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In der Cottbuser Altstadt kann man sich wohlfühlen

Im WochenKurier-Gespräch spricht Gottfried Lindner, Vorsitzender des Cottbuser Altstadtverein e.V., über die Altstadt als Ort des Wohlfühlens, über die Stellung der Spremberger Straße, wirft einen kritischen Blick auf die Erweiterung des Blechen Carré und spricht über das angedachte Mobilitätskonzept für die Altstadt in Cottbus.
Gottfried Lindner, Vorsitzender des Cottbuser Altstadtverein e.V.. Foto: sts

Gottfried Lindner, Vorsitzender des Cottbuser Altstadtverein e.V.. Foto: sts

Wie bewerten Sie den aktuellen Wohlfühlfaktor in der Cottbuser Altstadt? In der Cottbuser Altstadt, unserer guten Stube, kann man sich wohlfühlen, auch wenn jetzt die Schirme bald wieder eingeklappt werden und sich das Bild etwas wandelt. Trotz Corona wird unsere Altstadt gut besucht. Das ist ein Zeichen, dass man sich hier wohlfühlen kann. Natürlich gibt es immer Punkte, die verbessert werden können. Welche Ansätze sehen Sie dafür?
Es sind einfach Dinge. Beispielsweise müssten die Sitzgelegenheiten auf dem Altmarkt dringend ausgetauscht werden. Die Leute stehen davor und überlegen, ob sie sich hinsetzen oder nicht. Das Holz ist teilweise so beschädigt, dass sich die Leute ihre Kleider zerreißen, weil sie an den Holzsplittern hängen bleiben. Das muss jetzt nicht mehr im Herbst verbessert werden. Im Frühjahr würde das auch noch ausreichen. Ich hoffe, die Stadt hat das im Blick. Ein Sorgenkind der Altstadt ist das Quartier am Schlosskirchplatz. Wie könnte hier für mehr Leben gesorgt werden?
Hier wurde schon vieles versucht. Ich glaube, das Problem des Leerstandes kann man nur mit Kompromissen lösen. Vielleicht über die finanzielle Schiene mit gesenkten Miet- oder Betriebskosten für eine gewisse Zeit. Aber auch spezielle Kurzzeitparkplätze würden vielleicht helfen, um möglichen Interessenten die Räume schmackhaft zu machen. Das Problem ist jedoch, dass die Häuser größtenteils Privateigentümern gehören, die weit verstreut sind und die über ein Immobilienbüro versuchen, wieder Leben hinzubekommen. Aber die ›Zu vermieten‹-Schilder hängen gefühlte 100 Jahre noch da. Das ärgert uns als Altstadtverein natürlich auch. Hier wäre vielleicht mehr Unterstützung seitens der Stadtverwaltung hilfreich. Die Spremberger Straße ist als klassische Flaniermeile sehr beliebt. Wie attraktiv ist die »Sprem« aus Ihrer Sicht heute?
Sehr attraktiv. Es sind stets Leute vor und in den Läden unterwegs. Durch die gastronomischen Einrichtungen sowie durch die Vielzahl der Angebote unserer Händler ist die Straße immer wieder ein Anziehungspunkt. Ausreichend Sitzgelegenheiten sind vorhanden und neue Papierkörbe jetzt auch. Was mich ärgert sind Kleinigkeiten, wie etwa Beschmierungen an den städtischen Pflanzkübeln. Wie kann die Anziehungskraft der »Sprem« gesteigert werden?
Neue oder gestrichene Pflanzkübel wären schon hilfreich. Und auch die Skulptur von Hans Scheuerecker am Eingang der Spremberger Straße könnte von der Stadt dringend einmal gereinigt werden. Sie steht mitten im Laufweg und ist nicht mehr schön anzuschauen. Der Investor des Blechen Carrés hält an seinen Plänen eines zweiten Bauabschnittes fest. Wie sehen Sie diese Erweiterung des Einkauftempels in direkter Nachbarschaft zur Spremberger Straße? Ich befürworte keinen Bau. Dass in dem Neubau etwa auch Lebensmittelgeschäfte hineinkommen sollen macht keinen Sinn. Die haben wir im Gebiet ausreichend vorhanden. Zudem verfügt Cottbus bereits über eine ausreichende Verkaufsfläche im Einzelhandel. Der Neubau bringt uns dahingehend nicht vorwärts. Im Gegenteil. Wir müssen aufpassen, dass wir dadurch unsere »Sprem« nicht kaputt machen. Ich bin dankbar, dass jetzt die großen Ketten aus der »Sprem« in der Straße bleiben, sie ihre Verträge verlängert und teilweise umgebaut haben und nicht, wie angekündigt, in den künftigen Neubau am Blechen Carré einziehen wollen. Das ist ein gutes Signal für die Spremberger Straße. Könnte das größere Einkaufscenter nicht auch ein stärkeres Zugpferd für die »Sprem« sein?
