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Birgit Branczeisz

DVB gärtnert zwischen den Gleisen

Dresden. Begrünte Schienennetze sind gut fürs Stadtklima und die gute Laune.
Danilo Böhme und das gelbe Johanniskraut - inzwischen kennt sich der DVB-Gleisbauchef mit Wildkräutern recht gut aus.

Danilo Böhme und das gelbe Johanniskraut - inzwischen kennt sich der DVB-Gleisbauchef mit Wildkräutern recht gut aus.

Bild: Jürgen Männel

Spitzwegerich, Pippau, Mäusegerste, Kamille, Trespe, Glatthafer, Natternkopf, Mauerpfeffer, Labkraut, Fingerkraut, Habichtskraut, Storchschnabel und Schafgarbe - die Liste liest sich wie aus einem Wildkräutergarten. Doch allesamt wachsen sie zwischen Dresdner Straßenbahngleisen. Denn die Verkehrsbetriebe begrünen ihr Schienennetz. Nicht erst seit alle auf "öko" schauern, sondern schon seit über 30 Jahren. "Genauso lange ist man in der Landeshauptstadt dabei, in kleinen Schritten das 300-Kilometer-Streckennetz zu begrünen", erläutert DVB-Gleisbauchef Danilo Böhme.

30 Kilometer also ein Zehntel des gesamten Streckennetzes sind geschafft, zuletzt das Gleisbett an der Hansastrasse. Begonnen hat alles in Prohlis - Grün gegen die Tristesse. Die längste begrünte Strecke führt jedoch vom Dresdner Rathaus bis hinaus nach Coschütz. Auch das nächste Projekt steht fest - es ist an der Haltestelle "Synagoge". Die Haltestelle in der Gleisschleife Leutewitz und an der Julius-Vahlteich-Straße sind bereits begrünt.

Die Strecken Campuslinie auf dem Zelleschen Weg und der Nürnberger Strasse sollen folgen, insgesamt 100.000 Quadratmeter, was einer Fläche von 11,3 Fusballfeldern entspricht, wobei mehr als fünf Streckenkilometer automatisch begrünt werden. Grünflächen befinden sich darüber hinaus im Rondell von acht Gleisschleifen des Dresdner Straßenbahnnetzes. Dann geht es eigentlich zu wie in jedem Garten: Im Frühjahr wird gedüngt und vier Mal im Jahr wird gemäht.

Obwohl, vom "englischen Rasen" haben sich die Verkehrsbetriebe ziemlich schnell verabschiedet - er ist in heißen Sommern nicht zu halten. Grün macht die Bahn auch leiser Also sind die Gleisbauer wie so mancher Gärtner auch auf die guten alten Wildkräuter zurückgekommen, die robuster und vielfältiger sind. Das ist nicht nur ansehnlicher als sommerliche Kahlflächen, es befördert auch ein besseres Stadtklima. Es summt und hummelt wieder, sorgt für besser Laune als Beton, vor allem heizt sich das Gleisbett nicht mehr so stark auf und die Pflanzen binden Feinstaub und die Luft wird immerhin etwas angefeuchtet. Nicht zu vergessen und genauso wichtig: Es wird tatsächlich leiser. So wurde bei Grüngleisen eine Reduktion der Schallentwicklung um mindestens 3 Dezibel gemessen und das nimmt der Mensch bereits deutlich wahr.

Diese wichtigen Funktionen für ein besseres Stadtklima wiegen die Mehrkosten für Neubau und Instandhaltung deutlich auf. Die Pflegekosten betrugen 2023 zuletzt 137.000 Euro. Wo es in den Anfangsjahren des Begrünens noch Anfragen von Bürger gab, warum es denn so "verwildert" aussehe, genießen die Dresdner heute das geschenkte Grün. Kein Wunder, dass seither alle unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit in Frage kommenden Streckenabschnitte auf eigenem und besonderem Bahnkörper mit einer begrünten Eindeckung versehen wurden. Irgendwie macht es das Verkehrsmittel schließlich noch sympathischer, wenn "Grün" nicht nur als Slogan in der Werbung auftaucht, sondern auch im gelebten Alltag.


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