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Ein Panzerzug auf Anti-Drogen-Kurs

Eine sehr anschauliche Art der Aufklärung: Der tschechische „Revolution Train“ tourt im Herbst durch Sachsen.

Wer diesen Zug erlebt hat, sieht Drogen mit anderen Augen. Auf Einladung der Initiatoren haben wir uns diesen Zug einmal genauer angesehen und können es jeder Stadt mit einem Gleisanschluss nur empfehlen, diesen „Revolution Train“ zur Aufklärung ihrer Kinder & Jugend zu buchen. Noch gibt es ein paar freie Termine für dieses (wenn auch nicht ganz billige) Erlebnis.  
Der Zug:
Der „Revolution Train“ ist ein 150 Meter langer Zug mit 40 Jahre alten Waggons aus DDR-Zeiten. Ein Zug mit einem ganz besonderen Innenleben. Drinnen befinden sich kleine Kinos, eine Polizeistation, ein Gefängnis, ein nachgestellter Unfall und ein sogenanntes „Drogennest“. All dies ist Teil eines mobilen Erlebnisprogrammes, das entlang der deutsch-tschechischen Grenze unterwegs ist, mit einem völlig neuen Konzept der primären Drogenprävention auch für Schüler und Schülerinnen aus Deutschland.

Wer steckt dahinter?

Die 1,5 Millionen Euro für die Anschaffung und Ausrüstung der Waggons kommen vom „Stiftungsfond Neues Tschechien“.  Dahinter steckt Pavel Tuma, er hatte die Idee für den Anti-Drogen-Zug, er ist Stiftungsgründer, Initiator, Projektautor und schrieb das Drehbuch für die Kurzfilme, welche in diesem Zug eine wichtige Rolle spielen. Wie funktioniert der Zug?
„Im Revolution Train findet keine klassische Drogenaufklärung statt, wie Sie das aus Deutschland kennen. Hier stellt sich kein Lehrer vor die Klasse und sagt `Drogen sind doof`, sondern hier erleben die Kinder und Jugendlichen, mit allen Sinnen, wie schnell man der Versuchung erliegen kann und was die Droge mit einem Menschen macht“, erklärt Projektkoordinatorin Pavla Witzel.
So werden die Besucher im ersten Waggon der sechs langen Waggons begrüßt, erhalten Informationen über den Zug und den weiteren Ablauf. Jeder erhält außerdem einen Fragebogen, den er während des Besuchs ausfüllen soll. In diesem Fragebogen geht es u.a. um das Freizeitverhalten der Schüler. Ob sie bereits Erfahrungen mit Drogen haben und vieles mehr.
So weit, so unspektakulär. Interessant wird es jetzt: Auf dem Weg in den Waggon No. 2 fällt auf, dass kein Tageslicht in den Zug fällt, die Innenwände scheinen organisch zu sein, sind mit Gewebe und Blutbahnen gestaltet. Das hat seinen Grund: „Im Verlauf unserer Reise durch den Zug werden sich die Wände verändern. So wie sich der Körper unter Drogeneinfluss verändert“, erklärt Pavla. Eine wahre Geschichte
Im Waggon No. 2 sehen die Besucher den ersten Teil eines Films. Er endet mit einer Szene in einer Bar, danach fährt die Leinwand hoch und die virtuelle Realität wechselt plötzlich in die Tatsächliche. Die Schüler nehmen an der Bar Platz und sprechen mit dem Moderator darüber, wie schnell man Versuchung Rauchen verfallen kann. Rauchen ist zwar ein legales Suchtmittel, doch damit steigt die Wahrscheinlichkeit für andere Drogen empfänglicher zu sein. Der Moderator spricht über das Thema Kosten, nicht ohne Grund. „Die Kinder und Jugendlichen bekommt man nicht mit dem Verständnis für Gesundheit, sondern über das Geld und materielle Werte. Wenn ich eine Zeit X rauche, hätte ich mir einen Computer, nach 4 Jahren Rauchen sogar schon ein Motorrad kaufen können.“
Im nächsten Waggon geht der Film weiter, die Erzähler der wahren Geschichte feiern, es wird viel Alkohol getrunken. Nach der Party steigen die Jugendlichen zu einem betrunkenen Mann ins Auto, es kommt zu einem Unfall, ein Mensch stirbt. Die Leinwand verschwindet und die Kids sehen sich mit dem Unfallort konfrontiert.
Und so setzt sich der Besuch der Schüler fort, es werden zwei weitere Filme gezeigt, die Filmdarsteller rutschen immer weiter ab, landen im Drogensumpf. Es geht um immer härtere Drogen, vermurkste Leben, einen goldenen Schuss aber auch um ein Happy End. Denn zumindest eines der Mädels schafft es, mit Unterstützung der Familie, nach drei Jahren von den Drogen los zu kommen.
Man verlässt man den Zug mit einem flauen Gefühl. Und genau dies beabsichtigen die Initiatoren: „Wir versuchen die Jugendlichen mit allen Sinnen zu erreichen, vor allem über die Emotionen. Denn die Nachfrage nach Drogen steigt“, so Pavla Witzel. Den Zug in die eigene Stadt holen:
Bis 30. Juni ist eine Anmeldung möglich, doch das Projekt ist nicht ganz billig. Ein Tag kostet 9.000 Euro. Diese Summe beinhaltet einen Rundumservice, also die Moderatoren, die Versicherung, Erfrischungen, Souvenirs, die Unterlagen für die Teilnehmer und die Bewachung des Zuges. Traurig aber wahr: Weil der Zug mit Multimediatechnik ausgestattet ist, wurde er bereits mehrfach ausgeraubt. Ebenfalls im Preis ist die Auswertung der Unterlagen inbegriffen. Die ermittelten Forschungsdaten werden erfasst, ausgewertet und anonymisiert der Kommune übergeben. Daraus kann die Stadt Erkenntnisse gewinnen, was ihre Kinder und Jugendlichen so treiben und sie kann mit weiteren Maßnahmen, wie Präventionskursen reagieren.
„Wir empfehlen den Städten die Kosten aufzuteilen. Ein Drittel zahlt die Stadt, ein Drittel wird als Eintritt erhoben und für das letzte Drittel sollten Sponsoren zu finden sein.“ Buchbar ist der „Revolution-Train“ von einem Tag bis zu einer Woche, je nach Interesse und dem finanziellen Möglichkeiten. Ideal für Kids ab 13 Jahre
Bis zu 440 Personen können den Revolution-Train pro Tag besuchen. Zugeschnitten ist das Programm für Kinder und Jugendliche zwischen 13 und 16 Jahren.
Allerdings: „Suchtberater aus Deutschland haben sich dafür ausgesprochen, dass in einigen Gegenden auch 10- und 11-Jährige am Programm teilnehmen sollten. Deren Erfahrung nach wären in diesen Regionen einige der Kids bereits mit 12 Jahren abhängig“, so Pavla Witzel. Der Revolution Train 2.0 ist in Arbeit:
Die Zukunft ist die Version 2.0, an der schon gearbeitet wird. Dabei wird das Projekt in transportablen Modulen (Container) auf die Reise gehen. Außerdem werden zum Beispiel spezielle Szenarien mit Gerüchen ergänzt. Mehr Infos: www.revolutiontrain.cz/de Henry Gbureck


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