Stefan Staindl

Jubiläumszeit: 30 Jahre Amt Plessa

Plessa. Amtsdirektor Göran Schrey spricht im WochenKurier-Interview über die Geburtstagsparty, Erfolge und künftige Investitionen und über den typischen Einwohner des Amtes.

Das Amt Plessa begrüßt alle neuen Einwohner mit einem informativen Ordner. Er enthält wichtige Unterlagen: eine Vereins- & Kitabroschüre und dient als Orientierung. Amtsdirektor Göran Schrey kann sich in diesem Jahr erstmals über Bevölkerungszuwachs freuen.

Das Amt Plessa begrüßt alle neuen Einwohner mit einem informativen Ordner. Er enthält wichtige Unterlagen: eine Vereins- & Kitabroschüre und dient als Orientierung. Amtsdirektor Göran Schrey kann sich in diesem Jahr erstmals über Bevölkerungszuwachs freuen.

Bild: sts

Die offizielle Festveranstaltung mit geladenen Gästen steigt am 18. November im Kulturhaus Plessa. Wer sind Ihre Geburtstagsgäste?

Das sind Menschen, die das Amt Plessa in den vergangenen 30 Jahren begleitet haben – wie etwa unsere ehrenamtlichen Gemeindevertreter, Mitarbeiter aus der Verwaltung, aus dem Bauhof und den Kitas. Ebenso haben wir Vertreter unserer Vereine, der freiwilligen Feuerwehr und aus benachbarten Kommunen eingeladen. Auch der Landrat und Jens Graf, Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg, werden unsere Gäste sein. Rund 280 Personen haben wir eingeladen.

Was wird das für eine Geburtstagsparty sein?

Das wird eine festliche, kurzweilige Veranstaltung mit Kulturprogramm. Eingeladen haben wir dazu unsere Chöre, das Orchester der Bergarbeiter Plessa e.V. sowie Vertreter aus der Kreismusikschule. Ralf Jußen wird moderieren und auch eine Podiumsdiskussion leiten. In lockerer Runde erzählen hier Vertreter aus den zurückliegenden 30 Jahren vielleicht so manche Anekdote. Lange Festreden soll es nicht geben. Ein Abendessen beschließt diese Festveranstaltung für geladene Gäste. Im Anschluss öffnen wir die Türen für alle, die mit uns feiern wollen.

Dann steigt ab 21 Uhr bei freiem Eintritt eine After-Show-Party. Ist sie eine Art Jubiläumsgeschenk für die Einwohner des Amtes?

Ich würde es eher als Einladung zum Zusammenkommen sehen. Die vorherige Festveranstaltung wird von einem höheren Altersdurchschnitt geprägt sein und mit der After-Show-Party wollen wir die jüngere Generation einladen, ins Kulturhaus zu kommen, um zu feiern und vielleicht auch ins Gespräch zu kommen. Gerade in der jetzigen Zeit ist Zusammenhalt wichtig und tut allen ganz gut.

Welches Geschenk hat sich das Amt Plessa im Jubiläumsjahr 2022 selbst gemacht?

Das Amt beschenkt sich nicht, sondern arbeitet strukturiert für die Gemeinden. Die Festveranstaltung mit anschließender Party ist für uns alle natürlich ein schönes Geschenk, denn der Abend wird auch durch Mittel aus den Gemeinden ermöglicht. Zudem sind wir froh, dass wir so ein Kulturhaus vor Ort haben, das ausreichend Platz und einen würdigen Rahmen für so ein Jubiläum bietet.

Was sind projektbezogene Geschenke im Jubeljahr 2022?

Ein großes Geschenk für das Amt war kürzlich die eingetroffene Baugenehmigung für einen Erweiterungsbau am Grundschulstandort Hohenleipisch. Hier sollen über eine Millionen Euro investiert werden, um die Lernbedingungen zu verbessern. Im Amtsausschuss haben wir zuletzt auch das Radwegekonzept vergeben. Der Ausbau der Radwege ist ein Wunsch der aus der Bevölkerung kommt. Das wollen wir tun. Für das Konzept nehmen wir zwar viel Geld in die Hand aber es kann uns neue Türen öffnen, um später Fördermittel zu akquirieren. Geplant ist auch ein Beteiligungsverfahren durch Workshops mit interessierten Radfahrern.

