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Carola Pönisch

Der Canaletto von Striesen

Roberto Preußer hat eine besondere Gabe: Er kann zeichnen. Dabei hat der 59-Jährige nie eine Kunstschule besucht. Auch in seinem Beruf als Maler ist der gelernte Maurer Autodidakt. Und trotzdem kann er es getrost mit den Alten Meistern aufnehmen, wie sein bisher größtes »Lebenswerk« zeigt.
Roberto Preußer vor seinem »Canalettoblick«. Vier Jahre malte er an dem 2,37 x 1,34 Meter großen Bild. Vielleicht hängt es ja eines Tages als Leihgabe in einem Dresdner Hotel. Foto: Pönisch

Roberto Preußer vor seinem »Canalettoblick«. Vier Jahre malte er an dem 2,37 x 1,34 Meter großen Bild. Vielleicht hängt es ja eines Tages als Leihgabe in einem Dresdner Hotel. Foto: Pönisch

»Schreiben Sie bloß nicht, dass ich die Alten Meister kopiere. Ich bin kein Kopist, dafür fehlt mir viel zu viel Wissen. Ich male Bilder nach.« Das zu betonen, ist Roberto Preußer sehr wichtig. »Würde ich ein bekanntes Werk kopieren, müsste ich viel mehr über die original verwendeten Farbanalysen und Untergründe wissen. Dieses Wissen habe ich aber gar nicht, das maße ich mir nicht an.« Sein Satz »ich male nur nach« ist indes reichlich untertrieben. Gerade erst hat der 59-Jährige nämlich  den »Canalettoblick« fertiggestellt – jenes berühmte Werk von Bernardo Bellotto namens »Dresden vom rechten Elbufer unterhalb der Augustusbrücke«. Fast vier Jahre hat er seit Oktober 2017 in seiner Freizeit daran gemalt. Noch steht das Bild – natürlich in Originalgröße – auf der Staffelei, doch bald wird Roberto Preußer es in den extra angefertigten goldfarbenen Rahmen einsetzen. Und dann? Was macht man mit so einem Werk, bei dem der Laie sprachlos  ist und jeder Fachmann begeistert sein dürfte? »Ich weiß es nicht. Auf keinen Fall verkaufen, aber wenn ich es mir wünschen könnte, dann wäre die Lobby eines Hotels in der Dresdner Innenstadt   vielleicht der beste Platz für das Bild als Leihgabe«.  Mindestens 15.000 Euro könne er dafür verlangen, hat ihm ein Fachmann gesagt, aber um Geld geht es Roberto Preußer nicht. Das verdient er als Maler, also als Gestalter von Fassaden und Räumen. »Die Kunstmalerei ist meine Leidenschaft und soll es bleiben.«   Sein Talent fürs Malen entdeckte ein Onkel, da war der gebürtige Dresdner elf Jahre alt. Lange hatte er anfangs nur mit Bleistift und Kohle gearbeitet, zu groß war der Respekt vor Farbe. Doch ersten Arbeiten mit Aquarell folgten bald Werke in Öl und dann waren es schnell die Alten Meister des 17. bis 19. Jahrhunderts, die Preußer bis heute begeistern. Und so steht in seiner Wohnung auch »Caritas (Köchin Katharina)« (Friedrich von Amerling), »Comfort in Grief« (Louis Gallait) und über dem Sofa hängt ein großer Apostel,  wie ihn Christoph Wetzel an die Decke der Frauenkirche gemalt hat. »Nur wenn mir ein Bild besonders gefällt, male ich es nach. Porträts oder Auftragswerke sind nicht so mein Ding«, sagt er. Und meint damit: Wenn schon ein Akt, dann eher die »Schlummernde Venus« als ein echtes Aktmodell der Moderne. Zwei neue große Projekte stehen schon fest: Die Rialtobrücke in Venedig und die Dominikanerkirche in Wien wird er nachmalen, beides nach Canalettos Originalen. »Diese Tiefe in seinen Bildern, die vielen Details, das fasziniert mich«, schwärmt Preußer. Doch erst einmal will er sein Meisterwerk, den »Canalettoblick«, noch etwas genießen - ehe der vielleicht wirklich mal eines Tages in der Lobby eines Dresdner Hotels (vielleicht am Neumarkt) hängt ...


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