Birgit Branczeisz

Die Augsburger wird nicht kuschlig

Dresden. Weniger Autos - dafür zwei Buslinien im Dauertakt - diese Pläne gefallen vielen Anwohnern gar nicht.

Mit 2,3 Kilometern ist die »Augsburger« eine der langen Straßen in Striesen. Eine Straße, in deren Umfeld 27.500 Menschen leben. Es gibt hier 1.400 Grundschüler, 1.800 Kitaplätze, 3.000 Schüler an Oberschulen und Gymnasien, die Uniklinik und jede Menge Autos. Nun soll sie saniert werden. Dass Autos ein Stück weit aus dem neuen Straßenbild verschwinden sollen, hat sich längst herumgesprochen.

 

Stadt zählte sogar nachts

Da Parken in Dresden eine knifflige Sache ist, war der Plenarsaal des Rathauses so voll, als die Stadt ihre Umbaupläne für die Augsburger Straße jetzt vorstellte, dass sie für die Bürger die Empore freigeben musste. Stadtbezirksamtsleiter Christian Barth outete sich in der Anmoderation als jemand, der gern Auto fährt und noch lieber Motorrad und doch müsste jeder in sich gehen, wie eine lebens- und liebenswerte Straße künftig aussehen soll, ob man wirklich das zweite Auto brauche und man müsse sorgsam die Interessen aller abwägen.

Wie ist die Stadt nun an das Thema herangegangen? Sie hat gerechnet. In einem 300-Meter-Radius hat sie 3.770 Parkplätze gezählt – 2.220 davon öffentliche Stellplätze, die anderen private. Weil die Stadt wissen wollte, wie viele Parkflächen von Anliegern belegt sind, hat sie nachts die öffentlichen Parkplätze gezählt. Ergebnis: 1.480. Dem gegenüber stehen 3.370 angemeldete Bewohner-Pkw. Nur 186 Parkplätze liegen direkt an der Augsburger. Auf der neuen Augsburger sollen 141 zwischen Blasewitzer Straße und Barbarossaplatz wegfallen.

Die Idee: Wenn nur die Anwohner mit dem Konzept »Bewohner-Parken« ihre Autos im Quartier rund um die Augsburger abstellen dürfen, bleibt ein Plus von 400 Parkplätzen. Nicht jeder hat übrigens ein Dresdner Kennzeichen, falls jemand daran „Fremde“ erkennen will: gut 20 Prozent der Anwohner fahren Autos mit auswärtigen Kennzeichen. Fazit der Stadt: Die Anwohner finden trotzdem zumutbar einen Parkplatz im Quartier. Doch ob diese Rechnung so aufgeht, bezweifeln viele. Der Grund dafür ist der Riese Uniklinikum, der für steten Parkdruck sorgt.

Dabei sei, versichert die Stadt, das Parkhaus der Uniklinik nur zur Hälfte voll. Der Wunsch Fremdparker zu verdrängen ist stark – die Bürger fordern das Bewohner-Parken ein. Noch dieses Jahr wird es ein Konzept dafür geben. Allerdings dürfte dann auch jedem klarwerden, Besucher, Handwerker, Pflegedienste, Angestellte – sie alle werden »Fremde«. Abschottung verursacht neue Probleme. Ganz so kuschlig, wie sich manche ihr Wohnumfeld gewünscht haben, wird es nicht. Die Stadt will zwar Autos zurückdrängen, dafür aber zwei Buslinien auf die Augsburger bringen.

 

9 Minuten Laufen sind zu viel

Die Linien 64 und 65 sollen das Quartier schnell an den Dresdner Norden mit S-Bahn in Reick und andere Stadtteile wie Neustadt und Pieschen anbinden. Auch hier wurde spitz gerechnet: Die Planer haben mitten im Quartier einen »weißen Fleck« ausgemacht. Von dort brauchen ca. 2.600 Menschen länger als neun Minuten oder 750 Meter zur nächsten Haltestelle. Für die Stadt argumentativ ein unhaltbarer Zustand – daher zwei Buslinien. Das jedoch stößt vielen Anwohner genauso bitter auf. Sie sehen »ihre Augsburger« eben nicht als Sammelstraße, so die offizielle Kategorie, sondern fürchten eine neue Magistrale für Durchgangsverkehr.

Besonders deshalb, weil die Stadtplaner „Rechts-Vor-Links“ abschaffen wollen, damit die Busse flüssig durchfahren können. Auch Poller oder Ampeln soll es aus diesem Grund nicht geben. Der Straßenbelag wird einförmig hell asphaltiert, Gehwege mit hellen Großplatten belegt – aber wenigstens gemacht. Neue Bäume wird es wegen der vielen Leitungen im Boden nicht geben. Das erinnert an Postplatz-Feeling. Ob die alten Kandelaber, die auf LED umgerüstet werden, genug Heimeligkeit an die Straße bringen – viele bezweifeln das. Einzig Tempo 30 bleibt als Konsens.


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