Welche Bedeutung hat für Sie als Amtsdirektor und für das Amt selbst das 30-jährige Jubiläum des Amtes?

Auch wenn ich erst knapp sechs Jahre Amtsdirektor bin, berührt mich dieses Jubiläum. Der Grundgedanke des Amtes ist, dass sich Gemeinden zusammenfinden, um einerseits Eigenständigkeit zu bewahren aber auch Pflichtaufgaben gemeinsam zu bewältigen. Die Gemeinden des Amtes Plessa haben 30 Jahre ihre Identität behalten und es trotzdem geschafft, alles das, was notwendig ist – etwa Feuerwehr, Kitas, Schule - weiterhin so zu erhalten, dass wir heute eine sehr gute Infrastruktur im gesamten Amt haben. Und wir haben es in diesem Jahr erstmals geschafft, Bevölkerungszuwachs zu generieren. Das ist ein ganz wichtiges Zeichen. Wir verzeichnen Zuzug, viele Neubauten und unsere Kindergärten sind fast zu 100 Prozent ausgelastet. Das war über die 30 Jahre betrachtet nicht selbstverständlich. Die Prognosen waren viel düsterer. Jetzt erleben wir genau das Gegenteil.

30 Jahre halten die Gemeinden des Amtes Plessa bereits zusammen. Eine beachtenswerte Leistung.

Richtig. Man bedenke, dass das Amt nur ein künstliches Konstrukt ist. Wichtig sind die vier Gemeinden. Das Gebilde ist ähnlich dem einer Ehe. Die Gemeinden sagen, wir gehen gemeinsam einen Weg - mit allen Problemen. Klar, wo Menschen sind, gibt es auch immer persönliche Spannungen und unterschiedliche Meinungen. Das ist eine Seite. Die andere ist, dass man gemeinsam Geld investiert - über die Beschlüsse im Amtsausschuss. Alle geben über die Amtsumlage das Geld in einen Topf und beschließen gemeinsam. Beispielsweise die Maßnahme am Schulstandort in Hohenleipisch. Alle sind bereit, ohne Neid, diesen Standort aufzuwerten, weil es uns insgesamt in der Struktur guttut. Diese Ausgewogenheit haben wir während meiner Amtszeit immer hinbekommen. Es sind in allen wichtigen Entscheidungen einstimmige Beschlüsse im Amtsausschuss gewesen und das ist viel wert in der heutigen Zeit. Der Grundgedanke dabei ist: Das Amt steht nicht über den Gemeinden, sondern wir alle gemeinsam entwickeln uns dadurch weiter.

Sie selbst sind seit 2017 Amtsdirektor des Amtes Plessa. Inwiefern können Sie trotzdem die vergangenen 30 Jahre des Amtes in ein Fazit zusammenpacken?

Wir können stolz sein auf unsere Philosophie: Egal, wo wir investieren, es hilft dem gesamten Amt. Dieses Gemeinschaftsgefühl und dieses Verständnis füreinander haben wir uns in den Jahren erarbeitet.

Was sind heute die großen Herausforderungen im Amt Plessa?

Wir müssen genau verfolgen, wie sich die Rezession und damit auch die Firmenstruktur entwickelt. Es gibt nach wie vor einen Fachkräftemangel. Handwerksbetrieben fällt es zunehmend schwerer, Leute zu finden und damit auch, die Versorgung sicherzustellen. Auch die Hausarztsituation müssen wir im Blick haben. Und wir müssen weiterhin wichtige Strukturentscheidungen fällen – wie etwa die Mietcontainer am Kita-Standort in Hohenleipisch. Dadurch konnten wir zehn zusätzliche Plätze schaffen, die uns aber auch fast eine Viertelmillion Euro kosten. Doch wir wollen familienfreundlich sein. Investitionen in Kitas, Schule und in Spielplätzen sind bei uns immer prioritär, damit es sich hier gut wohnen lässt. Wir müssen uns diesen Geist bewahren, weiterhin lösungsorientiert zu denken.

Welche Lösungsansätze gibt es, um die Herausforderungen zu meistern?

