke.«