Die große Leidenschaft des Stollenmädchens
Von wegen Ausruhen nach Weihnachten! Für die Christstollen-Bäcker heißt es im neuen Jahr: Raus an die frische Luft zum Wandern mit dem Stollenmädchen Lorna Prenzel. Die junge Frau lacht: »Das wird gemütlich«, verspricht sie. Auf fünf Touren schickt sie Puderzuckerverliebte im Winter durchs Stollenland im Dresdner Stollenschutzgebiet. Das Besondere daran: Jeder kann diese Touren mit der Komoot-App erwandern. Dabei kommen Stollenfans natürlich an etlichen der 100 Bäckereien und Konditoreien vorbei – auf der Suche nach Puderzuckermomenten durch Hügelland und Stadtflair, mit himmlischen Aussichtspunkten und Stollen-Rast. In Dresden, Coswig, Freital, Pirna, Heidenau, Moritzburg, Radeberg, Radebeul, Weinböhla, Ottendorf-Okrilla und Radeburg ist der Stollen mit dem königlichen Goldsiegel zu Hause.
Die Touren laden mit Namen ein wie »Stollen meets Wein« durch die Radebeuler Weinberge, »Stollywood Hill« – der Dresdner Osten mit Blick bis in die Sächsische Schweiz, »Villenreicher Kern« – Altstadt, Blasewitz und Neustadt, »Der süße Süden« über panoramareiche Feldwege und »Verträumtes Märchenland« durchs Seifersdorfer Tal zum Wandern ein. Mit rund 15 Kilometern sind sie alle gut zu schaffen – Entfernungen, für die Lorna Prenzel wahrscheinlich nicht einmal die Schuhe zubindet. Denn die 22-jährige Bäckerin aus der Feinbäckerei Stefan Richter in Bühlau läuft für ihr Leben gern. Bis zu ihrem 30. Geburtstag will sie 10.000 Meilen gewandert sein. In den USA möchte sie den Trail über die Rockys wandern, in Neuseeland den Te Araroa Trail und im Kaukasus liebäugelt sie mit einem Fernweg, der gerade ausgebaut wird.
4.200 Kilometer hat sie bereits geschafft. In 160 Tagen ist sie als 20-Jährige den Pacific Crest Trail im Westen der USA gelaufen – alleine. Inspiriert hat sie der Film »Wild«, der die Erlebnisse einer jungen Frau während ihrer Weitwanderung auf dem Pacific Crest Trail erzählt. Bilder, die Gestalt annahmen. Im Frühjahr 2022 war es soweit: Von April bis Oktober konnte Lorna mit einem der 50 begehrten Langwandertickets starten. Durch die Wüste, das Hochgebirge, Nord Kalifornien, die Regionen Oregon und Washington – mit Campen mit Freien. Etwa aller sieben Tage gab es einen Town-Stop, um einzukaufen, zu duschen, Wäsche zu waschen. Getragen hat sie strikt neun Kilo. »Ich wollte aber manches dabeihaben, was nicht nötig gewesen wäre: mein kleines Schachspiel mit 120 Gramm, die Stirnlampe mit 80 Gramm, ein Schlafsack-Inlett mit 200 Gramm sowie eine Iso- und Schaumstoffmatte.« Da wurde jedes Stück im Rucksack sorgfältig abgewogen, wie die Zutaten zum Stollen in der Backstube. »Nach den ersten 700 Meilen konnte ich die Haferflocken mit Milchpulver morgens nicht mehr sehen«, gibt sie zu. Da musste sie sich halt durch die Outdoor-Produkte durchessen. Ihr Muss: Ein Kilo Gummibärchen pro Woche und jeden Abend eine heiße Schokolade für die Seele.
Sportlich hat sich Lorna nicht extra vorbereitet, sie ist Kampfsportlerin im Sportverein Take Down e.V. – als Stollenmädchen musste sie damit übrigens aussetzen, das Verletzungsrisiko wäre zu groß gewesen. Sie hat ihre Tour stattdessen durchdacht: Wo kann ich wie laufen, einkaufen, campen? »Das hat zwar Mühe gemacht, war aber gut für die innere Ruhe«, erzählt Lorna. Und sie hat sich bewusst gemacht, dass es wehtun wird, nicht immer Spaß macht, ja, was überhaupt ihre Erwartungen sind.
Sie hat Klapperschlangen getroffen und entscheiden müssen, ob sie ihr Essen im Bären-Gebiet mit ins Zelt nimmt oder hoch in einenBaum hängt. Lorna Prenzel hat sich für die Option »Zelt« entschieden. »Dann muss mich der Bär herausfordern und das ist unwahrscheinlicher«, sagt sie nüchtern.
Lorna läuft. Das hat sie mit nach Hause gebracht, IHRE Besonderheit als 30. Stollenmädchen. Und so sind mit dem Stollenschutzverband die Wandertouren entstanden, die bestimmt so manchem viel Freude machen werden.