Klaus Wilke

Wege zu Elisabeth Wolf

Stadtmuseum zeigt Ausstellung über Cottbuser Malerin
Frauenporträt, 1905

Frauenporträt, 1905

Bild: Stadtmuseum/Lagodzki

Dass es in Cottbus-Sandow eine Elisabeth-Wolf-Straße gibt, weiß wohl jeder Cottbuser. Ob er auch das Elisabeth-Wolf-Ufer der Spree kennt, ist fraglich. Und wer genau sie ist, entzieht sich der Kenntnis Vieler. Gut, sie war eine Malerin, die Lausitzer Kolorit widergespiegelt hat, und eine interessante Frau in der Cottbuser Stadtgesellschaft. Sie lebte von 1873 bis 1964. Seit 60 Jahren tot, ist die Begegnung unmöglich . Aber es gibt Wege zu ihr. Gegenwärtig "wohnt" sie in der Bahnhofstraße 22. Das ist das Stadtmuseum. Dort ist seit kurzem und bis zum 26. April 2025 eine sehenswerte Ausstellung um Leben und Werk der Elisabeth Wolf zu sehen.


Der Weg durch die Ausstellung führt an Tafeln mit ihren Lebensstationen und an wichtigen Gemälden und Zeichnungen vorüber. Sie hat in ihrem Leben etwa 1200 Bildwerke geschaffen. Viele sind in den Kriegswirren verloren gegangen. 320 befinden sich heute im Besitz des Stadtmuseums. Etwa 80 sind diesmal ausgestellt, die ganz unterschiedlichen Themenkreisen angehören. Dem Besucher und Betrachter geben sie Eindrücke von Menschenkenntnis und -liebe der Malerin, vermitteln Stolz auf unsere Stadt, wecken Freude an der Natur.


Mit ihrer Porträtkunst kann sie uns sogar Vergnügen bereiten, wenn wir uns in die Gesichter, Gesten und Körper hineinlesen. Zumeist Auftragswerke, werden in den Titeln keine Namen genannt. Stehen wir einem Advokaten gegenüber, einer Ärztin, einem Bankier oder einem Kirchenmann? Wir können rätseln, und erhalten zugleich einen Einblick in Wolfs Beobachtungs- und Malgabe. Bei anderen, zum Beispiel dem Porträt ihres Lebensgefährten Georg Khoury, dem der Alwine Bisse (1952) und des Straßenarbeiters Mötschke (1940) suchen wir und finden wir oft die Eigenheiten, die sich aus Beruf und privatem Alltag der Porträtierten ergeben.


Diesen unseren Erkundungsgang unterstützen fünf ausgestellte Skizzenbücher, in denen Studien zu Figuren, Körperteilen, Mienen für spätere Gemälde enthalten sind. Vis-a-vis ist zu sehen, was daraus geworden ist. Nicht immer hat sie ihre Arbeiten vollendet, sondern überraschende Effekte durch Weglassen oder vorzeitiges Beenden erzielt. Es gelingen ihr wohlanzusehende Aktbilder.
Stadtlandschaften, vor allem aus der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts, zum Beispiel vom Bau der Sanzebergbrücke und der Blick auf das Amtsgericht, weisen Elisabeth Wolfs Verbundenheit zu dieser Stadt aus. Ebenso wie ihre Stilleben (mit roten Nelken oder mit Tulpen und Bananen) sind diese Bilder keiner einheitlichen Stilrichtung verpflichtet.


Als Frau war ihr ja die Tore zu Kunstakademien verschlossen. Sie musste sich mit Kursen, vor allem bei drei Künstlern unterschiedlicher Richtungen, "begnügen". Besonderen Einfluss auf sie hatte der berühmte Lovis Corinth. Außerdem bewegte sie sich in der Berliner Künstlerinnenszene, bei den so genannten "Malweibern".


Das Museumsteam um seinen Leiter Robert Büschel hat mit dieser Ausstellung Türen in ein Werk geöffnet, das hinter Huldigungen und Preisverleihungen an die Künstlerin lange Zeit im Schatten gestanden hat. Man kann diese schöne Präsentation gewissermaßen auch zum Preis von 24,99 Euro mit nach Hause nehmen. Kunsthistoriker Jörg Sperling, unterstützt vom Fotokünstler Maik Lagodzki, hat einen sogleich informativen wie ansehenswerten Ausstellungskatalog (Dank der Druckzone Cottbus) erarbeitet. In ihn sind die zweijährige intensive Forschungsarbeit Sperlings zum Werk der Elisabeth Wolf ebenso eingeflossen wie Jahrzehnte kunstwissenschaftlicher Erfahrung. Dieser Katalog macht den Weg zu Elisabeth Wolf jeden Tag gangbar.






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