Der Dresdner Sündenfall
Die Franziskaner hatten sich Mitte des 13. Jahrhunderts in Dresden niedergelassen. Zunächst entstand eine schlichte Saalkirche, bevor Markgraf Friedrich der Strenge eine neue Kirche stiftete. Bis weit ins 19. Jahrhundert wirkte der Sakralbau mit seinem hohen Dach in den Stadtraum hinein. Prachtvolle Kirchtürme hätten dem Bettlerorden nicht gut zu Gesicht gestanden. Die neogotischen Türme auf Vorkriegs-Fotografien entstanden erst 1866. 1932 waren die filigranen Spitzen so angegriffen, dass man sie durch kupferne Helme ersetzte.
Angesichts der vollständigen Zerstörung fehlte nach Kriegsende die Kraft, die Bausubstanz zu sichern. Nach dem Einsturz der Gewölbe konzentrierte sich die Denkmalpflege auf die Bergung der Kunstschätze. Führende Architekten und Städtebauer der Zeit setzten sich damals für die völlige Neugestaltung zerstörter Städte ein, während die Dresdner Stadtplaner wenigstens die Grundzüge der historischen Altstadt bewahren wollten.
1949 stellten der Denkmalpfleger Hans Nadler wie das Evangelisch-Lutherische-Landesamt fest, dass ein Wiederaufbau der Sophienkirche angesichts des Zerstörungsgrades nicht dem bauhistorischen Wert entspräche. Im Folgejahr wurde das Kupferdach des Südturms für die Nutzung auf der Kreuzkirche gesprengt. Ohne eigene Gemeinde bekräftigte die Landeskirche die Aufgabe der Ruine.
1952 erfolgte die Bewertung der Kirchenruine als nationales Kulturdenkmal. An der Technischen Hochschule suchten Studenten nach neuen Nutzungen, so etwa als Kinoraum, für Konzerte oder als Museum. Als neue Stimme setzte sich der Denkmalpfleger Fritz Löffler vehement für den Wiederaufbau ein. Daraus entwickelte sich eine heftige Fehde mit dem wenig kunstverständigen Oberbürgermeister Walter Weidauer.
Erbitterter Kampf gegen den Abriss
Im Oktober 1958 beschloss die Stadtverordnetenversammlung den Erhalt der Frauenkirche, sah hingegen die Sophienkirche als »nicht ausschlaggebend für den Charakter Dresdens« an. Namhafte Architekten, Denkmalpfleger sowie auch das Landeskirchenamt widersetzten sich dem drohenden Abbruch, über den die DDR-Fachzeitschrift »Deutsche Architektur« ebenso wie das Hamburger Abendblatt oder die FAZ berichteten. SED-Parteichef Walter Ulbricht setzte sich vor Ort für den Abbruch ein. 1961 folgte der Beschluss der Stadtverordneten, an Stelle der Ruine eine Großgaststätte zu errichten.
Der Abriss begann im Juli 1962. Vier junge Architekten der TU – Claudia Schrader, Gerhard Glaser, Hermann Krüger und Jürgen Schieferdecker – ließen Flugblätter tippen, die sie in Briefkästen steckten oder vom Dach der Hofkirche warfen. Darin baten sie die Einwohner um ihre Meinung zur Sophienkirche. Anschließend sahen sie sich bei der Staatssicherheit in der Bautzner Straße wieder. Vergebens jedoch bohrten die Geheimdienstler nach den Hintermännern im Westen.
Mit ihrer Aktion brachten die Enthusiasten den Abbruch noch einmal ins Stocken. Erst am 1. Mai 1963 konnte die Partei die Schaffung der Baufreiheit für die Großgaststätte »Am Zwinger« verkünden.
1998/99 wurde der Grundriss der Sophienkirche mit roten Granitsteinen im Straßenpflaster kenntlich gemacht. Heute erinnert die Gedenkstätte Busmannkapelle an eine spannende und widersprüchliche Geschichte der Stadt.

Anspruch oder Privatsache

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