»Sonst würde uns etwas fehlen«
»Rund 3.000 Menschen sind nach unseren Hochrechnungen bei uns im Sport ehrenamtlich tätig«, erzählt Mudrick und spricht etwa von Vereinsvorständen und Abteilungsleitern, von Leuten, die Rasen mähen und Laub harken sowie von Betreuern, die neben den Übungsleitern die Mannschaft unterstützen.
»Oft sind Ehrenamtliche im Sport ehemalige Aktive, die dem Verein treu geblieben sind.« Ob die Vereine ehrenamtliche Unterstützung erhalten, hinge viel von dem Klima im Verein ab. »Vereine, die funktionieren und wo es eine Gemeinschaft gibt, bei denen läuft es. Wenn sich alle gut aufgehoben fühlen, dann ist auch die Bereitschaft da, sich in diese Gemeinschaft einzubringen. Wenn es in dem Umfeld stimmt, ich da gern bin, dann bin ich auch bereit, zusätzlich zu dem, was ich mache, noch was zu machen, was allen zugutekommt«, weiß Holger Mudrick. Ohne Ehrenamt werde es im Vereinsleben nicht gehen: »Um jemanden hauptamtlich zu installieren, müsste regelmäßig Geld zur Verfügung stehen.«
Die guten Seelen auf dem Sportlatz
Auf zwei sehr engagierte Mitglieder kann sich Marko Stahn, Vereinsvorsitzender des SV Germania Ruhland 1910 e.V., verlassen. Sven Nitzsche und Siegmar Tredup sind fast täglich auf der Sportanlage vor Ort – meistens zwischen 15 und 18 Uhr. Sven Nitzsche (58) mäht die beiden Fußballplätze, säubert Flächen von Schmutz und Blättern und erledigt kleine Reparaturarbeiten –erneuert etwa Bänke und streicht sie. Ebenso reinigt er die Kabinen, wäscht die Sportsachen und kümmert sich um den Verkauf von Getränken. Wie er sagt, ist sein Mitgliedsausweis auf das Jahr 1974 datiert: »Da war ich acht Jahre alt.« Bis heute sei er Vereinsmitglied und engagiere sich auch nach seiner aktiven Fußballkarriere, die verletzungsbedingt 2005 endete, »...aus Verbundenheit zum Verein und weil es nicht mein Leben ist, die Beine hochzulegen. Ich arbeite gern und habe Spaß daran.« Wie Sven Nitzsche sagt, ist es ihm wichtig, dass die Sportler vernünftige, gepflegte und saubere Bedingungen vorfinden – heute und in Zukunft.
Siegmar Tredup (75) ist, wie er sagt, seit 1968 Vereinsmitglied: »Ich war viele Jahre Übungsleiter und wollte, dass unser Platz erhalten bleibt und nicht verkommt.« Er repariert, mäht kleine Rasenflächen, entfernt Unkraut und kümmert sich um das, »...was nebenbei anfällt«. Wie Siegmar Tredup sagt, nutzt er diese Aufgaben auch, um fit zu bleiben: »Und, um unter Menschen zu kommen, besonders unter junge Leute. Wenn man nur zu Hause hinter dem Ofen sitzt, dann wird man schnell alt.«
Beide wollen, wie sie sagen, ihr Engagement so lange aufrechterhalten, wie es der Körper zulässt. »Sonst würde uns ja etwas fehlen«, sagt Siegmar Tredup und lächelt. Und den Sportlern würde sicher auch was fehlen, denn »...ich denke, sie wissen, was wir mit Siegmar hier leisten«, sagt Sven Nietzsche und fügt an, dass er sich noch mehr Manpower von der Jugend wünschen würde. »Vor 30 Jahren war das anders. Da waren Leute da, wenn was anlag und es gab eine betriebliche Unterstützung. Bis Ende der 90er Jahre gab es hier sogar noch einen Platzwart, der Rasen mähte und die Plätze abgekreidet hat.«
Laut Marko Stahn hat das Amt Ruhland dem Verein den Platz vollumfänglich verpachtet: »Das heißt, wir müssen alles selber bewerkstelligen. Hierbei versuchen wir, alle Mitglieder einzubinden, und Projekte gemeinsam umzusetzen. Kürzlich haben wir die Unterflurbewässerung mit Versenkregner für den Nebenplatz gebaut. Nach zwei Wochen waren wir fertig. Auch mit zwei Arbeitseinsätzen im Jahr versuchen wir, den Platz zu erhalten. Da sind auch viele Eltern mit dabei.«
Sven Nitzsche und Siegmar Tredup seien zwei wichtige ehrenamtliche Säulen im Verein: »Wenn wir diese beiden nicht hätten, müssten wir ihre Arbeit auf Firmen umlagern, müssten dann höhere Beiträge berappen und hätten nicht mehr diesen persönlichen Bezug. Das, was wir hier haben, ist unbezahlbar und nicht so einfach ersetzbar. Deswegen kann ich immer nur wieder Danke sagen.«
Sven Nitzsche und Siegmar Tredup seien mittlerweile Ehrenmitglieder: »Dadurch können sie im Vorstand ihre Stimme einbringen und Vorschläge und Änderungen anregen.«
Wie Marko Stahn sagt, ist die Gemeinschaft oft Kern von freiwilligem Engagement: »Wir versuchen, unseren Jugendlichen auch gewisse Werte mitzugeben. Es geht nicht nur um Fußball spielen, sondern auch um Zusammenhalt und um respektvollen Umgang. Wir sind froh, viele Kinder aus dem Amt zu haben und von Dörfern rundherum. Sie würden sich auf dem Spielplatz so nicht begegnen, aber hier sind sie eine Truppe.«