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Die Trennung im verflixten siebten Jahr

Dresden. Das Interview der Woche mit Ex-Dynamo-Präsident Holger Scholze.

Holger Scholze

Holger Scholze

Bild: Schmidt

Das verflixte siebte Jahr gibt‘s nicht nur in der Ehe. Auch bei Dynamo kam es in dem zur Trennung: Präsident Holger Scholze trat von seinem Amt zurück. Was gab den Ausschlag für seine Entscheidung?

Auch wenn mir bewusst ist, dass die Anzahl der anwesenden Personen während der Mitgliederversammlung maximal nur rund drei Prozent der fast 30.000 Mitglieder repräsentierte, habe ich vor den Abstimmungsergebnissen selbstverständlich großen Respekt. Erstaunt war ich allerdings darüber, dass zu den Beschlüssen des Ehrenrates in Bezug auf die gegen mich durchgeführten Verfahren gar keine Abstimmung zustande kam. Offensichtlich hatten die Kritiker im Saal dazu keinen Mut und versuchten deshalb alles, um eine Entscheidung in der Sache zu verhindern. Dies ist ihnen augenscheinlich gelungen. Unter dem Strich werte ich die Vorkommnisse als Misstrauensvotum.

 

Trotzdem gehen Sie nicht im Groll?

Seit ich denken kann, bin auch ich wie viele hunderttausende Menschen im Dynamoland und darüber hinaus leidenschaftlicher Fan. Und daran wird sich natürlich nichts ändern. Denn die Intrigenspiele weniger Personen, die dem Verein seit Jahren extrem schaden, kann ich sehr wohl von der wahren Vereinskultur und dem außergewöhnlichen Leitbild mit den darin enthaltenen Werten, die unsere SGD auszeichnen, unterscheiden.

 

Es ist nicht alles golden, was bei den Schwarz-Gelben glänzt...

»Wir haben einen Traum.« Bedauerlicherweise ist die Realisierung desselben sehr weit von uns entfernt und wird mit großer Wahrscheinlichkeit eine Illusion bleiben, solange Kleingeistigkeit, persönliche Eitelkeiten, Wichtigtuerei, Machtbesessenheit, Selbstüberschätzung, Amtsanmaßung, Neid, Missgunst und leider oft auch mangelhafte Kompetenz und fehlender Weitblick das Vereinsleben überschatten oder sogar beherrschen. Es sind die Hauptgründe, warum Dynamo im Jahr 2024 noch immer in der dritten Liga und nicht höherklassig spielt.

 

Wie realistisch sehen Sie das?

Ich wünsche ich mir sehr, dass es der Abteilung Sport gelingt, unsere Profimannschaft derart zu stabilisieren und weiterzuentwickeln, dass ihr der Sprung in die zweite Bundesliga gelingt. Extrem wichtig wäre, sich dort fest zu etablieren, um eines Tages ernsthaft höhere Ziele ansteuern zu können. Da im Fußball alles denkbar ist, wäre zu gegebener Zeit auch das Wunder eines Aufstiegs in die erste Bundesliga möglich. Um sich dort jedoch langfristig halten zu können, müssten zuvor wesentliche Weichen gestellt werden.

 

Zum Beispiel?

Eine noch bessere Verknüpfung unserer hervorragenden Nachwuchsarbeit. Hier bin ich sehr froh, dass endlich eine »U 21«-Mannschaft zusammengestellt werden kann, die dann jedoch schnellstmöglich höhere Ligen erreichen sollte, um unseren besten Talenten eine echte Chance für ihre Weiterentwicklung innerhalb unseres Vereins bieten zu können.

 

Was muss sich im nichtsportlichen Breich tun?

Eine Modernisierung der Vereinsstruktur ist dringend erforderlich. Anstatt die wesentlichen Kompetenzen auf wenige Köpfe zu verteilen, wollen bei der SGD derzeit einfach viel zu viele Personen mitreden bzw. gefragt werden. Deshalb ist eine deutliche Reduzierung der Anzahl der Gremienvertreter für mich unabdingbar. Und dabei würde ich zuallererst natürlich die Frage stellen, ob Dynamo wirklich noch einen Präsidenten nach aktueller Fassung benötigt. Vielleicht wäre es ja denkbar, dass der Vorsitzende des Aufsichtsrates in Personalunion auch als Präsident agiert. Aber jegliche Diskussion dazu im Keim zu ersticken, ist nicht nur arrogant und fahrlässig, sondern auch töricht.

 

Wie kann man diese Veränderungen erreichen?

Von herausragender Bedeutung für die Zukunft des Vereins wäre es, die demokratischen Entscheidungsprozesse auf eine wesentlich breitere Basis zu stellen. Oft wird kritisiert, dass vor rund zehn Jahren die Möglichkeit der Briefwahl bei Mitgliederversammlungen abgeschafft wurde. Die Mitglieder haben es in der Hand, Dynamo Dresden in eine erfolgreiche Zukunft zu führen! Dafür müssten jedoch deutlich mehr als nur drei Prozent ihr Recht auf Mitbestimmung aktiv wahrnehmen


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