Birgit Branczeisz

Damit die Linie 4 in Radebeul noch fahren kann 

Radebeul. Über ein Jahr wird die Meißner Straße voll gesperrt. Warum das so ist und was gemacht wird.

Sie ist Hauptschlagader und Taktgeber zwischen Dresden und dem Landkreis Meißen - aber diese Verkehrsader ist längst aus dem Takt. "Richtig weh tut das", sagt DVB-Vorstand Andreas Hemmersbach und nennt ausgerechnet die Kulturlinie 4 die "Zuckel-Linie" seiner Flotte. Das ist längst augenfällig. Überall Flicken, Platten, die sich heben oder senken - die Straßenbahn schleicht auf gut 500 Metern mit 10km/h die Meißner Straße entlang. Seit drei Jahren geht das so. "Da kann man ja fast nebenher laufen", so Hemmersbach kopfschüttelnd.

Doch damit soll jetzt Schluss sein. Ab 4. September beginnt eine der spannendsten Baumaßnahmen. Die Hauptschlagader "Meißner Straße" wird geöffnet. Unter Vollsperrung, denn die wahre Herausforderung beginnt unter der Straße. Bis zu 15 Meter tief werden verschiedenste Firmen in den Straßenkörper hineingehen - Medien erneuern, die z.T. 100 Jahre alt sind. Was da an Fundstücken zutage kommt, darauf sind Stadt und DVB selbst gespannt. "Das macht das Bauen so langwierig, wir verlegen ja nicht bloß neue Gleise", baut Hemmersbach vor. Denn diese Baustelle wird zur Geduldsprobe für Anwohner und Pendler.

Auf 780 Metern zwischen der Gleisschleife Radebeul-Ost und Einmündung Eduard-Bilz-Straße wird gebaut was es bauen gibt. Mit Nebenstraßen und Plätzen sind es sogar über 1.000 Meter - und das bis November 2024. Der erste Abschnitt dauert bis zum Frühjahr und geht von der Schillerstraße bis zur August-Bebel-Straße - d.h. der Knotenpunkt Meißner Straße/ August-Bebel-Straße/ Zinzendorfstraße ist komplett gesperrt. 7 Busse werden als Ersatz für die 4 Straßenbahnen eingesetzt. Umstieg ist an der Forststraße.

Starke Nerven brauchen die Anwohner: der gesamte Verkehr wird landeinwärts über Kieferstraße, Sidonienstraße, Pestalozzistraße und Schildenstraße umgeleitet. Stadtauswärts geht`s über Schildenstraße, Pestalozzistraße, Hauptstraße, Gartenstraße, Seestraße und Forststraße. Erst im 2. Abschnitt werden beide Fahrtrichtungen über Zinzendorfstraße, Sidonienstraße, Pestalozzistraße und Schildenstraße geführt.

Was wird gemacht? z.B. 700 Meter Trinkwasser- und Abwasserleitungen verlegt, 840 Meter Gasleitungen, 26 Hausanschlüsse, Medien, nicht zu vergessen - alle Provisorien für die Anlieger. 2 Ampeln an der A.-Bebel-Straße/Zinzendorfstraße und an der Hauptstraße werden getauscht. Das alte Trafohaus wird denkmalsgerecht saniert und innen modern für Steuerungstechnik ausgebaut, der Bebel-Platz wird begrünt und gestaltet, die Nebenstraßen farblich aufgepflastert. 36 Lampen aus den 80er Jahren müssen abgebaut und gegen 41 LED-Leuchten getauscht werden - allein dafür werden 2,4 km neues Erdkabel verlegt.

Gehwege, Haltestellen, Überwege - alles wird neu. Auch Autos sollen künftig schneller vorankommen. Für die Straßenbahn verspricht Andreas Hemmersbach bis zu drei Minuten Zeitgewinn. "Das ist auf 800 Meter im dichten Verkehr sehr viel", sagt er. Die neue "Meißner" ist 10,60 Meter breit, davon entfallen 7,60 Meter auf Straßenbahn und Auto - sowie je 1,50 Meter auf flankierende Radwege.

37.600 Fahrgäste werktags in Radebeul, nach Weinböhla 8.000, das sind die letzten Zahlen, die deutlich steigen könnten, fallen doch durchs Deutschlandticket die Tarifzonen weg. Besonders attraktiv: Radebeul bezahlt für den Verdichtungstakt auf 10 Minuten bis zur Gleisschleife Radebeul-West - der Landkreis Meißen finanziert nur die Grundversorgung "Halb-Stunden-Takt".

Hier wird für die nächsten Jahrzehnte gebaut und das kostet: rund 14 Millionen. Davon investieren Bund, Land und VVO 8,2 Millionen, 5,9 Millionen werden als Förderung erwartet. Den Rest trägt der Landkreis Meißen. Die Stadt Radebeul gibt ihrerseits 4,2 Millionen für Arbeiten, die nicht gefördert werden. Bis 2040 sollen weitere Abschnitte folgen, dann ist Radebeul-West dran: vom Gradsteg (Tankstelle) bis Gleisschleife/Friedsteinstraße und das Stück an der Lutherkirche von der E.-Bilzstraße bis zur Wasastraße sowie von der Gleisschleife-Ost bis Autobahnbrücke. Doch das ist Zukunftsmusik.


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