

Wie viel Bargeld befindet sich gerade in Ihrer Geldbörse?
Wagner: »50 Euro.«
Laut einer Umfrage zum Bargeldbestand im Portemonnaie der Deutschen im Jahr 2017 führte jeder Deutsche im Schnitt etwa 107 Euro an Bargeld mit. Ist es klug, überhaupt so viel Bares in der Hosentasche zu haben?
Wagner: »Ja ist es. Gerade in Zeiten von bargeldlosem Zahlungsverkehr und den damit verbundenen Risiken wie etwa Hackerangriffe und technisches Versagen macht es durchaus Sinn, eine Alternative im Portemonnaie zu haben.«
Sie sind Geldexperte und leiten die Schule des Geldes in Schwarzheide. Dort vermitteln Sie Wissen im Umgang mit Geld. Was war Ihre Motivation, diese »Schule» zu eröffnen?
Ronny Wagner: »Menschen sollen eigenständige Entscheidungen treffen und sich eine fundierte Meinung selbständig bilden können. Sich vermeintlichen Experten oder Politikern anzuvertrauen, kann sich als Fehler herausstellen. Kompetenz in Geldfragen zu entwickeln und sich damit unabhängig von Dritten zu machen ist mein Motiv für die Gründung der Schule des Geldes.«
Was sind die Ziele der Schule des Geldes?
Wagner: »Das Ziel der Schule des Geldes ist es, dem Einzelnen finanzielle Bildung zu ermöglichen. Geldbildung steht leider nicht auf dem Lehrplan an deutschen Schulen. Wir haben täglich finanzielle Entscheidungen zu treffen. Geld ist unser ständiger Begleiter. Dies spiegelt sich nicht in den Lehrplänen wieder.«
Warum ist es wichtig, sich grundlegendes Wissen über den Finanzmarkt und seine Teilmärkte anzueignen?
Wagner: »Das Leben gleicht einem Spiel. Somit spielen wir jeden Tag auch das Geldspiel. Wenn man an einem Spiel teilnimmt, sollte man dessen Regeln, den Aufbau, das Ziel des Spiels und die Mitspieler kennen. Nur so macht es Sinn, am Geldspiel überhaupt teilzunehmen. Den meisten Menschen sind diese Dinge leider unbekannt.«
Welche Fehler begehen die meisten Menschen, wenn es darum geht, Geld anzulegen?
Wagner: »Menschen treffen häufig Anlageentscheidungen aufgrund von vergangenheitsbezogenen Betrachtungen und investieren häufig nur in Geldanlagen, die sie kennen. Da die meisten Menschen in unserem Land als konservativ bezeichnet werden können, tun sie sich schwer damit, einmal getroffene Entscheidungen rückgängig zu machen und auf unbekanntes Terrain vorzudringen. Veränderungen fallen konservativen Menschen schwer. Doch die Welt entwickelt sich immer weiter. Diese Entwicklungen dürfen nicht verschlafen werden. Auf das derzeitige geldpolitische Umfeld kann nicht mit Anlageformen reagiert werden, die vor 30 Jahren genutzt wurden. Ein Beispiel: Zinsanlagen wie Sparbücher, Lebensversicherungen oder Staatsanleihen funktionieren nicht in Nullzinsphasen. Hier muss auf andere Anlageformen zurückgegriffen werden.«
Was wäre zurzeit eine gute Anlageoption?
Wagner: »Die Hauptmotivation breiter Bevölkerungsschichten ist es, Vermögen zu bilden. Was ist Vermögen? Interessant wird es, wenn wir uns die Definition des Begriffes im Duden ansehen. Wir erkennen, dass es sich dabei um Sachwerte handelt. Diese sind grundsätzlich immer eine sehr gute Investitionsmöglichkeit. Da Sachwerte zum Glück zinsfrei und inflationsgeschützt sind, gehören sie aktuell zwingend in jedes Anlageportfolio, wie Edelmetalle und Immobilien.«
Vor zehn Jahren wurde die Welt von der so genannten Finanzkrise überrascht. Wie überrascht waren Sie?
Wagner: »Gar nicht! Schon in meinen Vorträgen vor der Finanzkrise warnte ich vor einem plötzlichen Kollaps des Finanzmarktes. Leider haben nur sehr wenig Menschen daran geglaubt und sich entsprechend vorbereitet.«
Wie würden Sie die aktuelle Situation beschreiben? Drohen neue Krisenherde?
Wagner: »Wir leben in einer permanenten Krise. Der Aufbau und die Funktionsweise des Geldsystems lässt nichts anderes zu. Die Planspiele der Zentralbanken haben uns in eine sehr kritische Situation gebracht. Die Ausweitung der Geldmenge in den letzten Jahrzehnten hat eine in der Form und Ausmaß noch nie dagewesene Spekulationsblase entstehen lassen. Leider lassen die Zentralbanken den Ausweg aus dieser Situation nicht erkennen. Insofern glaube ich an das Auftauchen eines sogenannten Schwarzen Schwans. Ein plötzlich auftretendes Ereignis, welches unser Leben und das Finanzsystem stark verändern wird.«
Was ist das Problem der derzeitigen Finanzwelt?
