Birgit Branczeisz

Zu wenige Lehrer im Beruf

Sachsen. Auch Beamtenstatus und viele Angebote locken so manchen Absolventen offenbar nicht vor die Klasse.
Kultusminister Christian Piwarz stellt die Zahlen für das neue Schuljahr vor.

Kultusminister Christian Piwarz stellt die Zahlen für das neue Schuljahr vor.

Bild: Branczeisz

In Sachsen starten 536.000 Kinder und Jugendliche ins neue Schuljahr. Das sind erneut mehr als im letzten Jahr - da waren  es 518.000. Gerade die Erstklässler-Jahrgänge sind sehr stark.  Ein Grund dafür bleibt die Zuwanderung. Dem entgegen steht ein neuerlicher Geburtenknick ins Haus, der in spätestens 4 Jahren in den Schulen ankommt. In den Kitas sieht man ihn schon.

Vor dieser Gemenge-Lage geht Kultusminister Christian Piwarz auf die neuesten Zahlen fürs kommende Schuljahr ein. Die wohl wichtigste: Sachsen hat 1.033 neue Lehrer eingestellt, die meisten an Grundschulen (285) und Gymnasien (288). Insgesamt sind von den 1.033 Lehrkräften nur 773 grundstudierte Lehrer, wie es  so schön heißt. Hinzu kommen 120 pädagogische Fachkräfte für Förderschulen, plus 140 Quereinsteiger, die alle Kriterien erfüllen. 

»Wir hätten gern mehr eingestellt, wir hatten auch die Gelder im Haushalt!«, so das Fazit des Ministers und er ergänzt: »Wir können die in Rente gehenden Lehrer zwar inzwischen ersetzen, aber die steigenden Schülerzahlen machen uns gerade zu schaffen!«

Warum das so ist, erklärt ein Blick auf die Bewerberlage.  Ein Viertel der ausgebildeten Bewerber kommt aus anderen Bundesländern. Das ist viel und war nur durch die neuerliche Verbeamtung der Lehrer in Sachsen zu schaffen. Fast 90 Prozent der Bewerber konnten mit einem Angebot gewonnen werden. Das ist eine Traumquote im Vergleich zu Vorjahren, wo nur rund 60 Prozent der Bewerber am Ende zusagten. »Ich will mir gar nicht ausmalen, wo wir ohne Verbeamtung stehen würden«, kommentiert Christian Piwarz entsprechend.

Trotzdem löst der Zuspruch die Schulprobleme nicht wirklich, sondern verhindert nur den Kollaps. Eine wirkliche Auswahl unter Bewerbern gibt es nur in Dresden und Leipzig, hier besonders an Gymnasien. Jeder, der nicht genommen werden kann, bekommt wenigstens zwei, drei andere Angebote. Piwarz räumt ein: »Den Luxus tatsächlich in Sachsen auszuwählen, kann ich mir gar nicht mehr vorstellen.« Vor allem in Ostsachsen, an Oberschulen und an Berufsschulen bleibt es schwierig. Hier kommen auch häufiger Quereinsteiger zum Zuge - »ohne sie wird es auch künftig nicht gehen«, stellt der Minister klar.  An Schulen, an denen trotzdem Lehrkräfte fehlen, soll ein flexibles Lernbudget helfen, externe Kapazitäten zu binden. An den Grundschulen können dagegen nahezu alle Stellen besetzt werden – das ist eine gute Nachricht. 

Echte Sorgen macht dem Ministerium das Thema Naturwissenschaften – Piwarz unternimmt mit dem Wissenschaftsministerium derzeit alles, damit Lehramtsstudenten auch in größerer Zahl zum Abschluss kommen. Denn das ist der eigentliche Knackpunkt in Sachsen.

Zwar ist die Zahl der Referendar-Stellen noch einmal massiv ausgebaut worden, doch das muss sich auch in der Realität niederschlagen. Und diese Zahlen lassen aufhorchen: 2.391 Lehramtsstudenten sind im Jahrgang 2023/24 eingeschrieben sowie 1.083 Absolventen des Lehrer-Vorbereitungsdienstes verzeichnet (zum Vergleich im Jahr 2007 waren es 388). Doch viel zu wenige Absolventen schließen ab, bzw. sie gehen in andere Bundesländer, ins Ausland, andere Bereiche oder jobben, ohne in den Staatsdienst einzutreten.

Das Ziel des Ministers ist daher 2.700 Absolventen jährlich zu erreichen. Fakt ist aber: Alle Bundesländer fischen sozusagen im gleichen Teich. Die Konkurrenz um die besten Köpfe bleibt trotz Verbeamtung hart.

Löst sich das Problem vielleicht mit dem Geburtenknick? »Wenn man wenig Verantwortung übernehmen will, kann man warten«, sagt Piwarz. »100 Prozent sind die Mindestanforderung und da sind wir gefordert.« Er rät, sich schon jetzt Gedanken zu machen, dass sich Dinge nicht wiederholen, »die wir schon erlebt haben« – sprich, wie aktuell bei den Kita-Erziehern, die jetzt abwandern, weil Kinder fehlen und die später vielleicht wieder händeringend gebraucht werden. 

 

DAS IST NEU AB KOMMENDEM SCHULJAHR

Lesen, Schreiben, Rechtschreiben und Sachkunde werden wichtiger. Ab Klasse 1 gibt es künftig 1 Stunde mehr Sachunterricht, ab Klasse 2 dann 1 Stunde Deutsch zusätzlich.  

Schulen erhalten das KI-Tool „KAI“  über Schullogin, zunächst wird es für 4.000 Lehrer freigeschaltet - bis zum Jahresende ist der Zugang für alle Lehrer geplant. Die KI ist vorerst textbasiert, ähnlich Chat GPT, in den nächsten Monaten kommt bildgenerierende KI sowie ein Assistenzmodus dazu. Für Lehrkräfte startet verpflichtend die Offensive „Digital? Gescheckt!“  Digitale Selbstlernphasen werden an Oberschulen und Gymnasien systematisch ausgebaut.

Der Rat für Deutsche Rechtschreibung hat entschieden:

1. der erweiterte Infinitiv mit „zu“ wird wieder mit Komma abgetrennt.

2. Sonderzeichen wie Gendersternchen (*) oder Gender-Gap (Unterstrich) und Binnen-I (LehrerIn), Doppelpunkt (:) etc. in Worten sind nicht erlaubt und künftig  Fehler, d.h. sie werden entsprechend benotet.

 

   

   

 

 


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