Birgit Branczeisz

"Darf man noch Indianer sagen?"

Radebeul. Diese Frage werden Karl-Mays Erben nicht etwa akademisch diskutieren, sondern ihren indianischen Gästen der 30. Karl May Festspiele am Lagerfeuer stellen.

Wer sonst sollte befragt werden, findet Helmut Raeder, künstlerischer Leiter des Museums. In der "Kleinen Feder" werden Kwakwaka`wakw, Lakota, Menominee und Navajo über diese Frage mit ihren europäischen "Blutsbrüdern" sprechen. Von völliger Verwunderung, überhaupt diese Frage zu stellen bis hin zu differenzierten Gegenstimmen reichen aus der Erfahrung von Helmut Raeder auch unter den Indigenen die Ansichten.

Wann man "Indianer" meint und wann "Indigene" und warum Karl May das Bild dieser Völker durch seine Romane so in unseren Köpfen gezeichnet hat, darüber informiert die Besucher ein Prospekt, das gerade im Druck ist. Dr. Volkmar Kunze weiß die Karl-May-Stiftung als Erben des Autoren, die sich immer damit auseinandergesetzt hat, wie sie mit dem Kulturgut anderer Völker umgeht, was man wie zeigen und darstellen soll. Dieser Prozess setzte schon 1992 ein, zum 1. Karl-May-Fest.

Der Autor Karl May hat sich selbst stets als "größten Märchenerzähler" bezeichnet. Wer das nicht verstehe, werde ihn immer falsch verstehen, schrieb er. Seine Epoche war die der Suche nach neuen, edlen Werten, mit großem Pathos und grandioser Phantasie. Die Indianer hat er in unseren Herzen als etwas Gutes, Erhabenes, Natürliches hinterlassen. Auch wenn wir uns heute kritischer und differenzierter dieser Geschichte widmen, diese Faszination entspringt Mays Geschichten.

Manchen ergreift sie wie Katharina Schacht, die als kleines Mädchen die Indianer auf dem Karl May Fest bestaunte. Der Eindruck war so tief, dass sie als Erwachsene und inzwischen Ärztin in Dresden "One Spirit Deutschland" gründete, einen Hilfsverein für die nordamerikanischen Lakota. Sie wird irgendwann auch in Radebeul im Podium nachrücken, ist sich das Museum sicher, und wird mit Jüngeren wie Robin Leipold, dem wissenschaftlichen Direktor, das Erbe Karl Mays weiterentwickeln. Zum großen Jubiläum wird sie diesmal mit den Lakota das Projekt "Schlachthaus für Büffel im Reservat" vorstellen.

Weil die Romane Karl Mays so voller Leben sind, wird es auch das Fest sein. Echte indianische Tänze mit den Gästen aus Übersee, authentischer Country mit Bands aus Kanada und den USA, dazu die 50-Jahre-Tour von Truck Stop - oder Gespräche mit Dr. Karl May und Kara Ben Nemsi - neben allem bunten Trubel in fünf Westerncamps, bleibt viel Raum für tiefe persönliche Eindrücke.

55 Mal begibt sich der Santa-Fe-Express auf abenteuerliche Fahrt durch den Lößnitzgrund und wird dabei dreimal von Gesetzlosen überfallen. Die Landesbühnen führen extra zum Jubiläum an zwei Orten actionreiche Stücke auf: An der Bahnstation "White Horse" trifft der Zeitungsjunge auf Karl May während in der Westernstadt "The Governor" noch vor Amtsantritt Ärger mit den Gringos hat.

Erstmals dabei ist das Terence-Hill-Museum und bringt, wenn alles klappt, ein Double von Bud Spencer mit. Der kommt natürlich im berühmten knallroten Buggy angefahren! Und weil Karl May ohne Winnetou gar nicht geht - wird der Apachen-Häuptling mit Old Shatterhand selbstverständlich bei der Sternreiterparade auf der Meißner Straße erwartet. Er wird auch den Sternreiter mit dem weitesten Ritt nach Radebeul ehren. Den Rekord hält Randy Helbig, der 2012 genau 1.320 Kilometer zurücklegte. Also, aufsatteln mit Kind und Kegel. Wir sehen uns in Radebeul.

www.karl-may-fest.de


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