Wagner: »Wir haben zu viel Geld gedruckt. Die Wirtschaft hat dieses Wachstum der Geldmenge nicht mitgemacht. Aktuell haben wir zirka acht Mal mehr Geld im Umlauf als wir Waren und Dienstleistungen produzieren. Die Kapitalmärkte haben ein Eigenleben entwickelt und sich von der Volkswirtschaft abgekoppelt. Ich gehe davon aus, dass wir in den nächsten Jahren wieder einen ausgewogenen Zustand zwischen Geldmenge und Wirtschaft erreichen werden. Dieses überschüssige Geld wird verschwinden. Durch höhere Inflationsraten oder einen Börsencrash. Die Geschichte ist in diesem Fall ein guter Lehrer.«
Welche Lösungen wären denkbar und auch umsetzbar?
Wagner: »Denkbar wäre die Anhebung des Zinsniveaus. Doch scheint mir dieser Weg, in einer extremen hochverschuldeten Welt, der Todesstoß für das Finanzsystem zu sein, da Kredite in diesem Fall schwer rückzahlbar wären. Eine weitere Absenkung des Zinsniveaus (Negativzins) scheint ebenfalls möglich. Doch müsste hier wahrscheinlich das Bargeld abgeschafft werden. Denn nur so würde ein Negativzins funktionieren. Diskussionen dazu werden bereits seit einiger Zeit von Medien und Wissenschaftlern geführt.«
Mit Ihrer Schule des Geldes waren Sie bereits in Schulen und Universitäten. Wie interessiert sind die jungen Menschen am Thema Geld?
Wagner: »Das Interesse ist sehr groß. Die jungen Menschen sind sehr dankbar für Wissen, das einen praktischen Nutzen hat. Eine willkommene Abwechslung zum häufig doch sehr theoretischen Schulalltag.«
Für Erwachsene und für Unternehmer werden spezielle Seminare angeboten. Mit welchen Erwartungen kommen die Teilnehmer zu Ihnen?
Wagner: »Die meisten Menschen kommen zu uns, weil sie unsicher sind und die aktuellen Geschehnisse an den Kapitalmärkten nicht einordnen können. Gerade die Auswirkungen der aktuellen Ereignisse auf die persönliche Vermögenssituation sind der Hauptbeweggrund der Teilnehmer. Hinzu kommt, dass bei vielen Menschen die Ausgaben über den Einnahmen liegen. Das ist kein guter Zustand. Hier geben wir Hilfestellungen.«
Was sind die ersten Reaktionen der Teilnehmer, wenn Sie ihnen die ersten Grundlagen vermittelt haben?
Wagner: »Ich erlebe häufig, dass Menschen einen Aha-Effekt haben. Denn wir liefern oft das fehlende Puzzleteil zum Verstehen des heutigen Geldsystems. Oft erkennen Menschen auch die negativen Auswirkungen unseres Geldsystems auf andere Bereiche des Lebens. Es hängt ja irgendwie alles miteinander zusammen.«
Die Finanzwelt ist ein Feld, welches nicht einfach zu überblicken und zu verstehen ist. Mit welchen Mitteln gelingt es Ihnen trotzdem, diese komplexen Sachverhalte einfach zu erklären, dass es am Ende der Normalbürger versteht?
Wagner: »Ich habe erkannt, dass häufig die einfachsten finanziellen Grundbegriffe nicht gut verstanden werden. Daher nehme ich mir sehr viel Zeit, den Menschen diese Begriffe näher zu bringen. Häufig reicht das schon, um ein besseres Verstehen finanzieller Grundzusammenhänge zu erreichen. Wir brauchen klare Vorstellungen von Begriffen, um uns ein Bild machen zu können. Der Mensch denkt in Bildern. Häufig fehlen klare Bilder und damit klare Vorstellungen von Begriffen. So erklärt sich, dass Menschen Zusammenhänge nicht erkennen können. Allein dadurch werden viele Fehlentscheidungen getroffen.«
Seit dem 14. Jahrhundert gibt es Geld als »geprägtes Zahlungsmittel«. Zuvor wurden andere Rohstoffe und Erzeugnisse als Tauschmittel verwendet. Ist Geld heute Fluch oder Segen der Menschheit?
Wagner: »Geld ist nichts anderes als eine Quittung für eine erbrachte Leistung. Mit dieser Quittung kann der Mensch dann eine Gegenleistung einfordern. Insofern ist Geld ein Tauschmittel. Es ist für mich ganz klar Segen für die Menschheit. Lediglich die Abänderung dieses Zusammenhangs führt zu gefährlichen Fehlentwicklungen.«
Ist eine Welt ohne Geld möglich?
Wagner: »Mit dem heutigen Bewusstsein der Menschen nicht.«