Modellregion Lausitz – dringend notwendig
Vorab: Einig sind sich die kommunalen Entscheider darüber, dass das Papier im Wesentlichen die zu lösenden Probleme treffend formuliert.
Stimmen aus dem Landkreis Görlitz
Octavian Ursu, Görlitzer Oberbürgermeister, erachtet wie sein brandenburgischer Doppelstadt-Kollege Fred Mahro (Guben) eine grenzüberschreitende Betrachtung des Strukturwandels für notwendig. Er sieht ein 360 Grad-Einzugsgebiet über die deutsch-polnische Grenze hinaus. »Wenn es uns gelingt, die Kräfte zu bündeln und die Wirtschaft effizienter zu fördern, dann sind wir eine Modellregion.«
Jörg Funda, Bürgermeister der Energie-Gemeinde Schleife, findet das Papier und die Idee der Modellregion gut. Auch er bezweifelt jedoch die Möglichkeit der Umsetzung. Ihm würde schon ein deutlicher Bürokratieabbau und eine Vereinfachung diverser Planungsvorschriften genügen, dann hätte man wenigstens eine »Modellregion Light«.
Das sagen Vertreter aus dem Landkreis Bautzen
Für Torsten Ruban-Zeh, Oberbürgermeister von Hoyerswerda, geht das Positionspapier »auf die aktuellen Hemmnisse ein und thematisiert die Hürden«. Der Gesundheitsversorgung würde er jedoch mehr Raum geben. Einer Modellregion stehen seiner Meinung nach die unterschiedliche Handhabung der Förderrichtlinien des Kohleausstiegsgesetzes auf brandenburgischer und sächsischer Seite der Lausitz entgegen. Allerdings sieht auch er eine Chance für die Umsetzung, wenn das europäische Net-Zero Industry-Gesetz zur Anwendung kommen würde.
Karsten Vogt, Oberbürgermeister von Bautzen, meint, dass das Positionspapier »weniger in den Rathäusern als vielmehr bei der Landes- und der Bundesregierung auf dem Tisch liegen sollte«. Die beschriebenen Probleme bestätigt er und zeigt weitere auf. Besonders unterstützt er die Idee einer Vermarktung der Lausitz über die Bundesland-Grenzen hinaus. Das, was derzeit auf diesem Gebiet passiert, bezeichnet er als »praktizierte Kleinstaaterei«.
Für den Landrat des Kreises Bautzen, Udo Witschas, sind die aufgeführten Themen »tägliche Arbeit«. Er hält allerdings bei der Bewältigung des anstehenden Wandels »die Einbeziehung und Mitnahme der ansässigen Bevölkerung« für »außerordentlich wichtig«. Mit der Idee einer Modellregion setzt er sich sehr intensiv auseinander und weiß deshalb, »dass alle Beteiligten bis zur Etablierung einen sehr langen Atem« bräuchten. Alternativ kann er sich wie auch andere die Entwicklung gemeinsamer »projekt- und problemspezifischer Lösungsansätze« vorstellen und verweist auf gute Erfahrungen bei der Fachkräftesicherung in seinem Landkreis.
Sachsens Ministerium für Regionalentwicklung bezieht Stellung
Ausführlich äußerte sich das Sächsische Staatsministerium für Regionalentwicklung (SMR), dem auch der Strukturentwicklungsbeauftragte Jörg Huntemann und die Sächsische Agentur für Strukturentwicklung (SAS) zugeordnet sind. Grundsätzlich stellt das SMR klar, dass für die im Positionspapier aufgeworfenen Fragen die Bundesregierung der richtige Adressat ist, da es sich beim Investitionsgesetz Kohleregionen (InvKG) um ein Bundesgesetz handelt. Schon bei der Gesetzgebung 2019 wurden damals auch durch Sachsen zahlreiche Änderungsanträge gestellt, die darauf zielten, Förderungen einfacher und bedarfsgerechter zu gestalten. Die Anträge fanden jedoch keine Mehrheit beim Bundesrat oder wurden von der Bundesregierung abgelehnt bzw. waren mit EU-Recht nicht kompatibel.
Dennoch sei Sachsen bereits mitten im Strukturwandel, diverse Projekte sind vorbereitet und teils begonnen. Dabei spielt der JTF eine Rolle, aber auch gezielte KMU-Förderungen. Staatsminister Thomas Schmidt setzt sich regelmäßig für einen Bürokratie-Abbau und Vereinfachungen im Rahmen der EU-Förderung in Brüssel ein. Die Fachkräftethematik hat für das SMR ebenfalls höchste Priorität, weshalb auch auf attraktive und lebenswerte Regionen gesetzt werde. Das bedeute eine Stärkung der weichen Faktoren. Für diese Strategie wurde das SMR in der Vergangenheit mehrfach kritisiert. »Inzwischen hat sich der Wind gedreht und die Menschen sehen, dass sich die Region neu aufstellt und (auch, d. Red.) durch diese Maßnahmen gestärkt wird.«
Für eine »Modellregion« als eine »Sonderwirtschaftszone« bzw. ein »Versuchslabor« für Deregulierung und direkte Wirtschaftsförderung hat sich Sachsen bereits mehrfach ausgesprochen. »Der Bund hat jedoch all diese Ansätze abgelehnt.« Das InvKG biete aber einige vorteilhafte Rahmenbedingungen, wovon das SMR Gebrauch mache. Zusammenfassend konstatiert das SMR, dass viele im Positionspapier verfolgte Ansätze im Rahmen des InvKG schwerlich umsetzbar seien. Dennoch seien aber »bei konkreten Entwicklungsschwerpunkten« Verbesserungen möglich.
Modellregion Lausitz? Nicht nur Chance, sondern dringend notwendig