Birgit Branczeisz

Schilder-Streich am Garagentor

Dresden. Türanhänger sollen Garagenbesitzern klarmachen, dass ihnen die Kündigung bevorsteht. 

Viele haben die Debatten in den Stadtbezirksbeiräten noch gar nicht mitbekommen, glauben die Akteure der Aktion.

Viele haben die Debatten in den Stadtbezirksbeiräten noch gar nicht mitbekommen, glauben die Akteure der Aktion.

Bild: pix

In den nächsten Wochen werden hunderte Türanhänger an Dresdner Garagentoren hängen. Stadtrat Heiko Müller (AfD) will damit darauf aufmerksam machen, dass vielen Garagenbesitzern plötzlich eine Kündigung ins Haus flattern kann. Denn der Dresdner Stadtrat soll jetzt beschließen, dass Oberbürgermeister Dirk Hilbert innerhalb der nächsten zehn Jahre Kündigungen verschicken darf, sobald an der betreffenden Stelle ein anderes Bauvorhaben geplant ist.

Ein halbes Jahr hätten die Garagenbesitzer dann Zeit, ihr Eigentum zu räumen und müssen noch dankbar sein, dass sie für den Abriss nichts bezahlen müssen. Entschädigungslos geht das vonstatten. Denn der Boden auf dem die Garagen stehen, gehört der Stadt. Bereits seit 2020 kann die Kommune ohne Grund die Garagenverträge kündigen. 2007 ist die Frist ausgelaufen, bis zu der die Stadt dafür noch den Zeitwert bezahlen musste.

Der Gesetzgeber hat sich davon leiten lassen, dass die Garagen, die überwiegend in den 60er und 70er Jahren gebaut wurden, im Jahr 2007 wertmäßig abgeschrieben sind. Etwa 3.000 städtische Garagen gibt es. 1.965 Garagenbesitzern möchte die Stadt kündigen und die Flächen anders nutzen: 950 für Wohnbau, 250 für Grünflächen, 765 für anderen kommunalen Bedarf. Weitere 900 Garagen betrachtet selbst die Stadt als "Konfliktfälle", für die noch Klärungsbedarf besteht. Lediglich 415 Garagen sollen für 10 Jahre eine Bestandsgarantie bekommen.

Große Wohnungsgesellschaften wie die Vonovia beobachten das Prozedere sehr genau und haben ihrerseits schon mal Interesse angekündigt, eigene Garagenflächen für Neubauten zu nutzen. Auch anderen Garagenmietern könnte also irgendwann das Gleiche passieren. Wie die Stadt mit ihren kommunalen Garagenflächen umgeht, könnte eine Blaupause für ganz Dresden werden.

Dabei hatte der Stadtrat schon 2017 die Art des Umgangs mit den Bürgern  missbilligt, als an der Paunsdorfer Straße Garagen abgerissen wurden. "Einfach kündigen", diese Kommunikation sollte es laut Stadtratsbeschluss künftig nicht mehr geben. Genau das wird aber erneut passieren, wenn der OB ermächtigt wird, in den kommenden 10 Jahren frei zu agieren. In einigen Jahren erinnert sich niemand mehr an die denkwürdige Abstimmung. Das böse Erwachen kommt später.

Die Stadtratsfraktion der AfD hält den Rundumschlag ohnehin für falsch, wie sie jetzt bei einem Pressetermin erläuterte. Er verschärfe den Parkplatzmangel, der u.a. durch Radrouten und Anwohnerparken entstanden ist. Garagengemeinschaften sind zudem wichtige nachbarschaftliche Treffpunkte. Auch den Wohnraummangel hätten nicht die Bürger verschuldet, sondern die Politik.

"Wenn an einem Standort die Garagen leerstehen oder verfallen, haben wir nichts gegen eine neue Nutzung, aber funktionierende Garagengemeinschaften zu enteignen, das geht nicht", sagt Stadtrat Thomas Ladzinsky. Gerade jetzt, wo weniger gebaut werde, sei eigentlich genügend Zeit, sich mit den Bürgern an einen Tisch zu setzen und über Stellplätze und Umnutzungen zu sprechen.

www.meine-garage-bleibt.de

 


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