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Kunstakademie war zu Bauzeiten umstritten

Dresden.1764 entstand als Vorgängerin der heutigen Hochschule für Bildende Künste die "Allgemeine Kunst-Akademie der Malerei, Bildhauer-Kunst, Kupferstecher- und Baukunst" in Dresden.

Überaus reich verziert: die Kunstakademie und der Kunstverein.

Überaus reich verziert: die Kunstakademie und der Kunstverein.

Bild: Archiv Schieferdecker

Ihren ersten Sitz hatte sie im Fürstenbergschen Haus am Schloßplatz 1. Nach mehreren Umzügen und dauerndem Platzmangel verfügte die Königliche Regierung 1884 einen Neubau an der Brühlschen Terrasse. Im Jahr 1894, also vor 130 Jahren, bezog die Akademie den bis heute genutzten Lipsius-Bau in allerbester Lage zur Elbe.

Dem Neubau an der Terrasse mussten die noblen Bauten der Brühlschen Galerie und des Café Reale weichen. Der Dresdner Denkmalpapst des 20. Jahrhunderts, Fritz Löffler, fand so wenig Gefallen an dem Akademiebau. Nicht nur hielt er den Bauplatz für verfehlt. Er kritisierte in seinem Standardwerk »Das alte Dresden« vor allem die Degradierung der Festungsmauer zum bloßen Sockel des Vorhabens.

Im Laufe der Jahre ändern sich die Ansichten zur Architektur. Heute ist unbestritten, dass es sich bei dem Gebäude der Kunstakademie einschließlich der Kunsthalle mit der gläsernen Kuppel um die wichtigste Ergänzung der Silhouette seit der Barockzeit handelt. Anerkannt ist auch die außerordentlich umfangreiche bildkünstlerische Ausstattung. Daran hatten zahlreiche namhafte Dresdner Bildhauer ihrer Zeit Anteil, unter ihnen der Rietschel-Schüler Johannes Schilling sowie Robert Henze, dem auch die Figur der Fama auf der Hauptkuppel zuzuschreiben ist.

Als Architekt des Monumentalbaus wirkte der Dresdner Architekturprofessor Constantin Lipsius. Im typischen Stilmix der Gründerjahre vereinte er Elemente des Neobarocks, der Neorenaissance und des französischen Manierismus miteinander. Die vierflügelige Anlage mit Lehrsälen und Ateliers umschließt einen großen Innenhof. An der Elbfront befindet sich unter einer kleineren Glaskuppel ein Mittelrisalit, der als Hauptportal von korinthischen Doppelsäulen gesäumt wird. Um 45 Grad versetzt, schließt sich nach Osten an das Akademiegebäude die Kunsthalle an. Sie wird von einer gefalteten Glaskuppel bekrönt, volkstümlich als Zitronenpresse bezeichnet.

 

Aus der Zeit gefallen

 

In seinen späten Jahren wandte sich der Architekt zwar dem Realismus zu. Dennoch wirkte das Bauwerk nach dem Abschluss auf seine Zeitgenossen wie aus der Zeit gefallen, als ornamental geratenes Ungetüm. Die eigentliche Einweihung des Kunstakademiegebäudes sollte Lipsius nicht mehr erleben, denn er starb im Jahr der Fertigstellung am 11. April 1894. Gleichwohl trägt das Hauptwerk bis heute als Lipsiusbau dessen Namen. Dass ausgerechnet sein Dresdner Akademiegebäude noch während des Baus auf breite Ablehnung stieß, verbitterte ihn sehr. Durchaus möglich, dass Lipsius‘ Beauftragung ohne öffentliche Ausschreibung ihren Anteil an der Kollegenschelte hatte. Heute erinnert eine Stele an der Ecke Stübelallee / Lipsiusstraße an den Baumeister.

Nicht nur die Architektur, auch der Geist in den Ateliers der Königlichen Akademie waren 1894 hinter den aktuellen Entwicklungen zurückgeblieben. Gelehrt wurde der konservative, akademische Malstil der Historienmalerei. Aus Paris kommend, brachten Gotthardt Kuehl und Carl Bantzer den Impressionismus in die Elbestadt: Sie zogen das Malen in freier Natur dem Atelier vor. Eine Gruppe von Künstlern fand sich dazu regelmäßig auf der Südhöhe ein und wurde mit ihrer neuen Malweise als Goppelner Schule bezeichnet. 1894 gründeten sie den Verein bildender Künstler Dresden, auch Sezession genannt. Eine erste Ausstellung feierten sie noch im selben Jahr im Viktoriahaus am Eingang der Prager Straße.

Die Ideen der Künstler der Sezession stießen in Dresden schnell auf fruchtbaren Boden. Als erster Vertreter wurde Gotthardt Kuehl im April 1895 an die Königliche Akademie berufen. Bei der Großen Internationalen Kunstausstellung in Dresden 1897 bildeten die Impressionisten bereits die Mehrheit unter den einheimischen Vertretern.


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