Als Menschen im Dresdner Zoo zur Schau gestellt wurden
Das Interesse sei ja so riesig wie bei einer Elefantengeburt, begrüßt Zoo-Direktor Karl-Heinz Ukena die Presse im Auditorium des Zoos. Großes Medieninteresse, dazu für eine Ausstellung, die erst ab 5. November im Stadtmuseum gezeigt wird - da muss das Thema außergewöhnlich sein.
Mit dem Titel "MenschenanSchauen. Selbst- und Fremdinszenierungen in Dresdener Menschenausstellungen" ist es genau das - außergewöhnlich, unheimlich und ein Phänomen seiner Zeit. Ist es die Lust am Perfiden, Scham, eine Ahnung davon, was die Beschäftigung mit den einst üblichen "Menschenschauen" heute an gedanklicher wie praktischer Sprengkraft birgt?
Mit einem Sammelband zu Menschenschauen in Dresden wollen Dr. Christina Ludwig, Andrea Rudolph, Thomas Steller und Volker Strähle für das Stadtmuseum einen umfassend erschlossenen Fakten-Fundus - aber auch ganz verschiedene Sichtweisen der Autoren zur Diskussion stellen. Denn das genau soll es sein - der angekündigte Diskurs, der gerade beginnt.
Dass dabei ein Großteil der Texte "durchgegendert ist" wie ein Zuhörer kritisch einwirft, zeigt, wie unversöhnlich heute Debatten verlaufen. Die Herausgeber haben die jeweilige Sichtweise des Autors, der Autorin zugelassen - sie selbst stehen zum Gendern. Um wie viel schwerer ist es erst, weit Zurückliegendes neu zu erfassen, einzuordnen, zu hinterfragen. Die Frage ist, kann man hinterfragen und umbewerten, ohne gleich ganze Gesellschaften mitzureißen, weil nichts mehr gilt? Das Handeln unserer Vorfahren ohne den damaligen historischen Kontext zu betrachten, kann nichts erklären. Unsere Nachkommen werden unser Tun gewiss ebenso verwundert oder entsetzt betrachten.
"Menschenschauen" jagen uns zweifellos heute noch einen Schauer über den Rücken. Warum hat man sowas getan? Weil es im Verständnis des Kolonialismus üblich war und vor allem einträglich, so wie einst auch ägyptische Mumien gezeigt und zerstört wurden? Doch es geht hier um lebende Menschen, die ausgestellt, inszeniert und vorgeführt wurden - als Objekte. Wie freiwillig und gar selbstbestimmt die Verträge der "Darsteller" mit ihrem Impresario waren, wird ebenfalls diskutiert. Auch, warum Menschen heute noch Indianer anders wahrnehmen als afrikanische Ureinwohner.
Der Sammelband zeigt berührende Schicksale, die überliefert sind. So kann das Thema beim Leser greifen.
Zwischen 1878 und 1934 dokumentieren die Herausgeber 76 Menschenschauen in Dresden, darunter 65 "Völkerschauen". Allein an einem "billigen Sonntag" 1889 kamen anlässlich der "Ostafrikanischen Karawane" 27.000 Besucher in den Zoo. Die Dresdner Zoodirektoren Albin und Adolph Schoepf sowie Gustav Brandes organisierten keine eigenen Menschenschauen, sie engagierten andere dafür. Im Gegensatz zum Leipziger Zoo-Direktor Ernst Pinkert, der selbst Schaugruppen rekrutieren ließ und auf Tournee schickte. Der Hintergrund: Für Menschenschauen wurde kein gesonderter Eintritt erhoben - doch der enorme Besucherstrom garantierte ordentlich Einnahmen.
Direkte Begegnungen mit den Besuchern waren nicht vorgesehen, stattdessen zeigte man wie auf einer Bühne, was man für "authentisch" hielt oder vorgab. Die "Darsteller" wohnten im "Hotel zum wilden Mann", einem langen Holzbau, wo auch die mitgereisten Tiere unterkamen. Das war kein Zufall, sondern die Konsequenz der Denkhaltung, man könne Nicht-Europäer gleichsam Tieren ausstellen. Inzwischen bezweifeln Menschen, dass der Mensch das Recht habe, Tiere in Gefangenschaft zu präsentieren. Noch 1951 wurde im Dresdner Zoo eine "Tierfangexpedition" inszeniert, zu der ein einheimisches Dorf in der Tradition der Menschenschauen nachgestellt wurde.
Die Herausgeber des Sammelbandes sind überzeugt, dass heutige Vorstellungen des "Anderen" und "Fremden" bis in diese Zeit zurückreichen.

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