

Die Straße "Zum Tierheim" führt bald nicht mehr zum Tierheim. Jedenfalls, wenn es nach den Plänen des Freistaates geht. Peter Bartels zeigt auf die vor uns liegende Bahnlinie an der Meißner Landstraße und erklärt auf einem Spaziergang, was hier passieren soll. Er ist Ortschaftsrat in Mobschatz und seit Jahren mit dem Thema "B6-Entlastung" vertraut. Als Stadtrat hatte er die neue B6 wie viele andere vor Jahren selbst engagiert eingefordert. Denn seit die Brücke in Niederwartha gebaut wurde, damit sich der Lkw-Strom nicht mehr endlos durch Radebeul bis zur Autobahn quält, hat auch Dresden in Cossebaude, Stetzsch und Kemnitz mehr von diesem Strom abbekommen. Dresden hätte den Brückenbau damals gern verhindert, erzählt Bartels. Doch weil das nicht funktioniert hat, forderte die Landeshauptstadt vom Freistaat eine neue Entlastungsroute für ihre Orte. Die will der Freistaat nun südlich der Bahnlinie von Niederwartha bis zum Autobahnanschluss Dresden-Altstadt bauen.
Sieben Meter hohe Brücke
Unter dem Titel "B6 Verlegung in Dresden Cossebaude" steht sie im Bundesverkehrswegeplan. Allerdings ist daraus etwas ganz anderes geworden, als sich die Anwohner erhofft hatten. Auch Peter Bartels ist entsetzt und seitdem als Ortschaftsrat überall unterwegs, um die Zusagen wieder aufs Tableau zu heben, die der Freistaat gemacht hat - die aber in den aktuellen Planungsunterlagen nicht zu finden sind. Denn da ist nicht mehr die Rede davon einen Tunnel unter Bahnlinie und B6-neu zu bauen, weil der jetzige Bahnübergang geschlossen wird. Stattdessen soll am Bahn-Haltepunkt "Urnenfeld" eine Brücke für Fußgänger und Radfahrer kommen - 7 Meter hoch, mit Aufzug. Und das an der 66. Grundschule! Nicht nur das. Entlang der neuen Straßen-Trasse würde gleich eine 6 Meter hohe Lärmschutzwand errichtet. Die Wohnhäuser dort müssten nicht nur gehörig Flächen abgeben, sie werden regelrecht kaserniert. Ein Wohnhaus würde abgerissen, erzählt Peter Bartels. Er zeigt mir auf unserem 5 Kilometer langen Spaziergang, wie Mitarbeiter, Helfer und Bürger künftig zum Tierheim kommen sollen: Zu Fuß über besagte Brücke mit über 1 Kilometer Umweg oder über eine fast 6 Kilometer lange neue Straße "Am Hang", die wegen ihrer Enge bloß einspurig mit Haltebuchten ausfallen kann - und selbst das ist Naturzerstörung pur, wie sich vor Ort zeigt.
Denn momentan ist die geplante Asphaltpiste noch ein beschaulicher Wanderweg am Landschaftsschutzgebiet. Dort wo er in die bestehende Straße einmündet, fürchten die Anwohner, dass ihre Parkplätze notgedrungen verschwinden werden. Weiter vorn "Am Berg" und an der "Elbhangstraße" verraten die Namen schon, was Pendler da erwartet: über 10 Prozent Gefälle, Biegungen und Enge. Über die Kreuzung hinweg die nächste Unglaublichkeit: Die Kleingartensparte "Am Tummelsbach" - immerhin zweimal schönste Gartenanlage Dresdens - soll komplett verschwinden. Den meisten in der Nachbarsparte "Am Hang" wird es genauso ergehen, ist sich KGV-Chef Udo Seifert sicher. Den privaten Kleingärtnern, die ihre Parzellen weiter vorn auf Bahngelände haben, sowieso. "Wie man sowas heute überhaupt noch ungestraft planen kann", fragt Udo Seifert.
Viele Leute werden weder das Geld noch die Kraft haben "auf der grünen Wiese" neu anzufangen. Die Stadt hatte angekündigt die Kleingärten - insgesamt an die 100 - umzusiedeln. Wann und wohin, ist völlig unklar. Dresden ist nicht Bauherr der B6-neu, sondern der Freistaat Sachsen, doch offenbar ist selbst dem Rathaus dessen Planung zu rigoros. Der Ärger spielt sich schließlich vor Ort ab. Andererseits hat Dresden bereits mehrfach jegliche Zusatzkosten für die Stadt ablehnt. Die zweite Ankündigung der Stadt, auf der langen Umfahrung zum Tierheim einen Shuttle-Bus einrichten zu wollen, kommentiert Peter Bartels daher nur abwinkend: "Das glaub ich nicht".