Als Amt können wir nur bedingt eingreifen. Da kommen wir schnell an Grenzen. Was ich gern möchte ist, Kinder bereits im Grundschulbereich für praktische Dinge zu begeistern. Im neuen Erweiterungsbau wird es auch einen Klassenraum geben, der so ausgelegt ist, dass dort praktische Dinge umgesetzt werden können. Hier sehe ich auch unserer Handwerker als Partner, die zum Beispiel mit einem geeigneten Mitarbeiter als Praxisanleiter hier unterstützen könnten. Mein Ziel ist es, bei den Kindern das Interesse zu wecken, für das, was hier vor Ort möglich ist. Ausbildungsstellen gibt es genug.

Wie ist es um die Kitas und um die Grundschule im Amt bestellt?

Unsere Kitas sind ausgelastet und hinsichtlich der Schulentwicklungsplanung sind wir mittelfristig ein gesicherter Standort. Bei der Anzahl der Kinder die aus den Kitas nachrücken, mache ich mir für die Zukunft keine Sorgen. Wir haben genug Kinder für eine positive Entwicklung. Wir werden sicherlich schauen müssen, ob die Einzügigkeit noch reicht, weil wir dann wahrscheinlich die 30er Klassengröße überschreiten werden.

Welche Investitionen sind zeitnah im Amt geplant?

Auf Amtsebene sind das der Schulerweiterungsbau in Hohenleipisch, der uns intensiv im nächsten Jahr beschäftigen wird, sowie das Radwegekonzept. Die größte Investition, die wir in einer unseren Gemeinden vor Augen haben, ist der Hortneubau in Plessa. Da befinden wir uns gerade im Baugenehmigungsverfahren. Dafür mussten wir zuletzt die Lindengrundschule abreißen. Mit der Bausubstanz konnten wir hinsichtlich energetischen Anforderungen und Barrierefreiheit keine Kompromisse eingehen. Doch so ein Hortneubau ist für eine Gemeinde auch ein Signal, dass wir auf eine neue Entwicklung setzen. So entwickelt die Gemeinde Schraden auch die Vision eines Kitaneubaus.

Wir sind aktuell im Herbst. Wie zeigt sich das Amt zu dieser Jahreszeit?

Herrlich bunt mit Blättern, die einen großen Teil der Herbststimmung ausmachen. Unser Loben, ein wichtiges Moorgebiet in Brandenburg, ist Kern des Amtes. Fast alle Gemeinden befinden sich um das Moor herum. Und dort haben wir eine tolle Landschaft mit eben diesem Feuchtgebiet, Seen und leicht hügligen Mischwäldern. Ich empfehle, an einem sonnigen Tag dort spazieren zu gehen. Das ist ein Stück Lebensqualität direkt vor der Haustür und im Herbst wunderschön. Um den Vandalismus an den Gleisscheiben der Bushaltestellen im Amt entgegenzuwirken, gab es einen Fotowettbewerb, um die Haltestellen mit den Bildern zu verschönen.

Wie ist dieser Wettbewerb angenommen worden und wie sieht es mit der Umsetzung aus?

Er wurde fantastisch angenommen. Wir hatten 141 Einsendungen mit tollen Bildern, die die Schönheit unseres Amtes und ihrer Gemeinden zeigen. Wir haben jetzt zehn Fotos ausgewählt, die wir auf unserem Instagram-Kanal zur Abstimmung stellen, um die schönste drei Fotos zu ermitteln. Diese sollen extra ausgezeichnet werden. Im Frühjahr sollen dann die ersten Bushaltestellen mit den Fotos geschmückt werden. Welche Bilder das sind, entscheiden die Gemeindevertretungen und die Dorfentwicklungsausschüsse. Wir wollen mit der Aktion eine hohe Identität entwickeln, weil es mich ärgert, dass die Bushaltestellen beschmiert und beklebt sind. Wir hoffen, dass mit den gestalteten Häuschen respektvoller umgegangen wird.

Was für eine Art Mensch ist der typische Einwohner des Amtes Plessa und wie eng ist er mit dem Amt als Heimat verbunden?

