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Wir wollen keine Veränderungen, wir wollen Verbesserungen!

Region. Es dürfte für beide Seiten nicht der befriedigendste Austausch gewesen sein. Brandenburgs Wirtschaftsminister Prof. Jörg Steinbach war ein wiederholtes Mal eingeladen, um Unternehmern Rede und Antwort zu stehen. Das lief in der Vergangenheit meist recht offen und produktiv. Diesmal indes ließ der Minister ein eher ratloses Publikum zurück

FCE-Präsident Sebastian Lemke übergab Min. Steinbach ein personalisiertes Trikot, verbunden mit der Bitte, eine Lösung für die geplatzte Förderung der Modernisierung des LEAG Energie Stadions mit nach Potsdam zu nehmen.

FCE-Präsident Sebastian Lemke übergab Min. Steinbach ein personalisiertes Trikot, verbunden mit der Bitte, eine Lösung für die geplatzte Förderung der Modernisierung des LEAG Energie Stadions mit nach Potsdam zu nehmen.

Bild: Tudyka

Eingeladen hatten dazu die Lausitzer Geschäftsstellen der drei Mittelstandsverbände BVMW, BWA und UVBB. Marion Hirche zitierte zur Begrüßung John F. Kennedy, der zu seinem Amtsantritt als US-Präsident 1961 formulierte: »Frage nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern was du für dein Land tun kannst.« Die Landesgeschäftsführerin beim Bundesverband Wirtschaftsförderung und Außenwirtschaft (BWA) betonte dann, dass die Unternehmen sehr wohl etwas für ihr Land tun wollen, dazu aber entsprechende Rahmenbedingungen brauchen. Damit war der Fokus des Gesprächsforums gesetzt. In der Tat wurden dann diverse Themen wie Energiepreise, Fachkräfte, der Einsatz von migrantischen Arbeitskräften, Bürokratie, negative Auswirkungen des Bürgergeldes durch Fragen von Unternehmern angesprochen, doch die Antworten des Ministers fielen eher dünn aus. Dabei genießt Steinbach in der Unternehmerschaft vergleichsweise Respekt. Diesmal jedoch überwogen leider statt sachlichen Antworten Belehrungen. Der Minister thematisierte die Wahlergebnisse – wonach ihn keiner gefragt hatte – zeigte sich geschockt angesichts der blauen Färbung des ehemaligen DDR-Gebiets, stieß dabei aber nicht auf hörbare Zustimmung. Mit Äußerungen wie »Wir stehen am Scheidepunkt mit diesen Wahlergebnissen«, erntete der in Westberlin sozialisierte Professor stattdessen höfliches Schweigen. Im Auditorium sah man wohl einiges differenzierter.

Dann folgten moralische Appelle, beispielsweise was klimapolitische Ziele betraf. Doch der Ex-BTU-Rektor beklagte sich weiter. Beispielsweise dass die Stimmung in der Bevölkerung viel schlechter sei als die realen Fakten der wirtschaftlichen Entwicklung in der Lausitz. Auf den Hinweis einer BTU-Studentin im Publikum, dass das vor allem daran liegen könne, dass es seitens der Politik nicht gelungen sei, diese positiven Fakten auch für Nicht-Experten verständlich genug in die Breite zu kommunizieren, ging der Landespolitiker nicht ein.

Dass von einer immer wieder versprochenen De-Regulierung bei Verwaltungsprozessen nach wie vor nichts zu spüren sei, wie Tim Berndt, Geschäftsführer der Wirtschaftsinitiative Lausitz e.V., keine Rede sein könne, beantwortete Steinbach mit der Bitte nach mehr Geduld. Wiederholt schwor der Wirtschaftsminister auf Veränderungen ein, was Torsten Kunze, Geschäftsführer der Gebäudewirtschaft Cottbus, schließlich zur Äußerung veranlasste: »Wir wollen keine Veränderungen, sondern Verbesserungen. Schluss mit dem Schüren von Angst!« Steinbach meinte dazu, er kenne keinen, der momentan Angst verbreitet. Wo lebt der Minister eigentlich, wird sich da manch Zuhörer angesichts dieser Antwort gefragt haben.

Dass er dann auch offen von seinen eigenen Problemen berichtete, die er beispielsweise mit der Bundespolitik habe, brachte ihm sicher menschliche Sympathiepunkte ein. Der Diskussion half das allerdings nicht weiter. Zum Thema Net Zero Valley, dem Vorhaben einer europaweit modellhaften Sonderwirtschaftszone Lausitz, stellte Jörg Steinbach klar: »Wir haben dadurch alle Chancen dieser Welt.«

Das mag man glauben wollen. Doch zumindest an diesem Abend gelang es Brandenburgs Wirtschaftspolitiker Nr. 1 nicht, nachvollziehbar seine Zuhörer zu motivieren, diese Chance auch aktiv zu ergreifen.


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