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Rätsel der Spreewaldfrau gelöst

Lübben. Bürger der Stadt Lübben (Spreewald)/Lubin (Blota) entscheiden noch bis 11. Februar über die Granitfigur einer Spreewaldfrau. Die Frage zur Identität ihres Gesichtes ist jetzt gelöst, informiert Stadtsprecherin Bettina Möbes. Als Inspirationsquelle habe die Lübbenerin Frieda Völkner (1990 - 1883) gedient.

Karola Ziemainz (li.) und Erika Fiedler (re.) an der Granitfigur einer Spreewaldfrau. Die Figur ist von zwei Menschen inspiriert: Die Tracht der Statur ist von der Wendin Marga Morgenstern. Das Gesicht zeigt Frieda Völkner.

Karola Ziemainz (li.) und Erika Fiedler (re.) an der Granitfigur einer Spreewaldfrau. Die Figur ist von zwei Menschen inspiriert: Die Tracht der Statur ist von der Wendin Marga Morgenstern. Das Gesicht zeigt Frieda Völkner.

Seit Anfang Dezember steht vor dem Eingang des Rathauses die Granitfigur einer Spreewaldfrau. Hergestellt wurde die Figur vom Lübbener Steinmetzbetrieb Weber. Familie Weber habe sich 2021 mit dem Freudenkreis für Lübben in Verbindung gesetzt, ob es in der Stadt einen geeigneten Standort gebe und mögliche Unterstützende. Anfang 2022 habe der Freundeskreis mehrere Gespräche mit der Verwaltung mit dem Vorschlag geführt, die Figur am neuen Bahnhofsvorplatz zu positionieren - als Begrüßung für die Gäste der Stadt. Aber auch andere Flächen standen zur Diskussion. Im Juli 2023 wurden die Gespräche mit Bürgermeister Jens Richter und Fachbereichsleiter Peter Schneider neu aufgenommen mit dem Ergebnis, dass Lübbens Bürgerschaft entscheiden darf, ob und wo die Spreewaldfrau ihren Platz in der Stadt bekommt, teilt Möbes mit. Die Abstimmung laufe noch bis zum 11. Februar.

So wird abgestimmt:

1. Online

2. Postalisch mit dem Formular aus den Stadtanzeiger oder unter luebben.de im Download

3. Vor Ort per Formular im Rathaus Foyer

Unbekannte Trachtenträgerin gefunden

Die Figur ist Möbes zufolge von zwei Menschen inspiriert: Die Tracht der Statur sei von der Wendin Marga Morgenstern. Das Gesicht sei von einem alten Schwarz-Weiß-Foto nachgebildet worden. Diese Frau auf dem Bild war der Stadt zunächst unbekannt, heißt es. Ein Aufruf habe geholfen: Mitte Januar meldete sich laut Möbes Karola Ziemainz. Sie habe bei einem Gespräch das Originalfoto ihrer Großmutter gezeigt und habe zusammen mit Mutter Erika Fiedler über das Leben von Frieda Völkner berichtet.

Wer war Frieda Völkner?

Emilia Frieda Völkner, geborene Winkler, wurde demnach am 24. März 1900 in Brockau (heute Brochów), Kreis Breslau geboren. Sie habe dort von 1906 bis 1914 die Schule besucht und sei ab 1925 in Stellung als Hausangestellte nach Berlin gegangen. Drei Jahre später habe sie bei OSRAM Glaswerk in Berlin gearbeitet. Am 2. April 1931 habe sie Heinrich Völkner geheiratet. Besonders beliebt bei ihnen seien Fahrradausflüge in den Spreewald gewesen - auch, weil das Paar oft die Schwiegereltern in Lübben besucht habe. Das Foto sei an Pfingsten 1931 für ihre Mutter fotografiert wurden - während einer dieser Ausflüge nach Lübben. Soweit die Angehörigen wissen, habe Frieda Völkner nur dieses eine Mal im Leben eine Tracht getragen.

1938 hätten Völkners ein Grundstück in der Kastanienallee gekauft und ihr Haus gebaut. Im Dezember 1940 sei Tochter Erika Fiedler geboren worden. Die Grützwurst habe noch auf dem Herd gestanden, als 1945 die Flieger kamen und die Familie von Treppendorf Richtung Zerkwitz geflüchtet sei. Nach Ende des Krieges seien sie zurück nach Lübben in eine neue Bleibe gekehrt. Ihr Haus sei durch Bomben komplett zerstört worden. Sie hätten eine neue Bleibe gefunden und 1946 sei sie als Arbeiterin in der Hainmühle (Ölmühle) Lübben - Carl Hachenberger beschäftigt gewesen. Heinrich Völkner sei 1947 aus der Gefangenschaft zurückgekehrt. Der Neubau habe mit dem Steineklopfen um 1956 begonnen. Von April 1954 bis März 1963 sei sie schließlich als Küchenhilfe im Krankenhaus Lübben beschäftigt gewesen.

Zeit ihres Lebens habe sie sich um die Familie gekümmert und so auch ab 1963 um ihren ersten Enkel Andreas, da es für Mütter damals keine längere Elternzeit gegeben habe. Enkelin Karola sei 1969 geboren worden. Am 26. Juli 1983 sei Emilia Frieda Völkner im Alter von 83 in Lübben verstorben.

Besonders gerne erinnere sich die Familie an ihre konsequente, liebevolle Art. Sie sei häufig Pilze sammeln gegangen und es sei mit aller Freude spreewälderisch geschlemmt worden - etwa Karpfen und Geflügelklein in heller Soße. In der Tasche ihrer Schürze habe sie immer ein Fläschchen Leinöl gehabt. Noch vor der Schule habe sie es den Kindern auf einem Löffel gegeben. Sie selbst habe das Brötchen mit Leinöl, Zucker und Salz gestippt. Die Familie habe zwei Kähne besessen, welche der Opa noch selbst aus Holz gebaut habe. Und so sei jeden Tag Kahn gefahren worden. Emilia Frieda Völkner sei einmal aus dem Kahn in die Berste in ein tiefes Loch gefallen - sie habe nicht schwimmen gekommt und gerufen: »Hilfe, ich habe keinen Grund.« Mann Heinrich habe zurückgerufen: »Was schreist du, wenn du keinen Grund hast.«

Wie das Foto zu Steinmetz Weber kam

Horst Fiedler (Heini, 11. März 1938, Berlin - 20. Februar 2019, Lübben) sei Mitbegründer vom »Freundeskreis für Lübben«. Nach einer Anfrage zu einem Bild einer »Spreewaldfrau« habe er sich an das Foto seiner Schwiegermutter erinnert und das Bild an den Freundeskreis und dieser an Steinmetz Weber übergeben.


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