Wir haben eine sehr hohe Heimatverbundenheit, viele ziehen wieder zurück, auch aufgrund der Eigentümerstruktur. Die Leute besitzen Gebäude, Wohnhäuser und Gehöfte und das bindet sie an die Region. Der typische Einwohner agiert zurückhaltend-kritisch ist aber auch sehr konstruktiv und engagiert.

Was macht für Sie das Besondere des Amtes Plessa aus?

Das wir nicht diese klassische Dorfstruktur haben, obwohl wir so wahrgenommen werden, sondern mit Plessa und Hohenleipisch zwei starke Gemeinden, die städtische Infrastruktur verpackt in einem Dorf mitbringen. Daneben stehen mit Gorden-Staupitz und Schraden auch zwei Gemeinden die sich mit starkem ehrenamtlichem Engagement sehr gut entwickelt haben.

Worauf sind Sie als Amtsdirektor stolz?

Dass wir es geschafft haben, Leute für uns zu begeistern und sie herziehen und alle sagen, dass sie hier gern wohnen. Das erfüllt mich mit Freude und macht Spaß. Stolz bin ich auch auf meine Verwaltung und den Bauhof - auf die kann man sich verlassen. Ebenso auf unsere Feuerwehr, mit der wir es schaffen, eine Tageseinsatzbereitschaft zu ermöglichen und der wir flächendeckend eine neue, klassische Schutzausrüstung sowie auch eine für den Sommer finanzieren konnten. Stolz bin ich auch auf unsere sehr starke Jugendfeuerwehr.

Wie sieht nach 30 Jahren die Altersstruktur des Personals in der Amtsverwaltung aus?

Wir haben den Turnaround geschafft. Es hat uns geholfen, dass wir seit vielen Jahren ausbilden. Heute haben wir eine hohe Quote von Mitarbeitern, die hier ihre Ausbildung absolviert haben. Unser Team besteht aus jungen und motivierten Frauen und Männern. Aktuell ist noch eine Kollegin aktiv, die knapp 30 Jahre für das Amt tätig war und die wir in diesem Jahr verabschieden - und dann ist bald der Amtsdirektor der älteste Mitarbeiter. Und so sollte es sein.

Und was bringt Sie nach wie vor auf die Palme?

Auf die Palme bringt mich gar nichts, denn ich versuche immer, Emotionen wegzulassen. Es ist wichtig, sachlich und konstruktiv zu reden. Was mich jedoch ärgert, ist oftmals eine schnelle Empörtheit und die Kultur, alles auf die Spitze zu treiben. Mit Begriffen wie Katastrophe sollten wir vorsichtiger umgehen. Im Gespräch ergibt sich dann oft, dass sich Dinge relativ einfach lösen lassen.

Der Advent ist nicht mehr fern. Welche vorweihnachtlichen Termine im Amt können Sie empfehlen?

Jede Gemeinde hat ihr Highlight. Ob das der Weihnachtsmarkt in Hohenleipisch ist, in Kahla das Lichterbogenfest oder der Weidendom in Staupitz, der 2019 bereits zum begehbaren Adventskalender gehörte. Ich hoffe, dass diese Idee in diesem Jahr wieder aufgegriffen wird. In Plessa werden wir ebenfalls einen Weihnachtsmarkt haben. Wir werden auch die großen Weihnachtsbäume auf den öffentlichen Plätzen aufstellen und mit LED-Lichtern beleuchten, um Weihnachtstimmung zu erzeugen.

Haben Sie einen Weihnachtswunsch?

Ich wünsche mir, dass wir nächstes Jahr im Frühjahr auf den Winter zurückblicken und alle gemeinsam sagen können, dass wir gut durch diesen Winter gekommen sind und sich alle Schreckensszenarien nicht eingestellt haben. Ich wünsche mir, dass jeder weiterhin wirtschaftlich in der Lage ist, sein Leben zu bestreiten. Und vielleicht können wir auch die Gemeinsamkeit wieder neu entdecken. Das zeichnet den Menschen doch aus, dass er zusammenrückt und sich gegenseitig unterstützt, wenn es einmal eng wird.

• Im Amt Plessa gibt es 37 Vereine (Stand 4. November 2022)

• 6254 Einwohner leben im Amt Plessa (Stand 4. November 2022)

Amt Plessa

 

 

 

 

 


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