Das bestehende Blechen Carré ist es zum Glück geworden. Es gibt eine Laufrichtung in beiden Seiten. Den Durchgang von der »Sprem« zum Heronplatz haben wir gemeinsam mti der GWC mit Lichtinstallationen hervorgehoben, um zu zeigen, dass dort ein Übergang zur Spremberger Straße vorhanden ist. Diese Wegeverbindung zwischen der »Sprem« und dem Blechen Carré funktioniert sehr gut. Ob es mit einer Erweiterung des Blechen Carré auch noch so sein wird, ist die große Frage. Auf der anderen Seite bringt uns die aktuelle Brache auch nicht mehr Leute. Trotzdem finde ich, dass dort kein Neubau entstehen sollte. Lieber sollte die Fläche ordentlich gestalten werde - etwa als Park. Wenn aller noch eine Weile warten, dann haben wir sogar schon einen Stadtwald da. Wie betrachten Sie das „Mobilitätskonzept Altstadt Cottbus“, welches als großes Ziel die Lebensqualität verbessern und die Verkehrssicherheit dort erhöhen soll?
Ich habe meine Zweifel. Mit der Sperrung für den Durchgangsverkehr zum Altmarkt könnte ich leben. Alles andere würde zu weit gehen. Dazu gibt es viele Stellungsnahmen von unterschiedlichen Seiten. Man sollte auch an die älteren Leute denken, die auf ein Taxi angewiesen sind, um zum Arzt oder zur Apotheke zu kommen. Der Lieferverkehr muss auch bedacht werden. Doch alle Regeln helfen nicht, wenn wir es nicht schaffen, dass Leute sich an ihnen halten. Ich habe jetzt sogar einen Autofahrer getroffen, der über den Heronplatz zum Blechen Carré gefahren ist. Das geht gar nicht. Und wenn Leute die aktuellen Regeln missachten, dann brauche ich auch nicht über andere Barrieren für den Kfz-Verkehr nachdenken. Unsere Innenstadt ist durch öffentliche Verkehrsmittel sehr gut angebunden. Das nutzen die Cottbuser bereits gut. Und die Auswärtigen reisen mit dem Pkw an. Gerade diese Leute wollen wir doch nach Cottbus holen. Mit dem vorgeschlagenen Mobilitätskonzept für die Altstadt machen wir uns nun Gedanken, wie wir die letzten Straßen auch noch sperren können. Doch man muss schauen, wie das auf die gesamte Stadt wirkt. Mich ärgert an diesem Mobilitätskonzept, dass man hier nicht auf die Bremse tritt, um noch einmal genau zu überlegen, wie man das optimaler gestaltet. Die Stadtverwaltung ist Bestandteil der Altstadt. Das Rathaus am Neumarkt liegt unweit ihres Büros für den Altstadtverein. Inwieweit unterstützt die Cottbuser Stadtverwaltung den Altstadtverein Cottbus?
Wir sind leider keine feste Größe in den Gedankenspielen der Stadt. Natürlich gibt es ab und zu Anfragen und Einladungen, die an uns herangetragen werden - aber das könnte noch viel besser laufen. Welche Form der Unterstützung würden Sie sich wünschen?
Ein besserer gegenseitiger Austausch wäre sehr wünschenswert. Ebenso ein fester Ansprechpartner für uns bei der Stadt. Wir möchten das Gefühl vermittelt bekommen, dass wir wahrgenommen und berücksichtigt werden. Ich wünsche mir, dass wir stärker in die Projekte einbezogen werden, die die Altstadt betreffen. Wenn ich als Vereinsvorsitzender wenig Informationen erhalte, kann ich diese auch nur so an unsere Mitglieder weitertragen. Wir sollten doch gemeinsam auf Augenhöhe für die Altstadt aktiv sein. Inwieweit haben sich die Gewerbetreibenden der Altstadt aus der Corona-Lethargie befreit?
Sie haben alle wieder geöffnet. Es ist Gott sei Dank von unseren Einzelhändlern keiner auf der Strecke geblieben. Ich kenne jetzt nicht konkrete Umsatzzahlen, aber es wird jeden wehgetan haben, ein Vierteljahr keine Umsätze zu generieren. Es wird sich am Jahresende zeigen, wie schwerwiegend die dreimonatige Schließzeit war. Das Wichtigste ist aber, dass sie alle noch da sind, weitermachen und nicht aufgegeben haben. Das Schlimmste, was jetzt passieren könnte, wäre, wenn wir wieder alles schließen müssen. Dann bin ich mir nicht sicher, ob dann wieder alle öffnen. Deshalb sollten wir uns alle konsequent an die bestehenden Regeln halten und sich nicht leichtfertig darüber hinwegsetzen. Welche Bedeutung hat der Weihnachtsmarkt der 1000 Sterne auf dem Altmarkt für die Altstadt?
Eine sehr große Bedeutung. Er zieht viele Menschen in die Stadt. Und die sind voll des Lobes. Der Weihnachtsmarkt ist ein gutes Aushängeschild für ganz Cottbus. Ich hoffe, dass er nicht abgesagt wird. Er wird aufgrund der Corona-Pandemie sicherlich in veränderten Form stattfinden. Aktuelle Veranstaltungen in der Altstadt sind das Cottbuser Töpferfest am 12. September an der Oberkirche sowie der verkaufsoffene Sonntag am 13. September. Welchen Stellenwert haben beide Veranstaltungen für die Altstadt?
Der Töpfermarkt ist für die Altstadt immer gut. Er hat eine starke Anziehungskraft. Es waren immer viele Leute unterwegs. Ein verkaufsoffener Sonntag ist für uns genauso wichtig. Aber es müssen auch alle mitmachen und sich an die Öffnungszeiten halten. Sonst schade dies das gesamte städtische Bild.


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