Horror als Hobby: Gruselstunde auf dem Land
Wir treffen Stefan Peschmann in seiner unmittelbaren Nachbarschaft. Das ehemalige LPG-Gebäude begrüßt einen mit Kunstblut auf dem Boden und hat sonst auch alles, was man für ein gewisses Unwohlsein braucht. Ein gefliestes Schlachthaus, kaputte Fenster, unverputzte Wände, dafür aber eine Menge dunkler Ecken und zu allem Überfluss noch eine chronisch unterdimensionierte Beleuchtung. „Das ideale Set liegt quasi vor meiner Haustür“, lacht der 35-Jährige. An seinen ersten Horrorfilm erinnert er sich noch genau. „Nightmare on Elm Street mit 14 Jahren, heimlich geschaut“, sagt er. Mal abgesehen von den schlaflosen Nächten danach, ließ ihn die Idee des Drehens seitdem nicht mehr los. Bis es soweit war, dauerte es jedoch. „Du hast was auf der To-Do-Liste des Lebens stehen und kommst aus vielerlei Gründen nicht dazu, es zu machen“, sagt der Lagerarbeiter. Eingefuchst 2013 war damit jedenfalls Schluss. Eine Freundin schleifte ihn in den Elektronikmarkt und Peschmann kaufte sich eine Kamera. Er fuchste sich in Schnittprogramme ein, Drehtechniken und die Tricks. „Das Schöne am Horrorfilm ist, dass du auch mit wenig Budget viel machen kannst. Atmosphäre ist die halbe Miete“, sagt er. Das stimmt, wenn man beispielsweise auf den Erfolg des Found-Footage-Klassikers „Blair Witch Project“ (Budget: 60.000 Dollar; eingespielt: 250 Millionen Dollar) blickt, in dem genau genommen eigentlich nichts passiert. Peschmann rechnet allerdings in kleineren Dimensionen. Einer seiner letzten Streifen kam 26 Euro – den schwarzen Pulli, den er dafür gekauft hatte und die zwei roten Lampen inklusive. Trotzdem legt er Wert auf´s Detail. Bauschaum für´s Bein Für eine Messerszene fährt er auch schon mal in den Baumarkt, besorgt Kreppband und Bauschaum, um eine Bein zu modellieren, wo später vor laufender Kamera ein Messer drin versenkt wird. Der eingebasteltete Luftballon mit Kunstblut sorgt für die richtigen Bilder, alles schnittfrei. Ein anderes Mal drehte er im Wald bei minus 15 Grad. Neun Stunden hat es gedauert bis alles saß. Die passenden Audio-Effekte kauft er im Internet. Inzwischen gehen zahlreiche Kurzfilme, aber auch Streifen in Spielfilmlänge auf sein Konto. Peschmann fungiert als Drehbuchautor, Kameramann und wenn es eng wird auch mal als Darsteller. Hier und da helfen Freunde mit aus. Schleierhaft ist ihm nach wie vor, warum die Franzosen, Spanier und Amis einen Horrorfilm nach dem anderen raushauen, während sich deutsche Produzenten wenig um das Genre scheren. „Ich arbeite aber dran“, versprach der großgebaute Herr während er in der Dunkelheit von Pröda verschwindet. www.enterthedarkcorridor.de André Schramm